Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kutschreiter, Johannes: Conterfey oder Abbildung Menschlichen Lebens in dem helleuchtenden Spiegel Göttlichen Wortes aus dem 90. Psalm v. 10. Liegnitz, [1662].

Bild:
<< vorherige Seite

dem Munde: Je was für Kummer/ liebes
Kind/ solte Jch haben? Du meinest vielleicht
Kummer meiner Seeligkeit halben/ so wisse/ ich
Versire itzo nicht in theoria sondern in ipsa pra-
xi,
dieß darzuthun/ waß ich andere gelebret
habe/ und brach in die Worte Pauli heraus/
die Er an die Galater schreibet: Jch lebe/ doch
nicht Jch/ sondern Christus lebet in mir/ waß
ich itzt im Fleische lebe/ das lebe ich im Glauben
des Sohnes GOttes/ der mich geliebet hat/
und sich selbst für mich dahin gegeben.

Diese Worte sagte Er/ habe ich mir vor-
mahls zu meinem Leich-Themate erwehlet/
umb des herrlich darin verfassten Glaubens
Grundes willen/ aber weil ohne das davon
mein gantzes Auditorium hier und dort zeugen
wird/ wiel ich meine Lebens-Zeit mit Mosis
Jahrrechnung kürtzlich überlegen/ und spreche:
Unser Leben weret 70. Jahr und wenns hoch-
kömmt so sinds 80. Jahr/ und wenns köstlich
gewesen ist/ so ists Müh und Arbeit gewesen/
dies sol mein LeichSprüchlein seyn/ und weil
der Stöckfluß sich mehrete/ vermehrte Er auch
seine Andacht zu GOTT durch theils von sich
selbst/ theils auch durch seinen Herren Sohn
wiederholte tröstliche Schriffts Sprüche und
andere sterbens Seufftzerlein/ und wie Er
sonst sich täglich eingeschläffet mit den bekanten
Worten:

O HErr

dem Munde: Je was fuͤr Kummer/ liebes
Kind/ ſolte Jch haben? Du meineſt vielleicht
Kummer meiner Seeligkeit halben/ ſo wiſſe/ ich
Verſire itzo nicht in theoria ſondern in ipſa pra-
xi,
dieß darzuthun/ waß ich andere gelebret
habe/ und brach in die Worte Pauli heraus/
die Er an die Galater ſchreibet: Jch lebe/ doch
nicht Jch/ ſondern Chriſtus lebet in mir/ waß
ich itzt im Fleiſche lebe/ das lebe ich im Glauben
des Sohnes GOttes/ der mich geliebet hat/
und ſich ſelbſt fuͤr mich dahin gegeben.

Dieſe Worte ſagte Er/ habe ich mir vor-
mahls zu meinem Leich-Themate erwehlet/
umb des herrlich darin verfaſſten Glaubens
Grundes willen/ aber weil ohne das davon
mein gantzes Auditorium hier und dort zeugen
wird/ wiel ich meine Lebens-Zeit mit Moſis
Jahrrechnung kuͤrtzlich uͤberlegen/ und ſpreche:
Unſer Leben weret 70. Jahr und wenns hoch-
koͤmmt ſo ſinds 80. Jahr/ und wenns koͤſtlich
geweſen iſt/ ſo iſts Muͤh und Arbeit geweſen/
dies ſol mein LeichSpruͤchlein ſeyn/ und weil
der Stoͤckfluß ſich mehrete/ vermehrte Er auch
ſeine Andacht zu GOTT durch theils von ſich
ſelbſt/ theils auch durch ſeinen Herren Sohn
wiederholte troͤſtliche Schriffts Spruͤche und
andere ſterbens Seufftzerlein/ und wie Er
ſonſt ſich taͤglich eingeſchlaͤffet mit den bekanten
Worten:

