Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
Neuntes Kapitel.
Bekenntnisse schöner Seelen.

Als die Fürstin in ihren dichten Zobelpelz gegen
die kalte Morgenluft verhüllt, in den Wagen stieg,
um in seinen weichen Polstern einer Reihe seltsamer
Gedanken Audienz zu geben, war sie nicht wenig
betroffen, noch Jemand darin zu finden. Es war zu
spät zum Schreien; die Thür war zugeschlagen, die
Jäger hatten sich aufgeschwungen und der Wagen
rasselte schon über das unebene Pflaster nach dem
Berliner Thor zu.

Es war übrigens wohl Grund zum betroffen
sein, aber nicht zum Schreck, als die weichen Hände
der Baronin Eitelbach die der Fürstin erfaßten. Sie
bat sie mit einer mit Thränen kämpfenden Stimme
um Verzeihung wegen der Attrape, aber sie habe sie
sprechen müssen, koste es was es wolle. Deshalb
nach Potsdam gekommen, habe sie von Stunde zu
Stunde vergebens auf den Augenblick gewartet, mit
ihr allein zu sein, und endlich diese kleine List sich
erlaubt, um der einzigen Frau, die Theilnahme für

Neuntes Kapitel.
Bekenntniſſe ſchöner Seelen.

Als die Fürſtin in ihren dichten Zobelpelz gegen
die kalte Morgenluft verhüllt, in den Wagen ſtieg,
um in ſeinen weichen Polſtern einer Reihe ſeltſamer
Gedanken Audienz zu geben, war ſie nicht wenig
betroffen, noch Jemand darin zu finden. Es war zu
ſpät zum Schreien; die Thür war zugeſchlagen, die
Jäger hatten ſich aufgeſchwungen und der Wagen
raſſelte ſchon über das unebene Pflaſter nach dem
Berliner Thor zu.

Es war übrigens wohl Grund zum betroffen
ſein, aber nicht zum Schreck, als die weichen Hände
der Baronin Eitelbach die der Fürſtin erfaßten. Sie
bat ſie mit einer mit Thränen kämpfenden Stimme
um Verzeihung wegen der Attrape, aber ſie habe ſie
ſprechen müſſen, koſte es was es wolle. Deshalb
nach Potsdam gekommen, habe ſie von Stunde zu
Stunde vergebens auf den Augenblick gewartet, mit
ihr allein zu ſein, und endlich dieſe kleine Liſt ſich
erlaubt, um der einzigen Frau, die Theilnahme für

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0174" n="[164]"/>
      <div n="1">
        <head>Neuntes Kapitel.<lb/><hi rendition="#b">Bekenntni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;chöner Seelen.</hi><lb/></head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Als die Für&#x017F;tin in ihren dichten Zobelpelz gegen<lb/>
die kalte Morgenluft verhüllt, in den Wagen &#x017F;tieg,<lb/>
um in &#x017F;einen weichen Pol&#x017F;tern einer Reihe &#x017F;elt&#x017F;amer<lb/>
Gedanken Audienz zu geben, war &#x017F;ie nicht wenig<lb/>
betroffen, noch Jemand darin zu finden. Es war zu<lb/>
&#x017F;pät zum Schreien; die Thür war zuge&#x017F;chlagen, die<lb/>
Jäger hatten &#x017F;ich aufge&#x017F;chwungen und der Wagen<lb/>
ra&#x017F;&#x017F;elte &#x017F;chon über das unebene Pfla&#x017F;ter nach dem<lb/>
Berliner Thor zu.</p><lb/>
        <p>Es war übrigens wohl Grund zum betroffen<lb/>
&#x017F;ein, aber nicht zum Schreck, als die weichen Hände<lb/>
der Baronin Eitelbach die der Für&#x017F;tin erfaßten. Sie<lb/>
bat &#x017F;ie mit einer mit Thränen kämpfenden Stimme<lb/>
um Verzeihung wegen der Attrape, aber &#x017F;ie habe &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;prechen mü&#x017F;&#x017F;en, ko&#x017F;te es was es wolle. Deshalb<lb/>
nach Potsdam gekommen, habe &#x017F;ie von Stunde zu<lb/>
Stunde vergebens auf den Augenblick gewartet, mit<lb/>
ihr allein zu &#x017F;ein, und endlich die&#x017F;e kleine Li&#x017F;t &#x017F;ich<lb/>
erlaubt, um der einzigen Frau, die Theilnahme für<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[164]/0174] Neuntes Kapitel. Bekenntniſſe ſchöner Seelen. Als die Fürſtin in ihren dichten Zobelpelz gegen die kalte Morgenluft verhüllt, in den Wagen ſtieg, um in ſeinen weichen Polſtern einer Reihe ſeltſamer Gedanken Audienz zu geben, war ſie nicht wenig betroffen, noch Jemand darin zu finden. Es war zu ſpät zum Schreien; die Thür war zugeſchlagen, die Jäger hatten ſich aufgeſchwungen und der Wagen raſſelte ſchon über das unebene Pflaſter nach dem Berliner Thor zu. Es war übrigens wohl Grund zum betroffen ſein, aber nicht zum Schreck, als die weichen Hände der Baronin Eitelbach die der Fürſtin erfaßten. Sie bat ſie mit einer mit Thränen kämpfenden Stimme um Verzeihung wegen der Attrape, aber ſie habe ſie ſprechen müſſen, koſte es was es wolle. Deshalb nach Potsdam gekommen, habe ſie von Stunde zu Stunde vergebens auf den Augenblick gewartet, mit ihr allein zu ſein, und endlich dieſe kleine Liſt ſich erlaubt, um der einzigen Frau, die Theilnahme für

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/174
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. [164]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/174>, abgerufen am 28.03.2024.