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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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SEinem Landsmanne/ dem Treuen Schäffer/ folget
gegenwärtig ein Florentinischer Hof-Mann in
gleichmäßiger Begierde den Edlen Teutschinnen
die Hände zu küssen/ und den tragenden Eyfer vor
den Ruhm ihres Geschlechtes bekannt zu machen.
Beyder des Urhebers und Dolmetschers Nahme/ welcher ein
vielfältiges A führet/ kan ein Zeuge der hierbey geführten Auff-
[r]ichtigen Gedancken seyn: Und solte jemand was anders aus
[i]hren Worten erzwingen wollen/ so setzet man selbigem den
Wahlspruch König Eduards entgegen: Arg ist/ wer ihm Ar-
ges gedencket. Sie sind beyde der Meinung/ daß wie keine
Schönheit leichtlich ohne Fehler/ also nicht leichtlich Fehler
[o]hne Schönheit anzutreffen seyn/ und daß sich offtermahls et-
[w]as Lieb-würdiges befinde/ welches für vielen Augen verborgen
[b]leibt/ aber dennoch Andere mehr scharffsichtige und durch-
[d]ringende entzücket; ja offtermahls ein Gemütte durch einen
[g]antz unbekannten Trieb/ wie durch die verdeckten Räder eines
[U]hrwercks an sich ziehet und hefftet. Des Erfinders Fürsatz
[i]st gewesen/ seiner Sinn- und Lust-reichen Art nach/ im Nahmen
[i]edweder von den neun so genannten Kunst-Göttinnen Funfftzig
[K]ling-Gedichte zu fertigen/ und solche nicht wie Herodotus sei-
[n]e Geschicht-Bücher nur ohngefähr und sonder allen Anlaß/
[so]ndern nach Anleitung des Inhalts und ihres Nahmens oder
[A]mtes/ unter sie auszutheilen. Was für Ruhm die Staats-
[k]luge Polymnia und vielleicht andere der Verwunderns-würdi-
[g]en Ubersetzung des Pindarus mitten unter seinen hohen Ge-
[sc]häfften gefolgte Schwestern verdienet/ ist den Welschen be-
ust: Uns ist diese Terpsichore bekannt worden/ ein lustig und
[zu]gleich gelehrtes Werck/ welches etlicher müßiger Tage zur
[V]erdeutschung würdig geschienen/ und dessen Absehen Er Adi-
[m]ari
selbst in folgendem Send-Schreiben berichtet:

An
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SEinem Landsmanne/ dem Treuen Schaͤffer/ folget
gegenwaͤrtig ein Florentiniſcher Hof-Mann in
gleichmaͤßiger Begierde den Edlen Teutſchinnen
die Haͤnde zu kuͤſſen/ und den tragenden Eyfer vor
den Ruhm ihres Geſchlechtes bekannt zu machen.
Beyder des Urhebers und Dolmetſchers Nahme/ welcher ein
vielfaͤltiges A fuͤhret/ kan ein Zeuge der hierbey gefuͤhrten Auff-
[r]ichtigen Gedancken ſeyn: Und ſolte jemand was anders aus
[i]hren Worten erzwingen wollen/ ſo ſetzet man ſelbigem den
Wahlſpruch Koͤnig Eduards entgegen: Arg iſt/ wer ihm Ar-
ges gedencket. Sie ſind beyde der Meinung/ daß wie keine
Schoͤnheit leichtlich ohne Fehler/ alſo nicht leichtlich Fehler
[o]hne Schoͤnheit anzutreffen ſeyn/ und daß ſich offtermahls et-
[w]as Lieb-wuͤrdiges befinde/ welches fuͤr vielen Augen verborgen
[b]leibt/ aber dennoch Andere mehr ſcharffſichtige und durch-
[d]ringende entzuͤcket; ja offtermahls ein Gemuͤtte durch einen
[g]antz unbekannten Trieb/ wie durch die verdeckten Raͤder eines
[U]hrwercks an ſich ziehet und hefftet. Des Erfinders Fuͤrſatz
[i]ſt geweſen/ ſeiner Sinn- und Luſt-reichen Art nach/ im Nahmen
[i]edweder von den neun ſo genannten Kunſt-Goͤttinnen Funfftzig
[K]ling-Gedichte zu fertigen/ und ſolche nicht wie Herodotus ſei-
[n]e Geſchicht-Buͤcher nur ohngefaͤhr und ſonder allen Anlaß/
[ſo]ndern nach Anleitung des Inhalts und ihres Nahmens oder
[A]mtes/ unter ſie auszutheilen. Was fuͤr Ruhm die Staats-
[k]luge Polymnia und vielleicht andere der Verwunderns-wuͤrdi-
[g]en Uberſetzung des Pindarus mitten unter ſeinen hohen Ge-
[ſc]haͤfften gefolgte Schweſtern verdienet/ iſt den Welſchen be-
uſt: Uns iſt dieſe Terpſichore bekannt worden/ ein luſtig und
[zu]gleich gelehrtes Werck/ welches etlicher muͤßiger Tage zur
[V]erdeutſchung wuͤrdig geſchienen/ und deſſen Abſehen Er Adi-
[m]ari
ſelbſt in folgendem Send-Schreiben berichtet:

