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Adler, Alfred: Studie über Minderwertigkeit von Organen. Berlin u. a., 1907.

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Incontinentia alvi, eine Schwester hat hysterische Anfälle von Be-
wußtlosigkeit. Auch hier wieder der Zusammenhang von Reflexanomalie,
Diabetes, Neurose und Kinderfehler, allerdings über die einzelnen
Familienglieder zerstreut.

Otto C., bereits besprochen. Starb im diabetischen Koma. Hat als
Kind lange an Incontinentia alvi gelitten. Vater ist zeit seines Lebens
obstipiert. Auch seine Schwester litt lange an Stuhlverstopfung und
erkrankte frühzeitig an schwerer Hysterie. Vater und Schwester zeigen
Mangel des Gaumenreflexes.

Josef A., 37 Jahre alt, Kürschner, klagt über Mangel der Potenz
und Ejaculatio praecox. Bei der Untersuchung findet sich reichlich
Zucker im Urin. Kein Gaumenreflex. Kein Patellarsehnen-
reflex.

Regina D., 38 Jahre alt, Advokatensgattin, klagt über Pruritus
vulvae und mannigfache nervöse Beschwerden. Im Harn reichlich
Zucker und Azeton. Vater der Patientin ist im diabetischen Koma
gestorben. Zwei Schwestern leiden an hysterischen Beschwerden. Bei
allen drei Schwestern findet sich Mangel des Gaumen- und Rachen-
reflexes
. Patellarsehnenreflex normal. Eine Schwester war lange
Daumenlutscherin.

Anton M., 40 Jahre, Cafetier, zeigt einen leichten Sprachfehler
und Mangel des Gaumenreflexes. Rachenreflex vorhanden. Mutter des
Patienten leidet an Diabetes.

Hierher gehört auch der schon früher erwähnte David K. Karzi-
nom der Gallenblase, Glykosurie. Beginn der Beschwerden zwei Jahre
vor dem Tode mit Appetitlosigkeit und Abmagerung. Kein Gaumen-,
kein Rachenreflex. Patellarsehnenreflex aufgehoben. Zwei Töchter zeigen
Epignathie; eine von ihnen leidet an hysterischem Husten und Appetit-
mangel.

Wie schon erwähnt, findet man fast regelmäßig bei Personen, die
öfters an Anginen erkranken, Mangel des Gaumenreflexes. Auch erhob
ich denselben Befund bei einem Falle von Herpes pharyngis bei
einem Manne, der dauernd an Blähungen und an einer Nabelhernie
litt. Der Mitteilung wert scheint mir auch der Fall eines Hysterikers,
Dr. Heinrich 0., bei welchem sich eine Andeutung einer Spina bifida
sacralis und adenoide Vegetationen vorfanden. Der Patient stieß recht
häufig einen grunzenden Laut aus und stellte sich eines Tages mit
Aphthen am Gaumen und Rachen vor. Reflexanomalien sah ich auch
bei einigen Fällen von Ulcus rotundum und bei Verwandten dieser

Incontinentia alvi, eine Schwester hat hysterische Anfälle von Be-
wußtlosigkeit. Auch hier wieder der Zusammenhang von Reflexanomalie,
Diabetes, Neurose und Kinderfehler, allerdings über die einzelnen
Familienglieder zerstreut.

Otto C., bereits besprochen. Starb im diabetischen Koma. Hat als
Kind lange an Incontinentia alvi gelitten. Vater ist zeit seines Lebens
obstipiert. Auch seine Schwester litt lange an Stuhlverstopfung und
erkrankte frühzeitig an schwerer Hysterie. Vater und Schwester zeigen
Mangel des Gaumenreflexes.

Josef A., 37 Jahre alt, Kürschner, klagt über Mangel der Potenz
und Ejaculatio praecox. Bei der Untersuchung findet sich reichlich
Zucker im Urin. Kein Gaumenreflex. Kein Patellarsehnen-
reflex.

Regina D., 38 Jahre alt, Advokatensgattin, klagt über Pruritus
vulvae und mannigfache nervöse Beschwerden. Im Harn reichlich
Zucker und Azeton. Vater der Patientin ist im diabetischen Koma
gestorben. Zwei Schwestern leiden an hysterischen Beschwerden. Bei
allen drei Schwestern findet sich Mangel des Gaumen- und Rachen-
reflexes
. Patellarsehnenreflex normal. Eine Schwester war lange
Daumenlutscherin.

