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Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

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Heinrich Hart.
Durch das Herz geht ihr ein Beben,
Träumend neigt sie ihr Gesicht,
In der Luft beginnt's zu weben,
Silbern rinnt des Mondes Licht.
Die noch schlafen, aus den Wäldern
Rauscht's wie leiser Vogelsang,
Die noch keimen, von den Feldern
Blüht's wie Duft das Thal entlang.
Flammen leuchten durch die Ferne,
Unhörbare Winde weh'n
Und das Aug' von Stern zu Sterne
Kann den Himmel offen seh'n.
Liebste, siehst Du rings es glimmen,
Siehst Du rings den goldnen Schein,
Hörst Du rings die tausend Stimmen?
Erde saugt den Himmel ein.
Liebste, laß in Dir die Schauer
Weben dieser heil'gen Nacht,
Keines Winters düst're Trauer
Hat nun fürder ob uns Macht.
Und wie diese Nacht, so prächtig,
Wird ob unserm Leben stehn,
Unsre Liebe, lenzesmächtig
Wird sie durch die Seele wehn.
Tausend Blüthen wird sie reifen,
Uns mit tausend Kränzen zier'n,
Wird mit lauen Winden streifen
Allen Staub von unsrer Stirn.
Nach den Tagen heiß vom Ringen
Wird sie mondesglanzgeweiht,
Uns mit heimlich süßem Klingen
Wiegen in Traumseligkeit.

Heinrich Hart.
Durch das Herz geht ihr ein Beben,
Träumend neigt ſie ihr Geſicht,
In der Luft beginnt’s zu weben,
Silbern rinnt des Mondes Licht.
Die noch ſchlafen, aus den Wäldern
Rauſcht’s wie leiſer Vogelſang,
Die noch keimen, von den Feldern
Blüht’s wie Duft das Thal entlang.
Flammen leuchten durch die Ferne,
Unhörbare Winde weh’n
Und das Aug’ von Stern zu Sterne
Kann den Himmel offen ſeh’n.
Liebſte, ſiehſt Du rings es glimmen,
Siehſt Du rings den goldnen Schein,
Hörſt Du rings die tauſend Stimmen?
Erde ſaugt den Himmel ein.
Liebſte, laß in Dir die Schauer
Weben dieſer heil’gen Nacht,
Keines Winters düſt’re Trauer
Hat nun fürder ob uns Macht.
Und wie dieſe Nacht, ſo prächtig,
Wird ob unſerm Leben ſtehn,
Unſre Liebe, lenzesmächtig
Wird ſie durch die Seele wehn.
Tauſend Blüthen wird ſie reifen,
Uns mit tauſend Kränzen zier’n,
Wird mit lauen Winden ſtreifen
Allen Staub von unſrer Stirn.
Nach den Tagen heiß vom Ringen
Wird ſie mondesglanzgeweiht,
Uns mit heimlich ſüßem Klingen
Wiegen in Traumſeligkeit.

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[191/0209] Heinrich Hart. Durch das Herz geht ihr ein Beben, Träumend neigt ſie ihr Geſicht, In der Luft beginnt’s zu weben, Silbern rinnt des Mondes Licht. Die noch ſchlafen, aus den Wäldern Rauſcht’s wie leiſer Vogelſang, Die noch keimen, von den Feldern Blüht’s wie Duft das Thal entlang. Flammen leuchten durch die Ferne, Unhörbare Winde weh’n Und das Aug’ von Stern zu Sterne Kann den Himmel offen ſeh’n. Liebſte, ſiehſt Du rings es glimmen, Siehſt Du rings den goldnen Schein, Hörſt Du rings die tauſend Stimmen? Erde ſaugt den Himmel ein. Liebſte, laß in Dir die Schauer Weben dieſer heil’gen Nacht, Keines Winters düſt’re Trauer Hat nun fürder ob uns Macht. Und wie dieſe Nacht, ſo prächtig, Wird ob unſerm Leben ſtehn, Unſre Liebe, lenzesmächtig Wird ſie durch die Seele wehn. Tauſend Blüthen wird ſie reifen, Uns mit tauſend Kränzen zier’n, Wird mit lauen Winden ſtreifen Allen Staub von unſrer Stirn. Nach den Tagen heiß vom Ringen Wird ſie mondesglanzgeweiht, Uns mit heimlich ſüßem Klingen Wiegen in Traumſeligkeit.

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Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/209>, abgerufen am 23.04.2024.