Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

zu, und die klappenden Hacken auf dem Pflaster deu¬
teten auf ein Laufen. Eine Art Verfolgung mußte
sein, aber die Verfolgten, wie immer Straßenjun¬
gen voran, jauchzten zugleich wie in einem Triumph¬
gesang.

"Die Sache wird ernsthafter. Sie möchten sich
umsehn, Asten, was es giebt."

Die Dienerschaft unten hatte sich schon um¬
gesehen und der Haushofmeister kam eben mit einem
Rapport herauf, der von den Ausrufungen, die man
jetzt deutlich von der Straße hörte, unterstützt ward.

Es war allerdings ein Straßenscandal, doch
ernsterer Art. Viele junge Gensdarmen und Garde
du Corps waren von einem lustigen Gelage in Char¬
lottenburg spät zurückgekehrt. Der Wein sollte in
Strömen geflossen sein. Gläser klangen, zerbrachen,
einige waren sogar durch die Fenster geflogen. Es
galt aber weder der Schick noch der Unzelmann, son¬
dern den Franzosen und Napoleon. Man hatte sich
in einen Harnisch getrunken, gesungen und votirt.
Beim weiten Wege durch den nächtlichen Thier¬
garten war der Rausch nicht verraucht, vielleicht hatte
der Anblick der Victoria auf dem Brandenburger
Thore ihn noch erhöht. Die Kühnsten vorauf waren
als Sieger durchgesprengt. Wo es beschlossen wor¬
den, ob hier erst, oder schon in Charlottenburg, weiß
man nicht. Plötzlich war man abgesessen und nach
dem Hotel des französischen Gesandten gezogen. Der
eigentliche Hergang ward verschieden erzählt, man

zu, und die klappenden Hacken auf dem Pflaſter deu¬
teten auf ein Laufen. Eine Art Verfolgung mußte
ſein, aber die Verfolgten, wie immer Straßenjun¬
gen voran, jauchzten zugleich wie in einem Triumph¬
geſang.

„Die Sache wird ernſthafter. Sie möchten ſich
umſehn, Aſten, was es giebt.“

Die Dienerſchaft unten hatte ſich ſchon um¬
geſehen und der Haushofmeiſter kam eben mit einem
Rapport herauf, der von den Ausrufungen, die man
jetzt deutlich von der Straße hörte, unterſtützt ward.

Es war allerdings ein Straßenſcandal, doch
ernſterer Art. Viele junge Gensdarmen und Garde
du Corps waren von einem luſtigen Gelage in Char¬
lottenburg ſpät zurückgekehrt. Der Wein ſollte in
Strömen gefloſſen ſein. Gläſer klangen, zerbrachen,
einige waren ſogar durch die Fenſter geflogen. Es
galt aber weder der Schick noch der Unzelmann, ſon¬
dern den Franzoſen und Napoleon. Man hatte ſich
in einen Harniſch getrunken, geſungen und votirt.
Beim weiten Wege durch den nächtlichen Thier¬
garten war der Rauſch nicht verraucht, vielleicht hatte
der Anblick der Victoria auf dem Brandenburger
Thore ihn noch erhöht. Die Kühnſten vorauf waren
als Sieger durchgeſprengt. Wo es beſchloſſen wor¬
den, ob hier erſt, oder ſchon in Charlottenburg, weiß
man nicht. Plötzlich war man abgeſeſſen und nach
dem Hotel des franzöſiſchen Geſandten gezogen. Der
eigentliche Hergang ward verſchieden erzählt, man

