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Alapin, Simon: Zum Kapitel Frauen-Wahlrecht. Heidelberg, 1917.

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len" des Mannes nicht bestimmen und somit auch poli-
tisch angeblich nicht "einflussfähig" sind? Der gesunde
Menschenverstand der Volksweisheit hat nicht umsonst
das geflügelte Wort geschaffen: die Frauen regieren die
Welt! ("Cherchez la femme".) Ist es vernünftig und
staatserhaltend, eine derart einflussreiche Weltmacht durch
grundsätzliche Beraubung des Wahlrechts nur indirekt
sich zum Gehör kommen zu lassen? Ist es nicht eine
mutwillige Vogelstrausspolitik? ...

Die allerstärkste und wirklich gefährliche Einwen-
dung gegen die das Frauenwahlrecht bedingende politische
"Einflussfähigkeit" der Frau ist, glauben wir, die oben er-
wähnte dritte Vorbedingung dieser "Einflussfähigkeit".
Man muss nämlich, wie schon gesagt, "auch willens
sein, den Einfluss auszuüben!" Man wird jedoch leider
gestehen, dass in dieser wichtigsten Beziehung nur eine
verhältnismässig unzureichende Zahl der Frauen auf der
Seite der angeblich nur lächerlichen Frauenrechtlerinnen
steht, während die überwiegende Mehrheit der Frauen-
welt teilweise aus Leichtsinn, teilweise aus Genussucht,
meistens aber aus falscher Scham eines durchaus falsch
verstandenen angeblichen Anstandsgefühls ("sich
von der Nachbarin möglichst nicht zu unterscheiden!" ...)
in einem weit höheren Masse als die Männerwelt in der
Anstrebung politischer Rechte einen verwerflichen Indif-
ferentismus an den Tag legt. Diesem unverkennbaren
Makel zu steuern, ist vor allen Dingen Sache der Frauen
selbst. Es ist auch höchste Zeit hierzu, denn den Frauen
sind jetzt genügend die Augen darüber geöffnet worden,
was alles in der sog. zivilisierten Welt ohne den mildern-
den international-politischen Einfluss des weicheren
Frauentemperaments passieren kann und wie ihre Söhne,
Ehemänner, Geliebte, Brüder und Väter sich gegenseitig
hetzen und abschlachten. Zu dem, was jetzt in der Welt

len“ des Mannes nicht bestimmen und somit auch poli-
tisch angeblich nicht „einflussfähig“ sind? Der gesunde
Menschenverstand der Volksweisheit hat nicht umsonst
das geflügelte Wort geschaffen: die Frauen regieren die
Welt! („Cherchez la femme“.) Ist es vernünftig und
staatserhaltend, eine derart einflussreiche Weltmacht durch
grundsätzliche Beraubung des Wahlrechts nur indirekt
sich zum Gehör kommen zu lassen? Ist es nicht eine
mutwillige Vogelstrausspolitik? …

Die allerstärkste und wirklich gefährliche Einwen-
dung gegen die das Frauenwahlrecht bedingende politische
„Einflussfähigkeit“ der Frau ist, glauben wir, die oben er-
wähnte dritte Vorbedingung dieser „Einflussfähigkeit“.
Man muss nämlich, wie schon gesagt, „auch willens
sein, den Einfluss auszuüben!“ Man wird jedoch leider
gestehen, dass in dieser wichtigsten Beziehung nur eine
verhältnismässig unzureichende Zahl der Frauen auf der
Seite der angeblich nur lächerlichen Frauenrechtlerinnen
steht, während die überwiegende Mehrheit der Frauen-
welt teilweise aus Leichtsinn, teilweise aus Genussucht,
meistens aber aus falscher Scham eines durchaus falsch
verstandenen angeblichen Anstandsgefühls („sich
von der Nachbarin möglichst nicht zu unterscheiden!“ …)
in einem weit höheren Masse als die Männerwelt in der
Anstrebung politischer Rechte einen verwerflichen Indif-
ferentismus an den Tag legt. Diesem unverkennbaren
Makel zu steuern, ist vor allen Dingen Sache der Frauen
selbst. Es ist auch höchste Zeit hierzu, denn den Frauen
sind jetzt genügend die Augen darüber geöffnet worden,
was alles in der sog. zivilisierten Welt ohne den mildern-
den international-politischen Einfluss des weicheren
Frauentemperaments passieren kann und wie ihre Söhne,
Ehemänner, Geliebte, Brüder und Väter sich gegenseitig
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[15/0017] len“ des Mannes nicht bestimmen und somit auch poli- tisch angeblich nicht „einflussfähig“ sind? Der gesunde Menschenverstand der Volksweisheit hat nicht umsonst das geflügelte Wort geschaffen: die Frauen regieren die Welt! („Cherchez la femme“.) Ist es vernünftig und staatserhaltend, eine derart einflussreiche Weltmacht durch grundsätzliche Beraubung des Wahlrechts nur indirekt sich zum Gehör kommen zu lassen? Ist es nicht eine mutwillige Vogelstrausspolitik? … Die allerstärkste und wirklich gefährliche Einwen- dung gegen die das Frauenwahlrecht bedingende politische „Einflussfähigkeit“ der Frau ist, glauben wir, die oben er- wähnte dritte Vorbedingung dieser „Einflussfähigkeit“. Man muss nämlich, wie schon gesagt, „auch willens sein, den Einfluss auszuüben!“ Man wird jedoch leider gestehen, dass in dieser wichtigsten Beziehung nur eine verhältnismässig unzureichende Zahl der Frauen auf der Seite der angeblich nur lächerlichen Frauenrechtlerinnen steht, während die überwiegende Mehrheit der Frauen- welt teilweise aus Leichtsinn, teilweise aus Genussucht, meistens aber aus falscher Scham eines durchaus falsch verstandenen angeblichen Anstandsgefühls („sich von der Nachbarin möglichst nicht zu unterscheiden!“ …) in einem weit höheren Masse als die Männerwelt in der Anstrebung politischer Rechte einen verwerflichen Indif- ferentismus an den Tag legt. Diesem unverkennbaren Makel zu steuern, ist vor allen Dingen Sache der Frauen selbst. Es ist auch höchste Zeit hierzu, denn den Frauen sind jetzt genügend die Augen darüber geöffnet worden, was alles in der sog. zivilisierten Welt ohne den mildern- den international-politischen Einfluss des weicheren Frauentemperaments passieren kann und wie ihre Söhne, Ehemänner, Geliebte, Brüder und Väter sich gegenseitig hetzen und abschlachten. Zu dem, was jetzt in der Welt

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2018-12-05T17:48:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-12-05T17:48:32Z)

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Zitationshilfe: Alapin, Simon: Zum Kapitel Frauen-Wahlrecht. Heidelberg, 1917, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alapin_kapitel_1917/17>, abgerufen am 28.03.2024.