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Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

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Hermann Conradi.
Denn ich bin müde! . . Blüht auch noch mein Mark,
Und blitzt mein Auge noch begeist'rungstrunken!
Hält auch die Faust ihr Schwert noch heldenstark,
Und loh'n in mir des Hasses wilde Funken --
Des Hasses, der mit unbarmherz'gem Stahl
Ausbrennen soll der Lüge Sclavenmal ...:
Ich bin doch müde! . . Drum, wie schön wird's sein,
Darf ich mit dir im blüthenreichen Garten,
Hält ihn verzaubert weißer Vollmondschein,
Mit süßem Eifer uns'rer Liebe warten!...
Ich lieg' an deiner Brust -- es schweigt der Groll -- --
Uns aber segnet die Liebe, die ew'gen Glückes voll! . .


Purgatorio.

Originalbeitrag.

Zieh' ein, o Schmerz,
Und weihe dies Herz,
Das lange sich deiner gewehrt hat!
Und in flammendem Groll
Gegen des Lebens Zoll,
Gegen deine Macht sich empört hat!
Zieh' ein, o Schmerz,
Und läut're dies Herz --
Ich geb' es besiegt dir zu eigen!
Und erbarmungslos
Entlös' deinem Schooß
Der Qualen nachtlockigen Reigen!
Zieh' ein, o Schmerz,
Und heil'ge dies Herz --
Furch' deine Flammenspuren!
Was morsch ist, zerbrich,
Bis das Gemeine entwich,
Und die Flitter von dannen fuhren!

Hermann Conradi.
Denn ich bin müde! . . Blüht auch noch mein Mark,
Und blitzt mein Auge noch begeiſt’rungstrunken!
Hält auch die Fauſt ihr Schwert noch heldenſtark,
Und loh’n in mir des Haſſes wilde Funken —
Des Haſſes, der mit unbarmherz’gem Stahl
Ausbrennen ſoll der Lüge Sclavenmal …:
Ich bin doch müde! . . Drum, wie ſchön wird’s ſein,
Darf ich mit dir im blüthenreichen Garten,
Hält ihn verzaubert weißer Vollmondſchein,
Mit ſüßem Eifer unſ’rer Liebe warten!…
Ich lieg’ an deiner Bruſt — es ſchweigt der Groll — —
Uns aber ſegnet die Liebe, die ew’gen Glückes voll! . .


Purgatorio.

Originalbeitrag.

Zieh’ ein, o Schmerz,
Und weihe dies Herz,
Das lange ſich deiner gewehrt hat!
Und in flammendem Groll
Gegen des Lebens Zoll,
Gegen deine Macht ſich empört hat!
Zieh’ ein, o Schmerz,
Und läut’re dies Herz —
Ich geb’ es beſiegt dir zu eigen!
Und erbarmungslos
Entlöſ’ deinem Schooß
Der Qualen nachtlockigen Reigen!
Zieh’ ein, o Schmerz,
Und heil’ge dies Herz —
Furch’ deine Flammenſpuren!
Was morſch iſt, zerbrich,
Bis das Gemeine entwich,
Und die Flitter von dannen fuhren!

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[96/0114] Hermann Conradi. Denn ich bin müde! . . Blüht auch noch mein Mark, Und blitzt mein Auge noch begeiſt’rungstrunken! Hält auch die Fauſt ihr Schwert noch heldenſtark, Und loh’n in mir des Haſſes wilde Funken — Des Haſſes, der mit unbarmherz’gem Stahl Ausbrennen ſoll der Lüge Sclavenmal …: Ich bin doch müde! . . Drum, wie ſchön wird’s ſein, Darf ich mit dir im blüthenreichen Garten, Hält ihn verzaubert weißer Vollmondſchein, Mit ſüßem Eifer unſ’rer Liebe warten!… Ich lieg’ an deiner Bruſt — es ſchweigt der Groll — — Uns aber ſegnet die Liebe, die ew’gen Glückes voll! . . Purgatorio. Originalbeitrag. Zieh’ ein, o Schmerz, Und weihe dies Herz, Das lange ſich deiner gewehrt hat! Und in flammendem Groll Gegen des Lebens Zoll, Gegen deine Macht ſich empört hat! Zieh’ ein, o Schmerz, Und läut’re dies Herz — Ich geb’ es beſiegt dir zu eigen! Und erbarmungslos Entlöſ’ deinem Schooß Der Qualen nachtlockigen Reigen! Zieh’ ein, o Schmerz, Und heil’ge dies Herz — Furch’ deine Flammenſpuren! Was morſch iſt, zerbrich, Bis das Gemeine entwich, Und die Flitter von dannen fuhren!

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Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/114>, abgerufen am 19.04.2024.