Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vietor, Johannes: Quousque Davidicum. Darmstadt, 1617.

Bild:
<< vorherige Seite
Vber den 13. Psalmen Davids.

II. Das ander Anliegen darüber er hie klaget/ war vana animae
suae consultatio,
daß er bey solchem so trawrigem Zustand leibli-
cher vnd Geistlicher Anstöß herüber vnnd hinüber bey sich selbst dis-
currirt vnd rahtschläget/ vnd doch keinen Außschlag sehen oder fin-
den kan/ der jhm wer vorträglich gewesen. Das gab nun billich wi-
der ein klägliches Suspirium vnd Seufftzerlein. Wie lang sol ich
sorgen in meiner Seel/ vnnd mich ängsten in meinem
Hertzen täglich?
Er wil sagen. Wann ich schon all mein Witz
Sinn vnd Vernunfft zusammen nehm/ vnd in dem kleinen Raht-
stüblein meines Hertzens alles ponderire vnd nach Menschlicher
Weißheit vff daß schärpffest außecke/ ist es doch alles vergebens/ je
mehr ich mir selbst wil rahten/ je mehr Schmertzen mach vnd gebier
ich mir selbsten in meinem Hertzen. Das heist eygentlich wie es in
der lateinischen Bibel gar schön geben ist/ Consilia ponere in ani-
ma sua.
Gibt fürwar kein geringe perturbation vnd Schwermut/
wann Leut von Gott mit Verstand vnnd Sinnreicheit begabt
seyn/ vnd doch bey einem vnnd dem andern schweren fürfallenden
Vngemach nicht sehen oder finden können/ wie sie möchten herauß
kommen/ sonder sich je lenger je mehr verwirren vnnd wol etwa den
Wagen gar in den Kot führen.

III. Das dritte Anliegen war Odiosa inimici insultatio, daß
sein Feind noch darzu seines Vnglücks sich frewete/ vnd deßwegen
vber vnd wider jn erhube? Wie lang/ sagter/ sol sich doch mein
Feind vber mich erheben?
Durch den Feind versteht er/ wie
es Augustinus vber diesen Psalmen erkläret/ den leydigen Teuffel/
Gottes vnd aller rechtschaffenen Kinder Gottes abgesagten Feind.
Dann der ist der rechte Schadenfro/ der gern Wasser zuschüttet/
wo es vorhin nasß ist/ vnnd sich sonderlich mit vntermengt/ wenn
die Frommen in Creutz vnd Trübsal stecken/ mit seinen feuwrigen
Pfeilen auff sie zuscheust/ ob er sie etwa in Vngedult/ mißtrauwen
vnd verzweiffelung bringen mög. Vnd solche Pfeil empfünd jetzun-

der
B
Vber den 13. Pſalmen Davids.

II. Das ander Anliegen daruͤber er hie klaget/ war vana animæ
ſuæ conſultatio,
daß er bey ſolchem ſo trawrigem Zuſtand leibli-
cher vnd Geiſtlicher Anſtoͤß heruͤber vnnd hinuͤber bey ſich ſelbſt diſ-
currirt vnd rahtſchlaͤget/ vnd doch keinen Außſchlag ſehen oder fin-
den kan/ der jhm wer vortraͤglich geweſen. Das gab nun billich wi-
der ein klaͤgliches Suſpirium vnd Seufftzerlein. Wie lang ſol ich
ſorgen in meiner Seel/ vnnd mich aͤngſten in meinem
Hertzen taͤglich?
Er wil ſagen. Wann ich ſchon all mein Witz
Sinn vnd Vernunfft zuſammen nehm/ vnd in dem kleinen Raht-
ſtuͤblein meines Hertzens alles ponderire vnd nach Menſchlicher
Weißheit vff daß ſchaͤrpffeſt außecke/ iſt es doch alles vergebens/ je
mehr ich mir ſelbſt wil rahten/ je mehr Schmertzen mach vnd gebier
ich mir ſelbſten in meinem Hertzen. Das heiſt eygentlich wie es in
der lateiniſchen Bibel gar ſchoͤn geben iſt/ Conſilia ponere in ani-
ma ſua.
Gibt fuͤrwar kein geringe perturbation vnd Schwermut/
wann Leut von Gott mit Verſtand vnnd Sinnreicheit begabt
ſeyn/ vnd doch bey einem vnnd dem andern ſchweren fuͤrfallenden
Vngemach nicht ſehen oder finden koͤnnen/ wie ſie moͤchten herauß
kommen/ ſonder ſich je lenger je mehr verwirꝛen vnnd wol etwa den
Wagen gar in den Kot fuͤhren.

