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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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"Es muß eine Frau von Distinction sein."

"Das will ich meinen, rief der Cornet. 'S ist
ja mein Onkel. Wie wird sich was Ordinaires an
den hängen! -- Onkel, noch einmal, überlaß mirs.
Parole d'honneur, ich handle nur für die Familien¬
ehre, nicht für mich. Eines Abends bring ich sie Dir
im dichten Schleier in die Kaserne. Schubs in die
Thür hinein: Nun versöhnt Euch! -- Nachher will
ich sie auch wieder nach Hause bringen. Kann ein
Neffe mehr für 'nen Onkel thun!"

Der Rittmeister war aufgesprungen. Ein Licht
schien auf seiner Stirn zu leuchten, und doch glänz¬
ten die Augen nicht wie eines Liebenden, der im
Morgenschein ein lieblich Bild sieht, sondern wie
eines aufgeschreckten Schläfers, dem ein Gespenst an
der Wand vorübergleitet:

"Donnerwetter! Schock-Schw -- --!" wenn die
es wäre!"

Da öffnete sich die Thüre und der Gefreite schritt
gravitätisch auf den Wachthabenden los.


„Es muß eine Frau von Diſtinction ſein.“

„Das will ich meinen, rief der Cornet. 'S iſt
ja mein Onkel. Wie wird ſich was Ordinaires an
den hängen! — Onkel, noch einmal, überlaß mirs.
Parole d'honneur, ich handle nur für die Familien¬
ehre, nicht für mich. Eines Abends bring ich ſie Dir
im dichten Schleier in die Kaſerne. Schubs in die
Thür hinein: Nun verſöhnt Euch! — Nachher will
ich ſie auch wieder nach Hauſe bringen. Kann ein
Neffe mehr für 'nen Onkel thun!“

Der Rittmeiſter war aufgeſprungen. Ein Licht
ſchien auf ſeiner Stirn zu leuchten, und doch glänz¬
ten die Augen nicht wie eines Liebenden, der im
Morgenſchein ein lieblich Bild ſieht, ſondern wie
eines aufgeſchreckten Schläfers, dem ein Geſpenſt an
der Wand vorübergleitet:

„Donnerwetter! Schock-Schw — —!“ wenn die
es wäre!“

Da öffnete ſich die Thüre und der Gefreite ſchritt
gravitätiſch auf den Wachthabenden los.


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[202/0212] „Es muß eine Frau von Diſtinction ſein.“ „Das will ich meinen, rief der Cornet. 'S iſt ja mein Onkel. Wie wird ſich was Ordinaires an den hängen! — Onkel, noch einmal, überlaß mirs. Parole d'honneur, ich handle nur für die Familien¬ ehre, nicht für mich. Eines Abends bring ich ſie Dir im dichten Schleier in die Kaſerne. Schubs in die Thür hinein: Nun verſöhnt Euch! — Nachher will ich ſie auch wieder nach Hauſe bringen. Kann ein Neffe mehr für 'nen Onkel thun!“ Der Rittmeiſter war aufgeſprungen. Ein Licht ſchien auf ſeiner Stirn zu leuchten, und doch glänz¬ ten die Augen nicht wie eines Liebenden, der im Morgenſchein ein lieblich Bild ſieht, ſondern wie eines aufgeſchreckten Schläfers, dem ein Geſpenſt an der Wand vorübergleitet: „Donnerwetter! Schock-Schw — —!“ wenn die es wäre!“ Da öffnete ſich die Thüre und der Gefreite ſchritt gravitätiſch auf den Wachthabenden los.

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/212>, abgerufen am 20.04.2024.