Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

Bild:
<< vorherige Seite
Julius Hart.
Abschied.
1880.
Süße und geliebte Dame,
Meiner Seele schöne Fürstin, --
Stets gepriesen sei dein Name! --
Wundenkrank und blaß vom Grame
Biet' ich dir den letzten Gruß.
Bei der Lampe fahlem Scheine,
In dem düstren Wirthshaus träum' ich
Einsam nun und ganz alleine
Hinter schwerem Spanierweine,
Trinke seinen heißen Duft.
Ha ... wie strömt's da auf mich nieder,
Schwinden nicht die dunklen Bogen?
Jasminduft ... weiß blüht der Flieder,
Sommernacht umfängt mich wieder,
Silbern blitzt die feuchte Luft.
Mondlicht ... Blüthenduft ... und drüben
Schlag der Nachtigall im Laubwerk ...
Sanfte Citherklänge hüben,
Und aus meiner Seele trüben
Kammern wichen Leid und Angst.
Ei, was war mir alles Hassen,
Dachte nur an Deine Schönheit,
Als Du hinschrittst durch die Gassen
Einstmals, stand ich ganz verlassen
An der Kirche dunklem Thor.
Stand und sah dich! -- Wie durchflossen
Plötzlich Licht und Gluth mein Dasein,
Sonnen mir im Herzen sprossen,
Welten sah ich aufgeschlossen,
Und ich fühlte Gottes Kuß.

4
Julius Hart.
Abſchied.
1880.
Süße und geliebte Dame,
Meiner Seele ſchöne Fürſtin, —
Stets geprieſen ſei dein Name! —
Wundenkrank und blaß vom Grame
Biet’ ich dir den letzten Gruß.
Bei der Lampe fahlem Scheine,
In dem düſtren Wirthshaus träum’ ich
Einſam nun und ganz alleine
Hinter ſchwerem Spanierweine,
Trinke ſeinen heißen Duft.
Ha … wie ſtrömt’s da auf mich nieder,
Schwinden nicht die dunklen Bogen?
Jasminduft … weiß blüht der Flieder,
Sommernacht umfängt mich wieder,
Silbern blitzt die feuchte Luft.
Mondlicht … Blüthenduft … und drüben
Schlag der Nachtigall im Laubwerk …
Sanfte Citherklänge hüben,
Und aus meiner Seele trüben
Kammern wichen Leid und Angſt.
Ei, was war mir alles Haſſen,
Dachte nur an Deine Schönheit,
Als Du hinſchrittſt durch die Gaſſen
Einſtmals, ſtand ich ganz verlaſſen
An der Kirche dunklem Thor.
Stand und ſah dich! — Wie durchfloſſen
Plötzlich Licht und Gluth mein Daſein,
Sonnen mir im Herzen ſproſſen,
Welten ſah ich aufgeſchloſſen,
Und ich fühlte Gottes Kuß.

4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0067" n="49"/>
        <fw place="top" type="header">Julius Hart.</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#b">Ab&#x017F;chied.</hi><lb/>
1880.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Süße und geliebte Dame,</l><lb/>
              <l>Meiner Seele &#x017F;chöne Für&#x017F;tin, &#x2014;</l><lb/>
              <l>Stets geprie&#x017F;en &#x017F;ei dein Name! &#x2014;</l><lb/>
              <l>Wundenkrank und blaß vom Grame</l><lb/>
              <l>Biet&#x2019; ich dir den letzten Gruß.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Bei der Lampe fahlem Scheine,</l><lb/>
              <l>In dem dü&#x017F;tren Wirthshaus träum&#x2019; ich</l><lb/>
              <l>Ein&#x017F;am nun und ganz alleine</l><lb/>
              <l>Hinter &#x017F;chwerem Spanierweine,</l><lb/>
              <l>Trinke &#x017F;einen heißen Duft.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Ha &#x2026; wie &#x017F;trömt&#x2019;s da auf mich nieder,</l><lb/>
              <l>Schwinden nicht die dunklen Bogen?</l><lb/>
              <l>Jasminduft &#x2026; weiß blüht der Flieder,</l><lb/>
              <l>Sommernacht umfängt mich wieder,</l><lb/>
              <l>Silbern blitzt die feuchte Luft.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Mondlicht &#x2026; Blüthenduft &#x2026; und drüben</l><lb/>
              <l>Schlag der Nachtigall im Laubwerk &#x2026;</l><lb/>
              <l>Sanfte Citherklänge hüben,</l><lb/>
              <l>Und aus meiner Seele trüben</l><lb/>
              <l>Kammern wichen Leid und Ang&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Ei, was war mir alles Ha&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Dachte nur an Deine Schönheit,</l><lb/>
              <l>Als Du hin&#x017F;chritt&#x017F;t durch die Ga&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
              <l>Ein&#x017F;tmals, &#x017F;tand ich ganz verla&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
              <l>An der Kirche dunklem Thor.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Stand und &#x017F;ah dich! &#x2014; Wie durchflo&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
              <l>Plötzlich Licht und Gluth mein Da&#x017F;ein,</l><lb/>
              <l>Sonnen mir im Herzen &#x017F;pro&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Welten &#x017F;ah ich aufge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Und ich fühlte Gottes Kuß.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">4</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0067] Julius Hart. Abſchied. 1880. Süße und geliebte Dame, Meiner Seele ſchöne Fürſtin, — Stets geprieſen ſei dein Name! — Wundenkrank und blaß vom Grame Biet’ ich dir den letzten Gruß. Bei der Lampe fahlem Scheine, In dem düſtren Wirthshaus träum’ ich Einſam nun und ganz alleine Hinter ſchwerem Spanierweine, Trinke ſeinen heißen Duft. Ha … wie ſtrömt’s da auf mich nieder, Schwinden nicht die dunklen Bogen? Jasminduft … weiß blüht der Flieder, Sommernacht umfängt mich wieder, Silbern blitzt die feuchte Luft. Mondlicht … Blüthenduft … und drüben Schlag der Nachtigall im Laubwerk … Sanfte Citherklänge hüben, Und aus meiner Seele trüben Kammern wichen Leid und Angſt. Ei, was war mir alles Haſſen, Dachte nur an Deine Schönheit, Als Du hinſchrittſt durch die Gaſſen Einſtmals, ſtand ich ganz verlaſſen An der Kirche dunklem Thor. Stand und ſah dich! — Wie durchfloſſen Plötzlich Licht und Gluth mein Daſein, Sonnen mir im Herzen ſproſſen, Welten ſah ich aufgeſchloſſen, Und ich fühlte Gottes Kuß. 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/67
Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/67>, abgerufen am 25.04.2024.