O HErr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsPersonalia" n="2">
          <p><pb facs="#f0054" n="[54]"/>
dem Munde: Je was fu&#x0364;r Kummer/ liebes<lb/>
Kind/ &#x017F;olte Jch haben? Du meine&#x017F;t vielleicht<lb/>
Kummer meiner Seeligkeit halben/ &#x017F;o wi&#x017F;&#x017F;e/ ich<lb/><hi rendition="#aq">Ver&#x017F;ire</hi> itzo nicht in <hi rendition="#aq">theoria</hi> &#x017F;ondern in <hi rendition="#aq">ip&#x017F;a pra-<lb/>
xi,</hi> dieß darzuthun/ waß ich andere gelebret<lb/>
habe/ und brach in die Worte <hi rendition="#aq">Pauli</hi> heraus/<lb/>
die Er an die <hi rendition="#aq">Galater</hi> &#x017F;chreibet: Jch lebe/ doch<lb/>
nicht Jch/ &#x017F;ondern Chri&#x017F;tus lebet in mir/ waß<lb/>
ich itzt im Flei&#x017F;che lebe/ das lebe ich im Glauben<lb/>
des Sohnes GOttes/ der mich geliebet hat/<lb/>
und &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;r mich dahin gegeben.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Worte &#x017F;agte Er/ habe ich mir vor-<lb/>
mahls zu meinem Leich-<hi rendition="#aq">Themate</hi> erwehlet/<lb/>
umb des herrlich darin verfa&#x017F;&#x017F;ten Glaubens<lb/>
Grundes willen/ aber weil ohne das davon<lb/>
mein gantzes <hi rendition="#aq">Auditorium</hi> hier und dort zeugen<lb/>
wird/ wiel ich meine Lebens-Zeit mit <hi rendition="#aq">Mo&#x017F;is</hi><lb/>
Jahrrechnung ku&#x0364;rtzlich u&#x0364;berlegen/ und &#x017F;preche:<lb/>
Un&#x017F;er Leben weret 70. Jahr und wenns hoch-<lb/>
ko&#x0364;mmt &#x017F;o &#x017F;inds 80. Jahr/ und wenns ko&#x0364;&#x017F;tlich<lb/>
gewe&#x017F;en i&#x017F;t/ &#x017F;o i&#x017F;ts Mu&#x0364;h und Arbeit gewe&#x017F;en/<lb/>
dies &#x017F;ol mein LeichSpru&#x0364;chlein &#x017F;eyn/ und weil<lb/>
der Sto&#x0364;ckfluß &#x017F;ich mehrete/ vermehrte Er auch<lb/>
&#x017F;eine Andacht zu GOTT durch theils von &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t/ theils auch durch &#x017F;einen Herren Sohn<lb/>
wiederholte tro&#x0364;&#x017F;tliche Schriffts Spru&#x0364;che und<lb/>
andere &#x017F;terbens Seufftzerlein/ und wie Er<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t &#x017F;ich ta&#x0364;glich einge&#x017F;chla&#x0364;ffet mit den bekanten<lb/>
Worten:</p><lb/>
          <fw type="catch" place="bottom">O HErr</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[54]/0054] dem Munde: Je was fuͤr Kummer/ liebes Kind/ ſolte Jch haben? Du meineſt vielleicht Kummer meiner Seeligkeit halben/ ſo wiſſe/ ich Verſire itzo nicht in theoria ſondern in ipſa pra- xi, dieß darzuthun/ waß ich andere gelebret habe/ und brach in die Worte Pauli heraus/ die Er an die Galater ſchreibet: Jch lebe/ doch nicht Jch/ ſondern Chriſtus lebet in mir/ waß ich itzt im Fleiſche lebe/ das lebe ich im Glauben des Sohnes GOttes/ der mich geliebet hat/ und ſich ſelbſt fuͤr mich dahin gegeben. Dieſe Worte ſagte Er/ habe ich mir vor- mahls zu meinem Leich-Themate erwehlet/ umb des herrlich darin verfaſſten Glaubens Grundes willen/ aber weil ohne das davon mein gantzes Auditorium hier und dort zeugen wird/ wiel ich meine Lebens-Zeit mit Moſis Jahrrechnung kuͤrtzlich uͤberlegen/ und ſpreche: Unſer Leben weret 70. Jahr und wenns hoch- koͤmmt ſo ſinds 80. Jahr/ und wenns koͤſtlich geweſen iſt/ ſo iſts Muͤh und Arbeit geweſen/ dies ſol mein LeichSpruͤchlein ſeyn/ und weil der Stoͤckfluß ſich mehrete/ vermehrte Er auch ſeine Andacht zu GOTT durch theils von ſich ſelbſt/ theils auch durch ſeinen Herren Sohn wiederholte troͤſtliche Schriffts Spruͤche und andere ſterbens Seufftzerlein/ und wie Er ſonſt ſich taͤglich eingeſchlaͤffet mit den bekanten Worten: O HErr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/539564
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/539564/54
Zitationshilfe: Kutschreiter, Johannes: Conterfey oder Abbildung Menschlichen Lebens in dem helleuchtenden Spiegel Göttlichen Wortes aus dem 90. Psalm v. 10. Liegnitz, [1662], S. [54]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/539564/54>, abgerufen am 19.04.2024.