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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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treuer Schäffer.
C. Versuch' es nur ein mahl/
Und denn ergib dich wieder der gewohnten Qual/
Daß du auffs wenigste kanst aus Erfahrung wissen/
Was bey der Liebe zu genissen.
M. Verderbtem Schmacke graut vor aller Süßigkeit.
C. So [t]hus auffs wenigste dieselbe zu erquicken/
Die deiner Augen Glutt sonst wird zu Grabe schicken/
Grausamer/ du weist ja auch/ was es um die Armuthey
Und das schwere Bettelgehn vor ein elend Leben sey.
Was nun dein verliebter Sinn selber wünschet zu erlangen/
Laß die andern/ so darnach hungert/ auch von dir empfan-
gen.
M. Wie/ vermag ich wohl andern weg zu geben/
Was ich nicht vor mich selber kan erheben?
Kurtz: Ich bin einmahl entschlossen/ treu zu leben und zu
sterben/
Ohnerachtet ob ich Feindschafft oder Liebe mög' erwerben.
C. Ach blinder Unglücks-Sohn! wem wirstu treu erzeigen?
Ich dachte zwar zu schweigen/
Und dich bey ohne diß gehäuffter Pein
Nicht mehr in Hertzeleid zu sencken ein;
Allein/ du bist zu sehr verrathen und betrogen/
Daß ichs nicht dulden kan/ weil ich dir stets gewogen.
Gläubstu/ daß Amarill aus Liebe keuscher Zucht
Und wahrer Frömmigkeit mit ungestümer Flucht
Und harter Grausamkeit sich deiner Lieb' entbricht/
So bistu thöricht. Glaub' es nicht/
Der Platz ist schon berennt/ dir kömmt das Weinen zu/
Wenn sie mit andern lacht. Wie ists? verstummestu?
M. Ich weiß nicht ob mir heiß/ ich weiß nicht ob mir kalt/
Ich weiß nicht ob ich leb/ ob ich gestorben bin/
Indem mein ängstig Hertz in solchem Zweifel wallt.
Drum bin ich so verstarrt.
C. Wiltu iu Zweifel ziehn/
Was ich dir beygebracht?
M. Hielt ichs vor eigen
wahr/
So stürb' ich alsobald.
C. Nein/ leb' und räche dich.
M. Ich glaub' es aber nicht/ und weiß/ es kan nicht seyn.
C. Dein Mißtraun zwinget mich
Noch
treuer Schaͤffer.
C. Verſuch’ es nur ein mahl/
Und denn ergib dich wieder der gewohnten Qual/
Daß du auffs wenigſte kanſt aus Erfahrung wiſſen/
Was bey der Liebe zu geniſſen.
M. Verderbtem Schmacke graut vor aller Suͤßigkeit.
C. So [t]hus auffs wenigſte dieſelbe zu erquicken/
Die deiner Augen Glutt ſonſt wird zu Grabe ſchicken/
Grauſamer/ du weiſt ja auch/ was es um die Armuthey
Und das ſchwere Bettelgehn vor ein elend Leben ſey.
Was nun dein verliebter Sinn ſelber wuͤnſchet zu erlangen/
Laß die andern/ ſo darnach hungert/ auch von dir empfan-
gen.
M. Wie/ vermag ich wohl andern weg zu geben/
Was ich nicht vor mich ſelber kan erheben?
Kurtz: Ich bin einmahl entſchloſſen/ treu zu leben und zu
ſterben/
Ohnerachtet ob ich Feindſchafft oder Liebe moͤg’ erwerben.
C. Ach blinder Ungluͤcks-Sohn! wem wirſtu treu erzeigen?
Ich dachte zwar zu ſchweigen/
Und dich bey ohne diß gehaͤuffter Pein
Nicht mehr in Hertzeleid zu ſencken ein;
Allein/ du biſt zu ſehr verrathen und betrogen/
Daß ichs nicht dulden kan/ weil ich dir ſtets gewogen.
