Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
Zwölftes Kapitel.
Das Gewitter.


Auch die Sonne hat Flecken, und auch in der
glücklichsten Ehe giebt es Familienscenen.

"Ach, daß ein so schöner Tag so ausgehen muß!"
seufzte die Hofräthin, aber der Kriegsrath blieb uner¬
bittlich. Es war doch wie vom Himmel gefügt, daß
sie mit einer so vornehmen liebenswürdigen und freund¬
lichen Dame Bekanntschaft gemacht. Die Herzens¬
güte sah man ihr an den Augen ab. Was konnte
ihre Tochter davon profitiren! Sie war ganz gewiß,
daß die Obristin die Adelheid zu sich einladen würde,
und wer weiß, wenn die Nichten mit ihr Freundschaft
schlössen, ob sie nicht an ihren Privatstunden Theil
nehmen könnte. Ja es wäre wohl möglich, daß die
Obristin ihre Tochter ins Haus nähme, in Pension
wollte sie gar nicht sagen, denn sie hätte wohl be¬
merkt, mit welchem Wohlgefallen sie die Adelheid
immer angesehen. Und alle diese Vortheile und Aus¬
sichten wolle er muthwillig von sich stoßen. Und
warum?

Zwölftes Kapitel.
Das Gewitter.


Auch die Sonne hat Flecken, und auch in der
glücklichſten Ehe giebt es Familienſcenen.

„Ach, daß ein ſo ſchöner Tag ſo ausgehen muß!“
ſeufzte die Hofräthin, aber der Kriegsrath blieb uner¬
bittlich. Es war doch wie vom Himmel gefügt, daß
ſie mit einer ſo vornehmen liebenswürdigen und freund¬
lichen Dame Bekanntſchaft gemacht. Die Herzens¬
güte ſah man ihr an den Augen ab. Was konnte
ihre Tochter davon profitiren! Sie war ganz gewiß,
daß die Obriſtin die Adelheid zu ſich einladen würde,
und wer weiß, wenn die Nichten mit ihr Freundſchaft
ſchlöſſen, ob ſie nicht an ihren Privatſtunden Theil
nehmen könnte. Ja es wäre wohl möglich, daß die
Obriſtin ihre Tochter ins Haus nähme, in Penſion
wollte ſie gar nicht ſagen, denn ſie hätte wohl be¬
merkt, mit welchem Wohlgefallen ſie die Adelheid
immer angeſehen. Und alle dieſe Vortheile und Aus¬
ſichten wolle er muthwillig von ſich ſtoßen. Und
warum?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0197" n="[183]"/>
      <div n="1">
        <head>Zwölftes Kapitel.<lb/><hi rendition="#b #g">Das Gewitter.</hi><lb/></head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Auch die Sonne hat Flecken, und auch in der<lb/>
glücklich&#x017F;ten Ehe giebt es Familien&#x017F;cenen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ach, daß ein &#x017F;o &#x017F;chöner Tag &#x017F;o ausgehen muß!&#x201C;<lb/>
&#x017F;eufzte die Hofräthin, aber der Kriegsrath blieb uner¬<lb/>
bittlich. Es war doch wie vom Himmel gefügt, daß<lb/>
&#x017F;ie mit einer &#x017F;o vornehmen liebenswürdigen und freund¬<lb/>
lichen Dame Bekannt&#x017F;chaft gemacht. Die Herzens¬<lb/>
güte &#x017F;ah man ihr an den Augen ab. Was konnte<lb/>
ihre Tochter davon profitiren! Sie war ganz gewiß,<lb/>
daß die Obri&#x017F;tin die Adelheid zu &#x017F;ich einladen würde,<lb/>
und wer weiß, wenn die Nichten mit ihr Freund&#x017F;chaft<lb/>
&#x017F;chlö&#x017F;&#x017F;en, ob &#x017F;ie nicht an ihren Privat&#x017F;tunden Theil<lb/>
nehmen könnte. Ja es wäre wohl möglich, daß die<lb/>
Obri&#x017F;tin ihre Tochter ins Haus nähme, in Pen&#x017F;ion<lb/>
wollte &#x017F;ie gar nicht &#x017F;agen, denn &#x017F;ie hätte wohl be¬<lb/>
merkt, mit welchem Wohlgefallen &#x017F;ie die Adelheid<lb/>
immer ange&#x017F;ehen. Und alle die&#x017F;e Vortheile und Aus¬<lb/>
&#x017F;ichten wolle er muthwillig von &#x017F;ich &#x017F;toßen. Und<lb/>
warum?</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[183]/0197] Zwölftes Kapitel. Das Gewitter. Auch die Sonne hat Flecken, und auch in der glücklichſten Ehe giebt es Familienſcenen. „Ach, daß ein ſo ſchöner Tag ſo ausgehen muß!“ ſeufzte die Hofräthin, aber der Kriegsrath blieb uner¬ bittlich. Es war doch wie vom Himmel gefügt, daß ſie mit einer ſo vornehmen liebenswürdigen und freund¬ lichen Dame Bekanntſchaft gemacht. Die Herzens¬ güte ſah man ihr an den Augen ab. Was konnte ihre Tochter davon profitiren! Sie war ganz gewiß, daß die Obriſtin die Adelheid zu ſich einladen würde, und wer weiß, wenn die Nichten mit ihr Freundſchaft ſchlöſſen, ob ſie nicht an ihren Privatſtunden Theil nehmen könnte. Ja es wäre wohl möglich, daß die Obriſtin ihre Tochter ins Haus nähme, in Penſion wollte ſie gar nicht ſagen, denn ſie hätte wohl be¬ merkt, mit welchem Wohlgefallen ſie die Adelheid immer angeſehen. Und alle dieſe Vortheile und Aus¬ ſichten wolle er muthwillig von ſich ſtoßen. Und warum?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/197
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. [183]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/197>, abgerufen am 29.03.2024.