III. Das dritte Anliegen war Odioſa inimici inſultatio, daß
ſein Feind noch darzu ſeines Vngluͤcks ſich frewete/ vnd deßwegen
vber vnd wider jn erhube? Wie lang/ ſagter/ ſol ſich doch mein
Feind vber mich erheben?
Durch den Feind verſteht er/ wie
es Auguſtinus vber dieſen Pſalmen erklaͤret/ den leydigen Teuffel/
Gottes vnd aller rechtſchaffenen Kinder Gottes abgeſagten Feind.
Dann der iſt der rechte Schadenfro/ der gern Waſſer zuſchuͤttet/
wo es vorhin naſſz iſt/ vnnd ſich ſonderlich mit vntermengt/ wenn
die Frommen in Creutz vnd Truͤbſal ſtecken/ mit ſeinen feuwrigen
Pfeilen auff ſie zuſcheuſt/ ob er ſie etwa in Vngedult/ mißtrauwen
vnd verzweiffelung bringen moͤg. Vñ ſolche Pfeil empfuͤnd jetzun-

der
B
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsMainPart" n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0009" n="9"/>
            <fw type="header" place="top"> <hi rendition="#b">Vber den 13. P&#x017F;almen Davids.</hi> </fw><lb/>
            <div n="4">
              <head/>
              <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">II.</hi></hi> Das ander Anliegen daru&#x0364;ber er hie klaget/ war <hi rendition="#aq">vana animæ<lb/>
&#x017F;uæ con&#x017F;ultatio,</hi> daß er bey &#x017F;olchem &#x017F;o trawrigem Zu&#x017F;tand leibli-<lb/>
cher vnd Gei&#x017F;tlicher An&#x017F;to&#x0364;ß heru&#x0364;ber vnnd hinu&#x0364;ber bey &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t di&#x017F;-<lb/>
currirt vnd raht&#x017F;chla&#x0364;get/ vnd doch keinen Auß&#x017F;chlag &#x017F;ehen oder fin-<lb/>
den kan/ der jhm wer vortra&#x0364;glich gewe&#x017F;en. Das gab nun billich wi-<lb/>
der ein kla&#x0364;gliches <hi rendition="#aq">Su&#x017F;pirium</hi> vnd Seufftzerlein. <hi rendition="#fr">Wie lang &#x017F;ol ich<lb/>
&#x017F;orgen in meiner Seel/ vnnd mich a&#x0364;ng&#x017F;ten in meinem<lb/>
Hertzen ta&#x0364;glich?</hi> Er wil &#x017F;agen. Wann ich &#x017F;chon all mein Witz<lb/>
Sinn vnd Vernunfft zu&#x017F;ammen nehm/ vnd in dem kleinen Raht-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;blein meines Hertzens alles <hi rendition="#aq">ponderire</hi> vnd nach Men&#x017F;chlicher<lb/>
Weißheit vff daß &#x017F;cha&#x0364;rpffe&#x017F;t außecke/ i&#x017F;t es doch alles vergebens/ je<lb/>
mehr ich mir &#x017F;elb&#x017F;t wil rahten/ je mehr Schmertzen mach vnd gebier<lb/>
ich mir &#x017F;elb&#x017F;ten in meinem Hertzen. Das hei&#x017F;t eygentlich wie es in<lb/>
der lateini&#x017F;chen Bibel gar &#x017F;cho&#x0364;n geben i&#x017F;t/ <hi rendition="#aq">Con&#x017F;ilia ponere in ani-<lb/>
ma &#x017F;ua.</hi> Gibt fu&#x0364;rwar kein geringe <hi rendition="#aq">perturbation</hi> vnd Schwermut/<lb/>
wann Leut von <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Gott</hi></hi> mit Ver&#x017F;tand vnnd Sinnreicheit begabt<lb/>
&#x017F;eyn/ vnd doch bey einem vnnd dem andern &#x017F;chweren fu&#x0364;rfallenden<lb/>
Vngemach nicht &#x017F;ehen oder finden ko&#x0364;nnen/ wie &#x017F;ie mo&#x0364;chten herauß<lb/>
kommen/ &#x017F;onder &#x017F;ich je lenger je mehr verwir&#xA75B;en vnnd wol etwa den<lb/>
Wagen gar in den Kot fu&#x0364;hren.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head/>
              <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">III.</hi></hi> Das dritte Anliegen war <hi rendition="#aq">Odio&#x017F;a inimici in&#x017F;ultatio,</hi> daß<lb/>