Anton M., 40 Jahre, Cafetier, zeigt einen leichten Sprachfehler
und Mangel des Gaumenreflexes. Rachenreflex vorhanden. Mutter des
Patienten leidet an Diabetes.

Hierher gehört auch der schon früher erwähnte David K. Karzi-
nom der Gallenblase, Glykosurie. Beginn der Beschwerden zwei Jahre
vor dem Tode mit Appetitlosigkeit und Abmagerung. Kein Gaumen-,
kein Rachenreflex. Patellarsehnenreflex aufgehoben. Zwei Töchter zeigen
Epignathie; eine von ihnen leidet an hysterischem Husten und Appetit-
mangel.

Wie schon erwähnt, findet man fast regelmäßig bei Personen, die
öfters an Anginen erkranken, Mangel des Gaumenreflexes. Auch erhob
ich denselben Befund bei einem Falle von Herpes pharyngis bei
einem Manne, der dauernd an Blähungen und an einer Nabelhernie
litt. Der Mitteilung wert scheint mir auch der Fall eines Hysterikers,
Dr. Heinrich 0., bei welchem sich eine Andeutung einer Spina bifida
sacralis und adenoide Vegetationen vorfanden. Der Patient stieß recht
häufig einen grunzenden Laut aus und stellte sich eines Tages mit
Aphthen am Gaumen und Rachen vor. Reflexanomalien sah ich auch
bei einigen Fällen von Ulcus rotundum und bei Verwandten dieser

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[54/0066] Incontinentia alvi, eine Schwester hat hysterische Anfälle von Be- wußtlosigkeit. Auch hier wieder der Zusammenhang von Reflexanomalie, Diabetes, Neurose und Kinderfehler, allerdings über die einzelnen Familienglieder zerstreut. Otto C., bereits besprochen. Starb im diabetischen Koma. Hat als Kind lange an Incontinentia alvi gelitten. Vater ist zeit seines Lebens obstipiert. Auch seine Schwester litt lange an Stuhlverstopfung und erkrankte frühzeitig an schwerer Hysterie. Vater und Schwester zeigen Mangel des Gaumenreflexes. Josef A., 37 Jahre alt, Kürschner, klagt über Mangel der Potenz und Ejaculatio praecox. Bei der Untersuchung findet sich reichlich Zucker im Urin. Kein Gaumenreflex. Kein Patellarsehnen- reflex. Regina D., 38 Jahre alt, Advokatensgattin, klagt über Pruritus vulvae und mannigfache nervöse Beschwerden. Im Harn reichlich Zucker und Azeton. Vater der Patientin ist im diabetischen Koma gestorben. Zwei Schwestern leiden an hysterischen Beschwerden. Bei allen drei Schwestern findet sich Mangel des Gaumen- und Rachen- reflexes. Patellarsehnenreflex normal. Eine Schwester war lange Daumenlutscherin. Anton M., 40 Jahre, Cafetier, zeigt einen leichten Sprachfehler und Mangel des Gaumenreflexes. Rachenreflex vorhanden. Mutter des Patienten leidet an Diabetes. Hierher gehört auch der schon früher erwähnte David K. Karzi- nom der Gallenblase, Glykosurie. Beginn der Beschwerden zwei Jahre vor dem Tode mit Appetitlosigkeit und Abmagerung. Kein Gaumen-, kein Rachenreflex. Patellarsehnenreflex aufgehoben. Zwei Töchter zeigen Epignathie; eine von ihnen leidet an hysterischem Husten und Appetit- mangel. Wie schon erwähnt, findet man fast regelmäßig bei Personen, die öfters an Anginen erkranken, Mangel des Gaumenreflexes. Auch erhob ich denselben Befund bei einem Falle von Herpes pharyngis bei einem Manne, der dauernd an Blähungen und an einer Nabelhernie litt. Der Mitteilung wert scheint mir auch der Fall eines Hysterikers, Dr. Heinrich 0., bei welchem sich eine Andeutung einer Spina bifida sacralis und adenoide Vegetationen vorfanden. Der Patient stieß recht häufig einen grunzenden Laut aus und stellte sich eines Tages mit Aphthen am Gaumen und Rachen vor. Reflexanomalien sah ich auch bei einigen Fällen von Ulcus rotundum und bei Verwandten dieser

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Zitationshilfe: Adler, Alfred: Studie über Minderwertigkeit von Organen. Berlin u. a., 1907, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_studie_1907/66>, abgerufen am 28.03.2024.