Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

mir manches Mal recht angenehm, ja es schmeichelt
mir, wenn ich mich als den Mittelpunkt dieser heitern,
von Geist und Witz funkelnden Kreise betrachte. Aber,
-- sie hielt einen Augenblick inne -- aber, wenn sie
gegangen, die Lichter ausgelöscht sind, überfällt mich
doch wieder, ich weiß nicht was, ein inneres Gähnen,
eine Hohlheit."

"Verlangen Sie von einem Spiel ein Re¬
sultat?"

"Aber von all dem schwirrenden Geschwätz, von
den Händedrücken, den zärtlichen Betheuerungen, was
bleibt denn andres als -- eine Lüge! Ich weiß recht
gut, daß einige von den jungen Leuten, die am Tisch
die Mäßigen gespielt, noch ins Weinhaus eilen, um
sich zu restauriren. Es thun es auch noch andere,
Johannes Müller, Herr Dedel, auch vom Prinzen
weiß ich es. In ihren Symposien machen sie sich
herzlich über uns lustig. Und ich verdenke es ihnen
nicht. Gährt und lacht es doch auch in mir, und
wenn meiner Natur die erhitzenden Getränke nicht
entgegen wären, könnte ich mit ihnen Vergessenheit
trinken wollen. -- Sie sehen mich verwundert an.
Nein, nein, ich versichere Sie, ich empfinde das ganze
Unbehagen, von dem man mir erzählt, daß es die
Schweiger nach ihrem Rausche fühlen."

Van Asten sah sie betroffen an. "Warum stür¬
zen Sie sich denn in die Lüge, wenn Sie ihre Wir¬
kungen kennen?" Er verschluckte es.

"Und wenn die Leute sich auch wirklich amüsirt

mir manches Mal recht angenehm, ja es ſchmeichelt
mir, wenn ich mich als den Mittelpunkt dieſer heitern,
von Geiſt und Witz funkelnden Kreiſe betrachte. Aber,
— ſie hielt einen Augenblick inne — aber, wenn ſie
gegangen, die Lichter ausgelöſcht ſind, überfällt mich
doch wieder, ich weiß nicht was, ein inneres Gähnen,
eine Hohlheit.“

„Verlangen Sie von einem Spiel ein Re¬
ſultat?“

„Aber von all dem ſchwirrenden Geſchwätz, von
den Händedrücken, den zärtlichen Betheuerungen, was
bleibt denn andres als — eine Lüge! Ich weiß recht
gut, daß einige von den jungen Leuten, die am Tiſch
die Mäßigen geſpielt, noch ins Weinhaus eilen, um
ſich zu reſtauriren. Es thun es auch noch andere,
Johannes Müller, Herr Dedel, auch vom Prinzen
weiß ich es. In ihren Sympoſien machen ſie ſich
herzlich über uns luſtig. Und ich verdenke es ihnen
nicht. Gährt und lacht es doch auch in mir, und
wenn meiner Natur die erhitzenden Getränke nicht
entgegen wären, könnte ich mit ihnen Vergeſſenheit
trinken wollen. — Sie ſehen mich verwundert an.
Nein, nein, ich verſichere Sie, ich empfinde das ganze
Unbehagen, von dem man mir erzählt, daß es die
Schweiger nach ihrem Rauſche fühlen.“

Van Aſten ſah ſie betroffen an. „Warum ſtür¬
zen Sie ſich denn in die Lüge, wenn Sie ihre Wir¬
kungen kennen?“ Er verſchluckte es.

