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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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treuer Schäffer.
Ich kan dir keinen Trost zusprechen:
Das Hertze will mir/ schweige denn die Wort' im Munde
brechen.
S. Ach/ daß die Erde nicht zerspringt/
Und zu gerechter Rach in Abgrund mich verschlingt!
D. Mitleidger Linco halt doch nur mit Gehn und Weinen inne:
Denn jenes thut dem Leibe nur mehr weh/ und diß dem
Sinne.
S. Ach ärmstes Kind/ wie herben Lohn
Trägt deine Lieb' itzund darvon!
L. Getrost Dorind'/ es wird der Schuß nicht tödtlich seyn.
D. Dorinde aber bald ihr unglückselges Leben
Dem längst-gewünschten Tod in seine Klauen geben.
Doch wüst' ich gerne noch vorhin/ wer mich verwundt?
L. Laßt uns mehr vor die Wunde Sorge tragen/
Als nach dem Thäter fragen.
Denn von der Rache wird man nicht gesund.
S. Was machstu hier? Was säumstu dich?
Wiltu noch so viel Hertze fassen/
Dich selber von ihr sehn zu lassen?
Fleuch der zu rechter Rach' entbrannten Augen-Schein/
Fleuch der von rechtem Zorn geschärfften Worte Stich.
Ach aber! Ich kan nicht entfliehn/
Und lasse mich/ durch unbekandte Macht gehemmt/
Die meinen Fuß verhält/ den Geist beklemmt/
Dem/ was ich fliehen soll/ nur immer näher Ziehn.
O. So soll ich denn mein Leben schliessen/
Und nicht einmahl/ wer mir dasselbe raubet/ wissen?
L. Das ist der Silvio.
D. Ach! Silvio? Wie weistu diß?
L. Ich kenne seinen Pfeil nur leider! zu gewiß.
D. O angenehmer Tod! O süsser Lebens-Schluß/
Wo ich von Silvius beschädigt sterben muß!
L. Da siehestu ihn gleich in Stellung und Geberden/
Dadurch er wider sich muß Zeug' und Kläger werden.
Run/ Silvio/ der Himmel sey gelobt/
Nachdem du lange gnung mit deinem kühnen Bogen/
Mit deinem stoltzen Pfeil die Wälder hast durchzogen/
In frechem Ubermutt getobt/
Ist
treuer Schaͤffer.
Ich kan dir keinen Troſt zuſprechen:
Das Hertze will mir/ ſchweige denn die Wort’ im Munde
brechen.
S. Ach/ daß die Erde nicht zerſpringt/
Und zu gerechter Rach in Abgrund mich verſchlingt!
D. Mitleidger Linco halt doch nur mit Gehn und Weinen inne:
Denn jenes thut dem Leibe nur mehr weh/ und diß dem
Sinne.
S. Ach aͤrmſtes Kind/ wie herben Lohn
Traͤgt deine Lieb’ itzund darvon!
L. Getroſt Dorind’/ es wird der Schuß nicht toͤdtlich ſeyn.
D. Dorinde aber bald ihr ungluͤckſelges Leben
Dem laͤngſt-gewuͤnſchten Tod in ſeine Klauen geben.
Doch wuͤſt’ ich gerne noch vorhin/ wer mich verwundt?
L. Laßt uns mehr vor die Wunde Sorge tragen/
Als nach dem Thaͤter fragen.
Denn von der Rache wird man nicht geſund.
S. Was machſtu hier? Was ſaͤumſtu dich?
Wiltu noch ſo viel Hertze faſſen/
Dich ſelber von ihr ſehn zu laſſen?
Fleuch der zu rechter Rach’ entbrannten Augen-Schein/
Fleuch der von rechtem Zorn geſchaͤrfften Worte Stich.
Ach aber! Ich kan nicht entfliehn/
Und laſſe mich/ durch unbekandte Macht gehemmt/
Die meinen Fuß verhaͤlt/ den Geiſt beklemmt/
Dem/ was ich fliehen ſoll/ nur immer naͤher Ziehn.
O. So ſoll ich denn mein Leben ſchlieſſen/
Und nicht einmahl/ wer mir daſſelbe raubet/ wiſſen?
L. Das iſt der Silvio.
D. Ach! Silvio? Wie weiſtu diß?
L. Ich kenne ſeinen Pfeil nur leider! zu gewiß.
D. O angenehmer Tod! O ſuͤſſer Lebens-Schluß/
Wo ich von Silvius beſchaͤdigt ſterben muß!
L. Da ſieheſtu ihn gleich in Stellung und Geberden/
Dadurch er wider ſich muß Zeug’ und Klaͤger werden.
Run/ Silvio/ der Himmel ſey gelobt/
Nachdem du lange gnung mit deinem kuͤhnen Bogen/
Mit deinem ſtoltzen Pfeil die Waͤlder haſt durchzogen/
In frechem Ubermutt getobt/
Iſt
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[127/0227] treuer Schaͤffer. Ich kan dir keinen Troſt zuſprechen: Das Hertze will mir/ ſchweige denn die Wort’ im Munde brechen. S. Ach/ daß die Erde nicht zerſpringt/ Und zu gerechter Rach in Abgrund mich verſchlingt! D. Mitleidger Linco halt doch nur mit Gehn und Weinen inne: Denn jenes thut dem Leibe nur mehr weh/ und diß dem Sinne. S. Ach aͤrmſtes Kind/ wie herben Lohn Traͤgt deine Lieb’ itzund darvon! L. Getroſt Dorind’/ es wird der Schuß nicht toͤdtlich ſeyn. D. Dorinde aber bald ihr ungluͤckſelges Leben Dem laͤngſt-gewuͤnſchten Tod in ſeine Klauen geben. Doch wuͤſt’ ich gerne noch vorhin/ wer mich verwundt? L. Laßt uns mehr vor die Wunde Sorge tragen/ Als nach dem Thaͤter fragen. Denn von der Rache wird man nicht geſund. S. Was machſtu hier? Was ſaͤumſtu dich? Wiltu noch ſo viel Hertze faſſen/ Dich ſelber von ihr ſehn zu laſſen? Fleuch der zu rechter Rach’ entbrannten Augen-Schein/ Fleuch der von rechtem Zorn geſchaͤrfften Worte Stich. Ach aber! Ich kan nicht entfliehn/ Und laſſe mich/ durch unbekandte Macht gehemmt/ Die meinen Fuß verhaͤlt/ den Geiſt beklemmt/ Dem/ was ich fliehen ſoll/ nur immer naͤher Ziehn. O. So ſoll ich denn mein Leben ſchlieſſen/ Und nicht einmahl/ wer mir daſſelbe raubet/ wiſſen? L. Das iſt der Silvio. D. Ach! Silvio? Wie weiſtu diß? L. Ich kenne ſeinen Pfeil nur leider! zu gewiß. D. O angenehmer Tod! O ſuͤſſer Lebens-Schluß/ Wo ich von Silvius beſchaͤdigt ſterben muß! L. Da ſieheſtu ihn gleich in Stellung und Geberden/ Dadurch er wider ſich muß Zeug’ und Klaͤger werden. Run/ Silvio/ der Himmel ſey gelobt/ Nachdem du lange gnung mit deinem kuͤhnen Bogen/ Mit deinem ſtoltzen Pfeil die Waͤlder haſt durchzogen/ In frechem Ubermutt getobt/ Iſt

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/227>, abgerufen am 29.03.2024.