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[179/0279] SEinem Landsmanne/ dem Treuen Schaͤffer/ folget gegenwaͤrtig ein Florentiniſcher Hof-Mann in gleichmaͤßiger Begierde den Edlen Teutſchinnen die Haͤnde zu kuͤſſen/ und den tragenden Eyfer vor den Ruhm ihres Geſchlechtes bekannt zu machen. Beyder des Urhebers und Dolmetſchers Nahme/ welcher ein vielfaͤltiges A fuͤhret/ kan ein Zeuge der hierbey gefuͤhrten Auff- richtigen Gedancken ſeyn: Und ſolte jemand was anders aus ihren Worten erzwingen wollen/ ſo ſetzet man ſelbigem den Wahlſpruch Koͤnig Eduards entgegen: Arg iſt/ wer ihm Ar- ges gedencket. Sie ſind beyde der Meinung/ daß wie keine Schoͤnheit leichtlich ohne Fehler/ alſo nicht leichtlich Fehler ohne Schoͤnheit anzutreffen ſeyn/ und daß ſich offtermahls et- was Lieb-wuͤrdiges befinde/ welches fuͤr vielen Augen verborgen bleibt/ aber dennoch Andere mehr ſcharffſichtige und durch- dringende entzuͤcket; ja offtermahls ein Gemuͤtte durch einen gantz unbekannten Trieb/ wie durch die verdeckten Raͤder eines Uhrwercks an ſich ziehet und hefftet. Des Erfinders Fuͤrſatz iſt geweſen/ ſeiner Sinn- und Luſt-reichen Art nach/ im Nahmen iedweder von den neun ſo genannten Kunſt-Goͤttinnen Funfftzig Kling-Gedichte zu fertigen/ und ſolche nicht wie Herodotus ſei- ne Geſchicht-Buͤcher nur ohngefaͤhr und ſonder allen Anlaß/ ſondern nach Anleitung des Inhalts und ihres Nahmens oder Amtes/ unter ſie auszutheilen. Was fuͤr Ruhm die Staats- kluge Polymnia und vielleicht andere der Verwunderns-wuͤrdi- gen Uberſetzung des Pindarus mitten unter ſeinen hohen Ge- ſchaͤfften gefolgte Schweſtern verdienet/ iſt den Welſchen be- uſt: Uns iſt dieſe Terpſichore bekannt worden/ ein luſtig und zugleich gelehrtes Werck/ welches etlicher muͤßiger Tage zur Verdeutſchung wuͤrdig geſchienen/ und deſſen Abſehen Er Adi- mari ſelbſt in folgendem Send-Schreiben berichtet: An M 2

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/279>, abgerufen am 20.04.2024.