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Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

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Hermann Conradi.

Jach sind mir Freud und Lust erstarrt,
Nun liegt's auf mir so bleiern
Nach all' dem lust'gen Feiern,
Dem Schwärmen bei Nacht und bei Tag ...

Das war ein tolles Zechen --
Wir wurden's schier nicht satt --
Jach starb mir da der blüh'nde Scherz,
Nun liegt's auf mir wie schweres Erz,
Als wollte das Hirn mir zerbrechen --
Nach all' dem lust'gen Zechen,
Dem Schwärmen bei Nacht und bei Tag ...
Das war ein keck Erfassen
Des Lebens in jauchzender Lust --
Nun liegt's mir vor Augen so todt und so fahl,
Aufschreit in der Brust mir Titanenqual --
Als sollte die Welt ich nun hassen --
So ward mir nach all' dem Erfassen
Des Lebens in jauchzender Lust!


Entlarvung.

Originalbeitrag.

Ihr habt geschwelgt in Sünden,
In Sünden sonder Zahl!
Aus euren Augen grinst der Tod
Und euer Wort ist schaal!
Und euer Schwert zerfrist der Rost --
Dieweil mit Dirnen ihr gekost,
Da rangen wir, vom Sturm umtost,
Im nächt'gen Todesthal!
Ihr habt geschwelgt in Sünden,
In Sünden sonder Zahl!
Zerbrochen liegt des Lichts Panier,
Zerbrochen der heilige Gral!
Ihr habt verkauft der Seele Gluth,
Verkauft des Herzens Heldenmuth,
Wie ein gemein verächtlich Gut
Ja! -- um ein Sclavenmal!

Hermann Conradi.

Jach ſind mir Freud und Luſt erſtarrt,
Nun liegt’s auf mir ſo bleiern
Nach all’ dem luſt’gen Feiern,
Dem Schwärmen bei Nacht und bei Tag …

Das war ein tolles Zechen —
Wir wurden’s ſchier nicht ſatt —
Jach ſtarb mir da der blüh’nde Scherz,
Nun liegt’s auf mir wie ſchweres Erz,
Als wollte das Hirn mir zerbrechen —
Nach all’ dem luſt’gen Zechen,
Dem Schwärmen bei Nacht und bei Tag …
Das war ein keck Erfaſſen
Des Lebens in jauchzender Luſt —
Nun liegt’s mir vor Augen ſo todt und ſo fahl,
Aufſchreit in der Bruſt mir Titanenqual —
Als ſollte die Welt ich nun haſſen
So ward mir nach all’ dem Erfaſſen
Des Lebens in jauchzender Luſt!


Entlarvung.

Originalbeitrag.

Ihr habt geſchwelgt in Sünden,
In Sünden ſonder Zahl!
Aus euren Augen grinſt der Tod
Und euer Wort iſt ſchaal!
Und euer Schwert zerfriſt der Roſt —
Dieweil mit Dirnen ihr gekoſt,
Da rangen wir, vom Sturm umtoſt,
Im nächt’gen Todesthal!
Ihr habt geſchwelgt in Sünden,
In Sünden ſonder Zahl!
Zerbrochen liegt des Lichts Panier,
Zerbrochen der heilige Gral!
Ihr habt verkauft der Seele Gluth,
Verkauft des Herzens Heldenmuth,
Wie ein gemein verächtlich Gut
Ja! — um ein Sclavenmal!

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[102/0120] Hermann Conradi. Jach ſind mir Freud und Luſt erſtarrt, Nun liegt’s auf mir ſo bleiern Nach all’ dem luſt’gen Feiern, Dem Schwärmen bei Nacht und bei Tag … Das war ein tolles Zechen — Wir wurden’s ſchier nicht ſatt — Jach ſtarb mir da der blüh’nde Scherz, Nun liegt’s auf mir wie ſchweres Erz, Als wollte das Hirn mir zerbrechen — Nach all’ dem luſt’gen Zechen, Dem Schwärmen bei Nacht und bei Tag … Das war ein keck Erfaſſen Des Lebens in jauchzender Luſt — Nun liegt’s mir vor Augen ſo todt und ſo fahl, Aufſchreit in der Bruſt mir Titanenqual — Als ſollte die Welt ich nun haſſen — So ward mir nach all’ dem Erfaſſen Des Lebens in jauchzender Luſt! Entlarvung. Originalbeitrag. Ihr habt geſchwelgt in Sünden, In Sünden ſonder Zahl! Aus euren Augen grinſt der Tod Und euer Wort iſt ſchaal! Und euer Schwert zerfriſt der Roſt — Dieweil mit Dirnen ihr gekoſt, Da rangen wir, vom Sturm umtoſt, Im nächt’gen Todesthal! Ihr habt geſchwelgt in Sünden, In Sünden ſonder Zahl! Zerbrochen liegt des Lichts Panier, Zerbrochen der heilige Gral! Ihr habt verkauft der Seele Gluth, Verkauft des Herzens Heldenmuth, Wie ein gemein verächtlich Gut Ja! — um ein Sclavenmal!

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Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/120>, abgerufen am 25.04.2024.