„Und wenn die Leute ſich auch wirklich amüſirt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0039" n="29"/>
mir manches Mal recht angenehm, ja es &#x017F;chmeichelt<lb/>
mir, wenn ich mich als den Mittelpunkt die&#x017F;er heitern,<lb/>
von Gei&#x017F;t und Witz funkelnden Krei&#x017F;e betrachte. Aber,<lb/>
&#x2014; &#x017F;ie hielt einen Augenblick inne &#x2014; aber, wenn &#x017F;ie<lb/>
gegangen, die Lichter ausgelö&#x017F;cht &#x017F;ind, überfällt mich<lb/>
doch wieder, ich weiß nicht was, ein inneres Gähnen,<lb/>
eine Hohlheit.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Verlangen Sie von einem Spiel ein Re¬<lb/>
&#x017F;ultat?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber von all dem &#x017F;chwirrenden Ge&#x017F;chwätz, von<lb/>
den Händedrücken, den zärtlichen Betheuerungen, was<lb/>
bleibt denn andres als &#x2014; eine Lüge! Ich weiß recht<lb/>
gut, daß einige von den jungen Leuten, die am Ti&#x017F;ch<lb/>
die Mäßigen ge&#x017F;pielt, noch ins Weinhaus eilen, um<lb/>
&#x017F;ich zu re&#x017F;tauriren. Es thun es auch noch andere,<lb/>
Johannes Müller, Herr Dedel, auch vom Prinzen<lb/>
weiß ich es. In ihren Sympo&#x017F;ien machen &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
herzlich über uns lu&#x017F;tig. Und ich verdenke es ihnen<lb/>
nicht. Gährt und lacht es doch auch in mir, und<lb/>
wenn meiner Natur die erhitzenden Getränke nicht<lb/>
entgegen wären, könnte ich mit ihnen Verge&#x017F;&#x017F;enheit<lb/>
trinken wollen. &#x2014; Sie &#x017F;ehen mich verwundert an.<lb/>
Nein, nein, ich ver&#x017F;ichere Sie, ich empfinde das ganze<lb/>
Unbehagen, von dem man mir erzählt, daß es die<lb/>
Schweiger nach ihrem Rau&#x017F;che fühlen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Van A&#x017F;ten &#x017F;ah &#x017F;ie betroffen an. &#x201E;Warum &#x017F;tür¬<lb/>
zen Sie &#x017F;ich denn in die Lüge, wenn Sie ihre Wir¬<lb/>
kungen kennen?&#x201C; Er ver&#x017F;chluckte es.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und wenn die Leute &#x017F;ich auch wirklich amü&#x017F;irt<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0039] mir manches Mal recht angenehm, ja es ſchmeichelt mir, wenn ich mich als den Mittelpunkt dieſer heitern, von Geiſt und Witz funkelnden Kreiſe betrachte. Aber, — ſie hielt einen Augenblick inne — aber, wenn ſie gegangen, die Lichter ausgelöſcht ſind, überfällt mich doch wieder, ich weiß nicht was, ein inneres Gähnen, eine Hohlheit.“ „Verlangen Sie von einem Spiel ein Re¬ ſultat?“ „Aber von all dem ſchwirrenden Geſchwätz, von den Händedrücken, den zärtlichen Betheuerungen, was bleibt denn andres als — eine Lüge! Ich weiß recht gut, daß einige von den jungen Leuten, die am Tiſch die Mäßigen geſpielt, noch ins Weinhaus eilen, um ſich zu reſtauriren. Es thun es auch noch andere, Johannes Müller, Herr Dedel, auch vom Prinzen weiß ich es. In ihren Sympoſien machen ſie ſich herzlich über uns luſtig. Und ich verdenke es ihnen nicht. Gährt und lacht es doch auch in mir, und wenn meiner Natur die erhitzenden Getränke nicht entgegen wären, könnte ich mit ihnen Vergeſſenheit trinken wollen. — Sie ſehen mich verwundert an. Nein, nein, ich verſichere Sie, ich empfinde das ganze Unbehagen, von dem man mir erzählt, daß es die Schweiger nach ihrem Rauſche fühlen.“ Van Aſten ſah ſie betroffen an. „Warum ſtür¬ zen Sie ſich denn in die Lüge, wenn Sie ihre Wir¬ kungen kennen?“ Er verſchluckte es. „Und wenn die Leute ſich auch wirklich amüſirt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/39
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/39>, abgerufen am 29.03.2024.