Glaͤubſtu/ daß Amarill aus Liebe keuſcher Zucht
Und wahrer Froͤmmigkeit mit ungeſtuͤmer Flucht
Und harter Grauſamkeit ſich deiner Lieb’ entbricht/
So biſtu thoͤricht. Glaub’ es nicht/
Der Platz iſt ſchon berennt/ dir koͤmmt das Weinen zu/
Wenn ſie mit andern lacht. Wie iſts? verſtummeſtu?
M. Ich weiß nicht ob mir heiß/ ich weiß nicht ob mir kalt/
Ich weiß nicht ob ich leb/ ob ich geſtorben bin/
Indem mein aͤngſtig Hertz in ſolchem Zweifel wallt.
Drum bin ich ſo verſtarrt.
C. Wiltu iu Zweifel ziehn/
Was ich dir beygebracht?
M. Hielt ichs vor eigen
wahr/
So ſtuͤrb’ ich alſobald.
C. Nein/ leb’ und raͤche dich.
M. Ich glaub’ es aber nicht/ und weiß/ es kan nicht ſeyn.
C. Dein Mißtraun zwinget mich
Noch
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[91/0191] treuer Schaͤffer. C. Verſuch’ es nur ein mahl/ Und denn ergib dich wieder der gewohnten Qual/ Daß du auffs wenigſte kanſt aus Erfahrung wiſſen/ Was bey der Liebe zu geniſſen. M. Verderbtem Schmacke graut vor aller Suͤßigkeit. C. So thus auffs wenigſte dieſelbe zu erquicken/ Die deiner Augen Glutt ſonſt wird zu Grabe ſchicken/ Grauſamer/ du weiſt ja auch/ was es um die Armuthey Und das ſchwere Bettelgehn vor ein elend Leben ſey. Was nun dein verliebter Sinn ſelber wuͤnſchet zu erlangen/ Laß die andern/ ſo darnach hungert/ auch von dir empfan- gen. M. Wie/ vermag ich wohl andern weg zu geben/ Was ich nicht vor mich ſelber kan erheben? Kurtz: Ich bin einmahl entſchloſſen/ treu zu leben und zu ſterben/ Ohnerachtet ob ich Feindſchafft oder Liebe moͤg’ erwerben. C. Ach blinder Ungluͤcks-Sohn! wem wirſtu treu erzeigen? Ich dachte zwar zu ſchweigen/ Und dich bey ohne diß gehaͤuffter Pein Nicht mehr in Hertzeleid zu ſencken ein; Allein/ du biſt zu ſehr verrathen und betrogen/ Daß ichs nicht dulden kan/ weil ich dir ſtets gewogen. Glaͤubſtu/ daß Amarill aus Liebe keuſcher Zucht Und wahrer Froͤmmigkeit mit ungeſtuͤmer Flucht Und harter Grauſamkeit ſich deiner Lieb’ entbricht/ So biſtu thoͤricht. Glaub’ es nicht/ Der Platz iſt ſchon berennt/ dir koͤmmt das Weinen zu/ Wenn ſie mit andern lacht. Wie iſts? verſtummeſtu? M. Ich weiß nicht ob mir heiß/ ich weiß nicht ob mir kalt/ Ich weiß nicht ob ich leb/ ob ich geſtorben bin/ Indem mein aͤngſtig Hertz in ſolchem Zweifel wallt. Drum bin ich ſo verſtarrt. C. Wiltu iu Zweifel ziehn/ Was ich dir beygebracht? M. Hielt ichs vor eigen wahr/ So ſtuͤrb’ ich alſobald. C. Nein/ leb’ und raͤche dich. M. Ich glaub’ es aber nicht/ und weiß/ es kan nicht ſeyn. C. Dein Mißtraun zwinget mich Noch

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/191>, abgerufen am 29.03.2024.