Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Jch habe nur noch wenig Schritte,
Noch wenig Schritte biß ins Grab.
Jch weiß, ich lege meine Hütte
Nun bald, ja, bald und eilend ab.
Sie droht den Fall, er ist nicht weit.
Er komme nur: ich bin bereit.
Fragt nicht, wer die Versichrung giebet.
Er selbst, der HErr, eröffnets mir.
Der, der mich ie und ie geliebet,
Mein Heiland selbst steht vor der Thür.
Wie klopft er an! O Liebes-Schlag!
O Schlag, der mich erfreuen mag!
So ist mein Abschied denn nicht ferne.
Hier steht mein Freund: hier ist sein Wort.
Mein Goel winckt: ich folge gerne.
Mein Goel rufft: ich eile fort.
Kommt, Liebste, kommt, und höret zu.
Kommt, seht den Fleiß, den ich noch thu.
Laßt mein Vermahnen, meine Lehren,
Euch immer im Gedächtniß seyn.
Laßt euch den Jrrthum nicht verkehren.
Er gläntzt; doch mit geschminktem Schein.
Die Wahrheit siegt: gönnt ihr das Ohr.
Sie bleibt, und steigt zuletzt empor.
O seht! Nun muß die Hütte fallen.
Ein neuer Schlag zerschellet sie.
Der blasse Mund kan kaum noch lallen.
Hand, Auge, wie erstarrt sind die!
Was JEsus thut, ist wohl gethan.
Hier ist mein Seegen: nehmt ihn an.
Doch
Jch habe nur noch wenig Schritte,
Noch wenig Schritte biß ins Grab.
Jch weiß, ich lege meine Huͤtte
Nun bald, ja, bald und eilend ab.
Sie droht den Fall, er iſt nicht weit.
Er komme nur: ich bin bereit.
Fragt nicht, wer die Verſichrung giebet.
Er ſelbſt, der HErr, eroͤffnets mir.
Der, der mich ie und ie geliebet,
Mein Heiland ſelbſt ſteht vor der Thuͤr.
Wie klopft er an! O Liebes-Schlag!
O Schlag, der mich erfreuen mag!
So iſt mein Abſchied denn nicht ferne.
Hier ſteht mein Freund: hier iſt ſein Wort.
Mein Goel winckt: ich folge gerne.
Mein Goel rufft: ich eile fort.
Kommt, Liebſte, kommt, und hoͤret zu.
Kommt, ſeht den Fleiß, den ich noch thu.
Laßt mein Vermahnen, meine Lehren,
Euch immer im Gedaͤchtniß ſeyn.
Laßt euch den Jrrthum nicht verkehren.
Er glaͤntzt; doch mit geſchminktem Schein.
Die Wahrheit ſiegt: goͤnnt ihr das Ohr.
Sie bleibt, und ſteigt zuletzt empor.
O ſeht! Nun muß die Huͤtte fallen.
Ein neuer Schlag zerſchellet ſie.
Der blaſſe Mund kan kaum noch lallen.
Hand, Auge, wie erſtarrt ſind die!
Was JEſus thut, iſt wohl gethan.
Hier iſt mein Seegen: nehmt ihn an.
