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Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740.

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Petrus wuste, wer noch so klug wäre, könne zu der und
der Thorheit veranlasset werden. Solches wuste Petrus aus
der Erfahrung. Er durfte sich nur besinnen auf den Pal-
last des Caiphä, und was ihm in dem Pallaste begegnete.

Was wuste er nach dem Texte? Er wuste, der Tod
wäre ihm nahe; Er wuste, daß er bald ablegen würde die
Hütte, nehmlich die Hütte des Leibes. Der Leib fällt und
zerfället, wäre er auch fester, als der Thurm zu Siloah.
Der Leib ist künstlich gebauet; gehet aber die Uhr stets or-
dentlich? Geblüte, Säfte, die Räder heben an zu stocken,
biß es ins gantze reißt.

Man trägt nette Kleider; es währet nicht lange, so
wird man getragen, wohin? auf den GOttes-Acker. Man
richtet den Nächsten; es währet nicht lange, so wird man ge-
richtet, von wem? Von GOtt. Man erhöhet sich; es wäh-
ret nicht lange, so wird man erniedriget, biß in den Staub.

Was Petrum betrifft, dessen Leib wurde auf gewalt-
same Art zerstöret. Der Märtyrer-Tod war es, mit dem
er GOtt preisen solte. Daß es so beschlossen wäre im Rathe
der Wächter, war ihm bekannt. Petrus bedencket das.
Mit Bedachte lehret er. Es ist, ob spräche Petrus: Man
wird mich bald bringen in den Schooß der Verwesung. Jch
lehre, das ist, ich weide GOttes Heerde. Es ist an dem,
daß ich den Hirten-Stab niederlegen soll; desto arbeitsamer
bin ich, daß ich denen, welche sich Christus erkauffet hat,
noch zum Nutzen werde.

So lehren auch billig Lehrer in den Schulen bedacht-
sam.
Sie dencken: Jch lehre: wie, wenn es das letzte mal
wäre? desto eyfriger will ich lehren, daß noch was ersprüßli-
ches durch mich gewürcket werde.

Der

Petrus wuſte, wer noch ſo klug waͤre, koͤnne zu der und
der Thorheit veranlaſſet werden. Solches wuſte Petrus aus
der Erfahrung. Er durfte ſich nur beſinnen auf den Pal-
laſt des Caiphaͤ, und was ihm in dem Pallaſte begegnete.

Was wuſte er nach dem Texte? Er wuſte, der Tod
waͤre ihm nahe; Er wuſte, daß er bald ablegen wuͤrde die
Huͤtte, nehmlich die Huͤtte des Leibes. Der Leib faͤllt und
zerfaͤllet, waͤre er auch feſter, als der Thurm zu Siloah.
Der Leib iſt kuͤnſtlich gebauet; gehet aber die Uhr ſtets or-
dentlich? Gebluͤte, Saͤfte, die Raͤder heben an zu ſtocken,
biß es ins gantze reißt.

Man traͤgt nette Kleider; es waͤhret nicht lange, ſo
wird man getragen, wohin? auf den GOttes-Acker. Man
richtet den Naͤchſten; es waͤhret nicht lange, ſo wird man ge-
richtet, von wem? Von GOtt. Man erhoͤhet ſich; es waͤh-
ret nicht lange, ſo wird man erniedriget, biß in den Staub.

Was Petrum betrifft, deſſen Leib wurde auf gewalt-
ſame Art zerſtoͤret. Der Maͤrtyrer-Tod war es, mit dem
er GOtt preiſen ſolte. Daß es ſo beſchloſſen waͤre im Rathe
der Waͤchter, war ihm bekannt. Petrus bedencket das.
Mit Bedachte lehret er. Es iſt, ob ſpraͤche Petrus: Man
wird mich bald bringen in den Schooß der Verweſung. Jch
lehre, das iſt, ich weide GOttes Heerde. Es iſt an dem,
daß ich den Hirten-Stab niederlegen ſoll; deſto arbeitſamer
bin ich, daß ich denen, welche ſich Chriſtus erkauffet hat,
noch zum Nutzen werde.

So lehren auch billig Lehrer in den Schulen bedacht-
ſam.
Sie dencken: Jch lehre: wie, wenn es das letzte mal
waͤre? deſto eyfriger will ich lehren, daß noch was erſpruͤßli-
ches durch mich gewuͤrcket werde.

Der
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[8/0009] Petrus wuſte, wer noch ſo klug waͤre, koͤnne zu der und der Thorheit veranlaſſet werden. Solches wuſte Petrus aus der Erfahrung. Er durfte ſich nur beſinnen auf den Pal- laſt des Caiphaͤ, und was ihm in dem Pallaſte begegnete. Was wuſte er nach dem Texte? Er wuſte, der Tod waͤre ihm nahe; Er wuſte, daß er bald ablegen wuͤrde die Huͤtte, nehmlich die Huͤtte des Leibes. Der Leib faͤllt und zerfaͤllet, waͤre er auch feſter, als der Thurm zu Siloah. Der Leib iſt kuͤnſtlich gebauet; gehet aber die Uhr ſtets or- dentlich? Gebluͤte, Saͤfte, die Raͤder heben an zu ſtocken, biß es ins gantze reißt. Man traͤgt nette Kleider; es waͤhret nicht lange, ſo wird man getragen, wohin? auf den GOttes-Acker. Man richtet den Naͤchſten; es waͤhret nicht lange, ſo wird man ge- richtet, von wem? Von GOtt. Man erhoͤhet ſich; es waͤh- ret nicht lange, ſo wird man erniedriget, biß in den Staub. Was Petrum betrifft, deſſen Leib wurde auf gewalt- ſame Art zerſtoͤret. Der Maͤrtyrer-Tod war es, mit dem er GOtt preiſen ſolte. Daß es ſo beſchloſſen waͤre im Rathe der Waͤchter, war ihm bekannt. Petrus bedencket das. Mit Bedachte lehret er. Es iſt, ob ſpraͤche Petrus: Man wird mich bald bringen in den Schooß der Verweſung. Jch lehre, das iſt, ich weide GOttes Heerde. Es iſt an dem, daß ich den Hirten-Stab niederlegen ſoll; deſto arbeitſamer bin ich, daß ich denen, welche ſich Chriſtus erkauffet hat, noch zum Nutzen werde. So lehren auch billig Lehrer in den Schulen bedacht- ſam. Sie dencken: Jch lehre: wie, wenn es das letzte mal waͤre? deſto eyfriger will ich lehren, daß noch was erſpruͤßli- ches durch mich gewuͤrcket werde. Der

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Zitationshilfe: Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508578/9>, abgerufen am 28.03.2024.