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Alapin, Simon: Zum Kapitel Frauen-Wahlrecht. Heidelberg, 1917.

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höchstens nur um den theoretischen Durchschnitt
handeln kann, wie kommt man dazu, das Frauenwahlrecht
gar "grundsätzlich" (!?...)zu verneinen?
"Durchschnitt" ist doch nur ein Begriff. (Theore-
tische Abstraktion.) ln realer, handgreiflicher Wirk-
lichkeit gibt es ja, praktisch und physisch genommen,
überhaupt gar keinen"Durchschnitts-Menschen" und
zwar, weder Mann noch Weib, sondern nur Individuen ad
hoc. Auf Grund einer theoretischen Durchschnitts-
Taxierung über angebliche oder wirkliche Minderwertig-
keit des weiblichen Intellekts kann man demnach nicht un-
gestraft die gesamteFrauenwelt, darunter auch die
also wissentlich intelligenten und hiernach auch wissent-
lich "einflussfähigen" Frauen, nach einem Universalrezept,
d. h. gar grundsätzlich, des Stimmrechtes berau-
ben. Dies wird sich unvermeidlich mindestens dadurch
rächen, dass, man im Parlamente die Stimmung beträcht-
licher Kreise der Bevölkerung nicht zahlenmässig wird
kennen lernen, welche für den Bau und die Wandlungen
der öffentlichen Meinung, bezw. der politischen Volkspsy-
chologie, tatsächlich "einflussfähig" sind und zwar des-
halb "einflussfähig", weil sie hierzu, trotz der theoretischen
Durchschnittsrechnung, individuell über eine ausrei-
chende geistige Kraft (Intelligenz) tatsächlich verfügen.
Folgender Vergleich zur Illustration des Wertes von theore-
tischen Durchschnitts-Methoden für praktische
Massnahmen ad hoc sei zitiert. Es ist Tatsache, dass der
weibliche Besitz an landwirtschaftlichen Betrieben im
Durchschnitt ein weit geringerer ist als bei Män-
nern. Wäre es vernünftig, auf Grund dieses Durch-
schnittes allein bei der behördlichen Bestandsaufnahme von
Lebensmitteln die weiblichen Besitztümer grundsätzlich zu
ignorieren? ... Was übrigens den inneren Wert des Ge-
redes über die angeblich angeborene (??...) Minderwer-

höchstens nur um den theoretischen Durchschnitt
handeln kann, wie kommt man dazu, das Frauenwahlrecht
gar „grundsätzlich“ (!?…)zu verneinen?
„Durchschnitt“ ist doch nur ein Begriff. (Theore-
tische Abstraktion.) ln realer, handgreiflicher Wirk-
lichkeit gibt es ja, praktisch und physisch genommen,
überhaupt gar keinen„Durchschnitts-Menschen“ und
zwar, weder Mann noch Weib, sondern nur Individuen ad
hoc. Auf Grund einer theoretischen Durchschnitts-
Taxierung über angebliche oder wirkliche Minderwertig-
keit des weiblichen Intellekts kann man demnach nicht un-
gestraft die gesamteFrauenwelt, darunter auch die
also wissentlich intelligenten und hiernach auch wissent-
lich „einflussfähigen“ Frauen, nach einem Universalrezept,
d. h. gar grundsätzlich, des Stimmrechtes berau-
ben. Dies wird sich unvermeidlich mindestens dadurch
rächen, dass, man im Parlamente die Stimmung beträcht-
licher Kreise der Bevölkerung nicht zahlenmässig wird
kennen lernen, welche für den Bau und die Wandlungen
der öffentlichen Meinung, bezw. der politischen Volkspsy-
chologie, tatsächlich „einflussfähig“ sind und zwar des-
halb „einflussfähig“, weil sie hierzu, trotz der theoretischen
Durchschnittsrechnung, individuell über eine ausrei-
chende geistige Kraft (Intelligenz) tatsächlich verfügen.
Folgender Vergleich zur Illustration des Wertes von theore-
tischen Durchschnitts-Methoden für praktische
Massnahmen ad hoc sei zitiert. Es ist Tatsache, dass der
weibliche Besitz an landwirtschaftlichen Betrieben im
Durchschnitt ein weit geringerer ist als bei Män-
nern. Wäre es vernünftig, auf Grund dieses Durch-
schnittes allein bei der behördlichen Bestandsaufnahme von
Lebensmitteln die weiblichen Besitztümer grundsätzlich zu
ignorieren? … Was übrigens den inneren Wert des Ge-
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[11/0013] höchstens nur um den theoretischen Durchschnitt handeln kann, wie kommt man dazu, das Frauenwahlrecht gar „grundsätzlich“ (!?…)zu verneinen? „Durchschnitt“ ist doch nur ein Begriff. (Theore- tische Abstraktion.) ln realer, handgreiflicher Wirk- lichkeit gibt es ja, praktisch und physisch genommen, überhaupt gar keinen„Durchschnitts-Menschen“ und zwar, weder Mann noch Weib, sondern nur Individuen ad hoc. Auf Grund einer theoretischen Durchschnitts- Taxierung über angebliche oder wirkliche Minderwertig- keit des weiblichen Intellekts kann man demnach nicht un- gestraft die gesamteFrauenwelt, darunter auch die also wissentlich intelligenten und hiernach auch wissent- lich „einflussfähigen“ Frauen, nach einem Universalrezept, d. h. gar grundsätzlich, des Stimmrechtes berau- ben. Dies wird sich unvermeidlich mindestens dadurch rächen, dass, man im Parlamente die Stimmung beträcht- licher Kreise der Bevölkerung nicht zahlenmässig wird kennen lernen, welche für den Bau und die Wandlungen der öffentlichen Meinung, bezw. der politischen Volkspsy- chologie, tatsächlich „einflussfähig“ sind und zwar des- halb „einflussfähig“, weil sie hierzu, trotz der theoretischen Durchschnittsrechnung, individuell über eine ausrei- chende geistige Kraft (Intelligenz) tatsächlich verfügen. Folgender Vergleich zur Illustration des Wertes von theore- tischen Durchschnitts-Methoden für praktische Massnahmen ad hoc sei zitiert. Es ist Tatsache, dass der weibliche Besitz an landwirtschaftlichen Betrieben im Durchschnitt ein weit geringerer ist als bei Män- nern. Wäre es vernünftig, auf Grund dieses Durch- schnittes allein bei der behördlichen Bestandsaufnahme von Lebensmitteln die weiblichen Besitztümer grundsätzlich zu ignorieren? … Was übrigens den inneren Wert des Ge- redes über die angeblich angeborene (??…) Minderwer-

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Zitationshilfe: Alapin, Simon: Zum Kapitel Frauen-Wahlrecht. Heidelberg, 1917, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alapin_kapitel_1917/13>, abgerufen am 28.03.2024.