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Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733].

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Vermögen, welches er darreichen wird. Laßt uns in Demuth und in
der Stille beten das heilige Vater Unser.

Der Text im 2. Cap. der Geheimniß-vollen Offenbah-
rung und dessen 10. v. lautet also:

Sey getreu biß an den Tod, so will ich dir die
Crone des Lebens geben.

JCh bin ein guter Hirte. So hieß es in dem verwichenen
Evangelio aus dem 10. Cap. Johannis. Geliebte und zum
Theil schmertzlich Betrübte! Jch bin ein guter Hirte.

Was gut ist, dem jagt man billig nach. Was gut ist, ist
der Brunn, aus dem man schöpft, was zum Nutzen gedei-
het. Lernt man in den Schulen den Heuchler und Schmeichler, was
gut oder nicht gut ist? Wer in den Orden gehöret, dem ist alles gut,
was sich nur wie eine Kuh melcken läßt. Von der Person muß man
nicht urtheilen nach dem Gewinne, den man von ihr zu genüssen hat,
von der Person muß man urtheilen nach ihrem innern Werthe. Jenes
ist, als wenn ich den Haasen lobe wegen der niedlichen Bissen, die
man von ihm schneiden kan. Was gutes ist Schönheit. Schönheit
veranlasset mich zur Hochachtung GOttes. Jst irgendswo eine Ader
von gesundem Wasser, über der Ader geht man hin, biß man zur
Qvelle kömmt. Treffe ich was schönes an, das verkläret in mir den
Schöpffer, wenn ich erwege, wie schöne, nota bene, wie schöne dein
das, was er gebauet hat, gerathen ist.

Gelehrt, was gutes; feine mores und Sitten nicht weniger was
gutes. Wohnen herrliche Wissenschafften in dir, bricht aber Gröbe-
rey aus in dir, es ist als hättest du nette Waare in garstigen Körben.

Doch daß ich nicht zu sehr ausschweiffe. Der, den ich zur Ab-
sicht habe, ist so gut, daß er das höchste Gutt verdienet genennet zu
werden. Christus, Christus sagt: Jch bin ein guter Hirte.

Regenten sind auch Hirten. Gute Hirten, so sie es mit den Un-

terthanen

Vermoͤgen, welches er darreichen wird. Laßt uns in Demuth und in
der Stille beten das heilige Vater Unſer.

Der Text im 2. Cap. der Geheimniß-vollen Offenbah-
rung und deſſen 10. v. lautet alſo:

Sey getreu biß an den Tod, ſo will ich dir die
Crone des Lebens geben.

JCh bin ein guter Hirte. So hieß es in dem verwichenen
Evangelio aus dem 10. Cap. Johannis. Geliebte und zum
Theil ſchmertzlich Betruͤbte! Jch bin ein guter Hirte.

Was gut iſt, dem jagt man billig nach. Was gut iſt, iſt
der Brunn, aus dem man ſchoͤpft, was zum Nutzen gedei-
het. Lernt man in den Schulen den Heuchler und Schmeichler, was
gut oder nicht gut iſt? Wer in den Orden gehoͤret, dem iſt alles gut,
was ſich nur wie eine Kuh melcken laͤßt. Von der Perſon muß man
nicht urtheilen nach dem Gewinne, den man von ihr zu genuͤſſen hat,
von der Perſon muß man urtheilen nach ihrem innern Werthe. Jenes
iſt, als wenn ich den Haaſen lobe wegen der niedlichen Biſſen, die
man von ihm ſchneiden kan. Was gutes iſt Schoͤnheit. Schoͤnheit
veranlaſſet mich zur Hochachtung GOttes. Jſt irgendswo eine Ader
von geſundem Waſſer, uͤber der Ader geht man hin, biß man zur
Qvelle koͤmmt. Treffe ich was ſchoͤnes an, das verklaͤret in mir den
Schoͤpffer, wenn ich erwege, wie ſchoͤne, nota bene, wie ſchoͤne dein
das, was er gebauet hat, gerathen iſt.

Gelehrt, was gutes; feine mores und Sitten nicht weniger was
gutes. Wohnen herrliche Wiſſenſchafften in dir, bricht aber Groͤbe-
rey aus in dir, es iſt als haͤtteſt du nette Waare in garſtigen Koͤrben.

Doch daß ich nicht zu ſehr ausſchweiffe. Der, den ich zur Ab-
ſicht habe, iſt ſo gut, daß er das hoͤchſte Gutt verdienet genennet zu
werden. Chriſtus, Chriſtus ſagt: Jch bin ein guter Hirte.

Regenten ſind auch Hirten. Gute Hirten, ſo ſie es mit den Un-

terthanen
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[6/0006] Vermoͤgen, welches er darreichen wird. Laßt uns in Demuth und in der Stille beten das heilige Vater Unſer. Der Text im 2. Cap. der Geheimniß-vollen Offenbah- rung und deſſen 10. v. lautet alſo: Sey getreu biß an den Tod, ſo will ich dir die Crone des Lebens geben. JCh bin ein guter Hirte. So hieß es in dem verwichenen Evangelio aus dem 10. Cap. Johannis. Geliebte und zum Theil ſchmertzlich Betruͤbte! Jch bin ein guter Hirte. Was gut iſt, dem jagt man billig nach. Was gut iſt, iſt der Brunn, aus dem man ſchoͤpft, was zum Nutzen gedei- het. Lernt man in den Schulen den Heuchler und Schmeichler, was gut oder nicht gut iſt? Wer in den Orden gehoͤret, dem iſt alles gut, was ſich nur wie eine Kuh melcken laͤßt. Von der Perſon muß man nicht urtheilen nach dem Gewinne, den man von ihr zu genuͤſſen hat, von der Perſon muß man urtheilen nach ihrem innern Werthe. Jenes iſt, als wenn ich den Haaſen lobe wegen der niedlichen Biſſen, die man von ihm ſchneiden kan. Was gutes iſt Schoͤnheit. Schoͤnheit veranlaſſet mich zur Hochachtung GOttes. Jſt irgendswo eine Ader von geſundem Waſſer, uͤber der Ader geht man hin, biß man zur Qvelle koͤmmt. Treffe ich was ſchoͤnes an, das verklaͤret in mir den Schoͤpffer, wenn ich erwege, wie ſchoͤne, nota bene, wie ſchoͤne dein das, was er gebauet hat, gerathen iſt. Gelehrt, was gutes; feine mores und Sitten nicht weniger was gutes. Wohnen herrliche Wiſſenſchafften in dir, bricht aber Groͤbe- rey aus in dir, es iſt als haͤtteſt du nette Waare in garſtigen Koͤrben. Doch daß ich nicht zu ſehr ausſchweiffe. Der, den ich zur Ab- ſicht habe, iſt ſo gut, daß er das hoͤchſte Gutt verdienet genennet zu werden. Chriſtus, Chriſtus ſagt: Jch bin ein guter Hirte. Regenten ſind auch Hirten. Gute Hirten, ſo ſie es mit den Un- terthanen

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Zitationshilfe: Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733], S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/542451/6>, abgerufen am 20.04.2024.