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Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

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Oskar Jerschke.
Es sausen die Hämmer und dröhnen
Auf Silber, auf Gold und auf Blei,
Maschinen rasseln und stöhnen
Ein gellendes Einerlei.
Kaum kann der Donner dringen
Durch all der Fabriken Gebraus,
Und Lieder und Glockenklingen
Verschwimmen im Rädergesaus.


Für die Zukunft.

Originalbeitrag.

Wer heut' nicht die eigenen Zeiten versteht,
Den lasse der Himmel nur sterben,
Eh' die glimmende Welt in Flammen aufgeht
Und die Marmorpaläste verderben;
Eh' die Throne versinken im siedenden Meer
Und der Blutrauch dampft durch die Gassen einher.
Glückselig die Menschen, die taumelfroh
Sich durch das Jahrhundert trollen,
Champagner trinken, ob lichterloh
Auch draußen die Blitze rollen,
Die nie beim Gelag' der Gedanke bedräut:
"Die Welt kann nimmer so bleiben wie heut".
Hier Haufen von Gold und Demant und Geschmeid',
Dort auch nicht ein Heller zu finden;
Hier brausende, sausende Herrlichkeit,
Dort trockene Schwarzbrodrinden.
Gott-Vater im Himmel schick' einen Prophet',
Der der Welt in's Gewissen zu reden versteht.
Schick' einen Propheten in's gährende Land,
Der soll die Paläste besuchen,
Der soll an die marmorspiegelnde Wand
In Flammenschrift schreiben und buchen,
Auf daß es die Prasser mit Grausen erfaßt:
Auf einem Vulkan steht unser Palast.

Oskar Jerſchke.
Es ſauſen die Hämmer und dröhnen
Auf Silber, auf Gold und auf Blei,
Maſchinen raſſeln und ſtöhnen
Ein gellendes Einerlei.
Kaum kann der Donner dringen
Durch all der Fabriken Gebraus,
Und Lieder und Glockenklingen
Verſchwimmen im Rädergeſaus.


Für die Zukunft.

Originalbeitrag.

Wer heut’ nicht die eigenen Zeiten verſteht,
Den laſſe der Himmel nur ſterben,
Eh’ die glimmende Welt in Flammen aufgeht
Und die Marmorpaläſte verderben;
Eh’ die Throne verſinken im ſiedenden Meer
Und der Blutrauch dampft durch die Gaſſen einher.
Glückſelig die Menſchen, die taumelfroh
Sich durch das Jahrhundert trollen,
Champagner trinken, ob lichterloh
Auch draußen die Blitze rollen,
Die nie beim Gelag’ der Gedanke bedräut:
„Die Welt kann nimmer ſo bleiben wie heut“.
Hier Haufen von Gold und Demant und Geſchmeid’,
Dort auch nicht ein Heller zu finden;
Hier brauſende, ſauſende Herrlichkeit,
Dort trockene Schwarzbrodrinden.
Gott-Vater im Himmel ſchick’ einen Prophet’,
Der der Welt in’s Gewiſſen zu reden verſteht.
Schick’ einen Propheten in’s gährende Land,
Der ſoll die Paläſte beſuchen,
Der ſoll an die marmorſpiegelnde Wand
In Flammenſchrift ſchreiben und buchen,
Auf daß es die Praſſer mit Grauſen erfaßt:
Auf einem Vulkan ſteht unſer Palaſt.

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[166/0184] Oskar Jerſchke. Es ſauſen die Hämmer und dröhnen Auf Silber, auf Gold und auf Blei, Maſchinen raſſeln und ſtöhnen Ein gellendes Einerlei. Kaum kann der Donner dringen Durch all der Fabriken Gebraus, Und Lieder und Glockenklingen Verſchwimmen im Rädergeſaus. Für die Zukunft. Originalbeitrag. Wer heut’ nicht die eigenen Zeiten verſteht, Den laſſe der Himmel nur ſterben, Eh’ die glimmende Welt in Flammen aufgeht Und die Marmorpaläſte verderben; Eh’ die Throne verſinken im ſiedenden Meer Und der Blutrauch dampft durch die Gaſſen einher. Glückſelig die Menſchen, die taumelfroh Sich durch das Jahrhundert trollen, Champagner trinken, ob lichterloh Auch draußen die Blitze rollen, Die nie beim Gelag’ der Gedanke bedräut: „Die Welt kann nimmer ſo bleiben wie heut“. Hier Haufen von Gold und Demant und Geſchmeid’, Dort auch nicht ein Heller zu finden; Hier brauſende, ſauſende Herrlichkeit, Dort trockene Schwarzbrodrinden. Gott-Vater im Himmel ſchick’ einen Prophet’, Der der Welt in’s Gewiſſen zu reden verſteht. Schick’ einen Propheten in’s gährende Land, Der ſoll die Paläſte beſuchen, Der ſoll an die marmorſpiegelnde Wand In Flammenſchrift ſchreiben und buchen, Auf daß es die Praſſer mit Grauſen erfaßt: Auf einem Vulkan ſteht unſer Palaſt.

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Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/184>, abgerufen am 19.04.2024.