Doch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsEpicedia" n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0079" n="78"/>
            <l>Jch habe nur noch wenig Schritte,</l><lb/>
            <l>Noch wenig Schritte biß ins Grab.</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">Jch weiß, ich lege meine Hu&#x0364;tte</hi> </l><lb/>
            <l>Nun bald, ja, bald und eilend ab.</l><lb/>
            <l>Sie droht den Fall, er i&#x017F;t nicht weit.</l><lb/>
            <l>Er komme nur: ich bin bereit.</l><lb/>
            <l>Fragt nicht, wer die Ver&#x017F;ichrung giebet.</l><lb/>
            <l>Er &#x017F;elb&#x017F;t, der <hi rendition="#fr">HErr, ero&#x0364;ffnets mir.</hi></l><lb/>
            <l>Der, der mich ie und ie geliebet,</l><lb/>
            <l>Mein Heiland &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;teht vor der Thu&#x0364;r.</l><lb/>
            <l>Wie klopft er an! O Liebes-Schlag!</l><lb/>
            <l>O Schlag, der mich erfreuen mag!</l><lb/>
            <l>So i&#x017F;t mein Ab&#x017F;chied denn nicht ferne.</l><lb/>
            <l>Hier &#x017F;teht mein Freund: hier i&#x017F;t &#x017F;ein Wort.</l><lb/>
            <l>Mein Goel winckt: ich folge gerne.</l><lb/>
            <l>Mein Goel rufft: ich eile fort.</l><lb/>
            <l>Kommt, Lieb&#x017F;te, kommt, und ho&#x0364;ret zu.</l><lb/>
            <l>Kommt, &#x017F;eht den <hi rendition="#fr">Fleiß,</hi> den ich noch <hi rendition="#fr">thu.</hi></l><lb/>
            <l>Laßt mein Vermahnen, meine Lehren,</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">Euch immer im Geda&#x0364;chtniß &#x017F;eyn.</hi> </l><lb/>
            <l>Laßt euch den Jrrthum nicht verkehren.</l><lb/>
            <l>Er gla&#x0364;ntzt; doch mit ge&#x017F;chminktem Schein.</l><lb/>
            <l>Die Wahrheit &#x017F;iegt: go&#x0364;nnt ihr das Ohr.</l><lb/>
            <l>Sie bleibt, und &#x017F;teigt zuletzt empor.</l><lb/>
            <l>O &#x017F;eht! Nun muß die Hu&#x0364;tte fallen.</l><lb/>
            <l>Ein neuer Schlag zer&#x017F;chellet &#x017F;ie.</l><lb/>
            <l>Der bla&#x017F;&#x017F;e Mund kan kaum noch lallen.</l><lb/>
            <l>Hand, Auge, wie er&#x017F;tarrt &#x017F;ind die!</l><lb/>
            <l>Was <persName>JE&#x017F;us</persName> thut, i&#x017F;t wohl gethan.</l><lb/>
            <l>Hier i&#x017F;t mein Seegen: nehmt ihn an.</l><lb/>
            <fw type="catch" place="bottom">Doch</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0079] Jch habe nur noch wenig Schritte, Noch wenig Schritte biß ins Grab. Jch weiß, ich lege meine Huͤtte Nun bald, ja, bald und eilend ab. Sie droht den Fall, er iſt nicht weit. Er komme nur: ich bin bereit. Fragt nicht, wer die Verſichrung giebet. Er ſelbſt, der HErr, eroͤffnets mir. Der, der mich ie und ie geliebet, Mein Heiland ſelbſt ſteht vor der Thuͤr. Wie klopft er an! O Liebes-Schlag! O Schlag, der mich erfreuen mag! So iſt mein Abſchied denn nicht ferne. Hier ſteht mein Freund: hier iſt ſein Wort. Mein Goel winckt: ich folge gerne. Mein Goel rufft: ich eile fort. Kommt, Liebſte, kommt, und hoͤret zu. Kommt, ſeht den Fleiß, den ich noch thu. Laßt mein Vermahnen, meine Lehren, Euch immer im Gedaͤchtniß ſeyn. Laßt euch den Jrrthum nicht verkehren. Er glaͤntzt; doch mit geſchminktem Schein. Die Wahrheit ſiegt: goͤnnt ihr das Ohr. Sie bleibt, und ſteigt zuletzt empor. O ſeht! Nun muß die Huͤtte fallen. Ein neuer Schlag zerſchellet ſie. Der blaſſe Mund kan kaum noch lallen. Hand, Auge, wie erſtarrt ſind die! Was JEſus thut, iſt wohl gethan. Hier iſt mein Seegen: nehmt ihn an. Doch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/508578
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/508578/79
Zitationshilfe: Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508578/79>, abgerufen am 25.04.2024.