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0062" n="52"/>
zu, und die klappenden Hacken auf dem Pfla&#x017F;ter deu¬<lb/>
teten auf ein Laufen. Eine Art Verfolgung mußte<lb/>
&#x017F;ein, aber die Verfolgten, wie immer Straßenjun¬<lb/>
gen voran, jauchzten zugleich wie in einem Triumph¬<lb/>
ge&#x017F;ang.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Sache wird ern&#x017F;thafter. Sie möchten &#x017F;ich<lb/>
um&#x017F;ehn, A&#x017F;ten, was es giebt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Die Diener&#x017F;chaft unten hatte &#x017F;ich &#x017F;chon um¬<lb/>
ge&#x017F;ehen und der Haushofmei&#x017F;ter kam eben mit einem<lb/>
Rapport herauf, der von den Ausrufungen, die man<lb/>
jetzt deutlich von der Straße hörte, unter&#x017F;tützt ward.</p><lb/>
        <p>Es war allerdings ein Straßen&#x017F;candal, doch<lb/>
ern&#x017F;terer Art. Viele junge Gensdarmen und Garde<lb/>
du Corps waren von einem lu&#x017F;tigen Gelage in Char¬<lb/>
lottenburg &#x017F;pät zurückgekehrt. Der Wein &#x017F;ollte in<lb/>
Strömen geflo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ein. Glä&#x017F;er klangen, zerbrachen,<lb/>
einige waren &#x017F;ogar durch die Fen&#x017F;ter geflogen. Es<lb/>
galt aber weder der Schick noch der Unzelmann, &#x017F;on¬<lb/>
dern den Franzo&#x017F;en und Napoleon. Man hatte &#x017F;ich<lb/>
in einen Harni&#x017F;ch getrunken, ge&#x017F;ungen und votirt.<lb/>
Beim weiten Wege durch den nächtlichen Thier¬<lb/>
garten war der Rau&#x017F;ch nicht verraucht, vielleicht hatte<lb/>
der Anblick der Victoria auf dem Brandenburger<lb/>
Thore ihn noch erhöht. Die Kühn&#x017F;ten vorauf waren<lb/>
als Sieger durchge&#x017F;prengt. Wo es be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en wor¬<lb/>
den, ob hier er&#x017F;t, oder &#x017F;chon in Charlottenburg, weiß<lb/>
man nicht. Plötzlich war man abge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en und nach<lb/>
dem Hotel des franzö&#x017F;i&#x017F;chen Ge&#x017F;andten gezogen. Der<lb/>
eigentliche Hergang ward ver&#x017F;chieden erzählt, man<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0062] zu, und die klappenden Hacken auf dem Pflaſter deu¬ teten auf ein Laufen. Eine Art Verfolgung mußte ſein, aber die Verfolgten, wie immer Straßenjun¬ gen voran, jauchzten zugleich wie in einem Triumph¬ geſang. „Die Sache wird ernſthafter. Sie möchten ſich umſehn, Aſten, was es giebt.“ Die Dienerſchaft unten hatte ſich ſchon um¬ geſehen und der Haushofmeiſter kam eben mit einem Rapport herauf, der von den Ausrufungen, die man jetzt deutlich von der Straße hörte, unterſtützt ward. Es war allerdings ein Straßenſcandal, doch ernſterer Art. Viele junge Gensdarmen und Garde du Corps waren von einem luſtigen Gelage in Char¬ lottenburg ſpät zurückgekehrt. Der Wein ſollte in Strömen gefloſſen ſein. Gläſer klangen, zerbrachen, einige waren ſogar durch die Fenſter geflogen. Es galt aber weder der Schick noch der Unzelmann, ſon¬ dern den Franzoſen und Napoleon. Man hatte ſich in einen Harniſch getrunken, geſungen und votirt. Beim weiten Wege durch den nächtlichen Thier¬ garten war der Rauſch nicht verraucht, vielleicht hatte der Anblick der Victoria auf dem Brandenburger Thore ihn noch erhöht. Die Kühnſten vorauf waren als Sieger durchgeſprengt. Wo es beſchloſſen wor¬ den, ob hier erſt, oder ſchon in Charlottenburg, weiß man nicht. Plötzlich war man abgeſeſſen und nach dem Hotel des franzöſiſchen Geſandten gezogen. Der eigentliche Hergang ward verſchieden erzählt, man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/62
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/62>, abgerufen am 16.04.2024.