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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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"Was sahen Sie in der Gruft?"

"Was ich erwartete, ein romantisches Schauspiel."

"Das zu einem Schluß führt, der Ihnen nicht
gefallen darf."

"Welchen Schluß meinen Sie, Prinzessin? Ich
sah nur einen frappanten Aktschluß. Die Zuschauer
thaten mir leid, daß sie nicht klatschen durften."

"Der Schluß des nächsten Aktes wird blutig
werden."

"Vielleicht, vielleicht auch noch nicht. Man muß
den nächsten Aktaufzug abwarten."

"Ich glaube, Sie werden ihn hier nicht ab¬
warten."

"Das thäte mir um der Gesellschaft willen
leid, die ich sehr ungern verlasse."

"Und was ist der letzte Akt?"

"Der letzte, Prinzessin, wer sieht so weit!"

"Aber Sie sehen etwas vor sich. Sie täuschen
mich nicht."

"Ich sehe allerdings einen folgenden -- einen
der nicht ausbleiben wird, wenn dieser Ernst wird."

"Aber er spielt nicht in der Potsdamer Kirche?"

"Doch -- es wird auch Nacht sein, -- bei
Fackelschein seh ich meinen Kaiser in die geöffnete
Gruft steigen; hinter ihm seine Generalität. Man
wird Friedrichs Sarg öffnen, und Napoleon die
Hand des Gerippes ergreifen."

"Abscheuliche Phantasie!"

"Natürlich nichts als Phantasie! Und er wird

„Was ſahen Sie in der Gruft?“

„Was ich erwartete, ein romantiſches Schauſpiel.“

„Das zu einem Schluß führt, der Ihnen nicht
gefallen darf.“

„Welchen Schluß meinen Sie, Prinzeſſin? Ich
ſah nur einen frappanten Aktſchluß. Die Zuſchauer
thaten mir leid, daß ſie nicht klatſchen durften.“

„Der Schluß des nächſten Aktes wird blutig
werden.“

„Vielleicht, vielleicht auch noch nicht. Man muß
den nächſten Aktaufzug abwarten.“

„Ich glaube, Sie werden ihn hier nicht ab¬
warten.“

„Das thäte mir um der Geſellſchaft willen
leid, die ich ſehr ungern verlaſſe.“

„Und was iſt der letzte Akt?“

„Der letzte, Prinzeſſin, wer ſieht ſo weit!“

„Aber Sie ſehen etwas vor ſich. Sie täuſchen
mich nicht.“

„Ich ſehe allerdings einen folgenden — einen
der nicht ausbleiben wird, wenn dieſer Ernſt wird.“

„Aber er ſpielt nicht in der Potsdamer Kirche?“

„Doch — es wird auch Nacht ſein, — bei
Fackelſchein ſeh ich meinen Kaiſer in die geöffnete
Gruft ſteigen; hinter ihm ſeine Generalität. Man
wird Friedrichs Sarg öffnen, und Napoleon die
Hand des Gerippes ergreifen.“

„Abſcheuliche Phantaſie!“

„Natürlich nichts als Phantaſie! Und er wird

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[162/0172] „Was ſahen Sie in der Gruft?“ „Was ich erwartete, ein romantiſches Schauſpiel.“ „Das zu einem Schluß führt, der Ihnen nicht gefallen darf.“ „Welchen Schluß meinen Sie, Prinzeſſin? Ich ſah nur einen frappanten Aktſchluß. Die Zuſchauer thaten mir leid, daß ſie nicht klatſchen durften.“ „Der Schluß des nächſten Aktes wird blutig werden.“ „Vielleicht, vielleicht auch noch nicht. Man muß den nächſten Aktaufzug abwarten.“ „Ich glaube, Sie werden ihn hier nicht ab¬ warten.“ „Das thäte mir um der Geſellſchaft willen leid, die ich ſehr ungern verlaſſe.“ „Und was iſt der letzte Akt?“ „Der letzte, Prinzeſſin, wer ſieht ſo weit!“ „Aber Sie ſehen etwas vor ſich. Sie täuſchen mich nicht.“ „Ich ſehe allerdings einen folgenden — einen der nicht ausbleiben wird, wenn dieſer Ernſt wird.“ „Aber er ſpielt nicht in der Potsdamer Kirche?“ „Doch — es wird auch Nacht ſein, — bei Fackelſchein ſeh ich meinen Kaiſer in die geöffnete Gruft ſteigen; hinter ihm ſeine Generalität. Man wird Friedrichs Sarg öffnen, und Napoleon die Hand des Gerippes ergreifen.“ „Abſcheuliche Phantaſie!“ „Natürlich nichts als Phantaſie! Und er wird

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/172>, abgerufen am 25.04.2024.