&#x017F;ein Feind noch darzu &#x017F;eines Vnglu&#x0364;cks &#x017F;ich frewete/ vnd deßwegen<lb/>
vber vnd wider jn erhube? <hi rendition="#fr">Wie lang/</hi> &#x017F;agter/ <hi rendition="#fr">&#x017F;ol &#x017F;ich doch mein<lb/>
Feind vber mich erheben?</hi> Durch den Feind ver&#x017F;teht er/ wie<lb/>
es Augu&#x017F;tinus vber die&#x017F;en P&#x017F;almen erkla&#x0364;ret/ den leydigen Teuffel/<lb/>
Gottes vnd aller recht&#x017F;chaffenen Kinder Gottes abge&#x017F;agten Feind.<lb/>
Dann der i&#x017F;t der rechte Schadenfro/ der gern Wa&#x017F;&#x017F;er zu&#x017F;chu&#x0364;ttet/<lb/>
wo es vorhin na&#x017F;&#x017F;z i&#x017F;t/ vnnd &#x017F;ich &#x017F;onderlich mit vntermengt/ wenn<lb/>
die Frommen in Creutz vnd Tru&#x0364;b&#x017F;al &#x017F;tecken/ mit &#x017F;einen feuwrigen<lb/>
Pfeilen auff &#x017F;ie zu&#x017F;cheu&#x017F;t/ ob er &#x017F;ie etwa in Vngedult/ mißtrauwen<lb/>
vnd verzweiffelung bringen mo&#x0364;g. Vn&#x0303; &#x017F;olche Pfeil empfu&#x0364;nd jetzun-<lb/>
<fw type="sig" place="bottom">B</fw><fw type="catch" place="bottom">der</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0009] Vber den 13. Pſalmen Davids. II. Das ander Anliegen daruͤber er hie klaget/ war vana animæ ſuæ conſultatio, daß er bey ſolchem ſo trawrigem Zuſtand leibli- cher vnd Geiſtlicher Anſtoͤß heruͤber vnnd hinuͤber bey ſich ſelbſt diſ- currirt vnd rahtſchlaͤget/ vnd doch keinen Außſchlag ſehen oder fin- den kan/ der jhm wer vortraͤglich geweſen. Das gab nun billich wi- der ein klaͤgliches Suſpirium vnd Seufftzerlein. Wie lang ſol ich ſorgen in meiner Seel/ vnnd mich aͤngſten in meinem Hertzen taͤglich? Er wil ſagen. Wann ich ſchon all mein Witz Sinn vnd Vernunfft zuſammen nehm/ vnd in dem kleinen Raht- ſtuͤblein meines Hertzens alles ponderire vnd nach Menſchlicher Weißheit vff daß ſchaͤrpffeſt außecke/ iſt es doch alles vergebens/ je mehr ich mir ſelbſt wil rahten/ je mehr Schmertzen mach vnd gebier ich mir ſelbſten in meinem Hertzen. Das heiſt eygentlich wie es in der lateiniſchen Bibel gar ſchoͤn geben iſt/ Conſilia ponere in ani- ma ſua. Gibt fuͤrwar kein geringe perturbation vnd Schwermut/ wann Leut von Gott mit Verſtand vnnd Sinnreicheit begabt ſeyn/ vnd doch bey einem vnnd dem andern ſchweren fuͤrfallenden Vngemach nicht ſehen oder finden koͤnnen/ wie ſie moͤchten herauß kommen/ ſonder ſich je lenger je mehr verwirꝛen vnnd wol etwa den Wagen gar in den Kot fuͤhren. III. Das dritte Anliegen war Odioſa inimici inſultatio, daß ſein Feind noch darzu ſeines Vngluͤcks ſich frewete/ vnd deßwegen vber vnd wider jn erhube? Wie lang/ ſagter/ ſol ſich doch mein Feind vber mich erheben? Durch den Feind verſteht er/ wie es Auguſtinus vber dieſen Pſalmen erklaͤret/ den leydigen Teuffel/ Gottes vnd aller rechtſchaffenen Kinder Gottes abgeſagten Feind. Dann der iſt der rechte Schadenfro/ der gern Waſſer zuſchuͤttet/ wo es vorhin naſſz iſt/ vnnd ſich ſonderlich mit vntermengt/ wenn die Frommen in Creutz vnd Truͤbſal ſtecken/ mit ſeinen feuwrigen Pfeilen auff ſie zuſcheuſt/ ob er ſie etwa in Vngedult/ mißtrauwen vnd verzweiffelung bringen moͤg. Vñ ſolche Pfeil empfuͤnd jetzun- der B

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/523530
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/523530/9
Zitationshilfe: Vietor, Johannes: Quousque Davidicum. Darmstadt, 1617, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/523530/9>, abgerufen am 28.03.2024.