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Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

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Biographien.
rücksichten ein Jahr pausiren. C. sah sich während dieser Zeit im Buchhandel um. Augen-
blicklich studirt C. in Berlin Philosophie und Litteratur, ist daneben, (was übrigens
schon seit seinem 16. Jahre der Fall ist) litterarisch vielfach productiv. Auch arbeitete C.
an einer Reihe von Zeitschriften und Zeitungen mit. (Blätter für litterarische Unter-
haltung, Magazin, Deutsche Romanzeitung u. s. w.) Bisher erschien von C. eine neue
Ausgabe von Daniel Leßmanns "Wanderbuch eines Schwermüthigen" mit biogra-
graphisch-kritischer Einleitung. Demnächst kommen "Lieder eines Sünders" heraus und
-- abgesehen von mehreren anthologischen Werken -- die Romane "Pfryne" und "Die
Frau von fünfzig Jahren".



Johannes Bohne.

Johannes Bohne, geboren am 28. April 1862 zu Magdeburg. Absolvirte
das Gymnasium des Klosters U. L. Frauen daselbst. Seit 1884 in Berlin zur
Vollendung seiner Studien.



Georg Gradnauer.

Georg Gradnauer, geboren 1866. Ein moderner Geist durch und durch!
Freie Ausbildung jedes Einzelnen gemäß seiner Eigenart zur vollen Entfaltung der
individuellen Lebenskräfte! ist seine Parole! -- Ihm persönlich ist die Kunst sein Ein
und Alles, sie allein macht sein Leben lebenswerth. Dem Künstler gehört die Welt!
G. ist Feind aller derer, die mit kritelnden Regeln moralischer Afterweisheit dem
freien Künstlerfluge Zaum anzulegen sich vermessen! Der Künstler darf, muß alles
aussprechen, was in ihm ruht, und ist es noch so unerhört, noch so toll! Die Leidenschaft
hat stets Recht, sie darf nie eingezwängt werden; wird sie es, so ist sie ihrer Würde,
ihrer Heiligkeit beraubt, verrathen und verkauft! -- In seiner kritischen und publizistischen
Thätigkeit ist G. ein unerbittlicher Gegner aller Halbheit, aller phrasenhaften Pedanterie,
jeglicher verlogenen Heuchelei, jeglichen Dunkelmännerthums! -- Als Poet wird G.
vorzüglich im Roman thätig sein, wo er einem herzhaften, kühnen Realismus huldigt. Das
echte Dichterblut will über die Dinge nicht philosophiren und räsonniren, sondern sie
von innen heraus verstehen! Als Lyriker verdammt G. alles Einseitige und dringt
darauf, daß der Dichter jeder Gefühlsrichtung ihr Recht werden läßt; die ganze
Tönescala muß er zu handhaben wissen, das ganze Universum in all seinen Be-
reichen in sich tragen!



Arno Holz.

Arno Holz, geboren am 26. April 1863 zu Rustenberg in Ostpreußen als
Sohn eines Apothekers, siedelte im zwölften Jahre nach Berlin über, besuchte mehrere
Gymnasien und trat mit achtzehn Jahren in die Redaction einer Lokalzeitung ein.
Nach einjähriger Thätigkeit legte H. seine Functionen nieder. Seit 1882 privatisirt
H. in Berlin. Für sein Weihnachten 1882 erschienenes Erstlingswerk "Kling ins
Herz" erhielt Holz den Preis von 200 Mark, welchen die Augsburger Schiller-

19*

Biographien.
rückſichten ein Jahr pauſiren. C. ſah ſich während dieſer Zeit im Buchhandel um. Augen-
blicklich ſtudirt C. in Berlin Philoſophie und Litteratur, iſt daneben, (was übrigens
ſchon ſeit ſeinem 16. Jahre der Fall iſt) litterariſch vielfach productiv. Auch arbeitete C.
an einer Reihe von Zeitſchriften und Zeitungen mit. (Blätter für litterariſche Unter-
haltung, Magazin, Deutſche Romanzeitung u. ſ. w.) Bisher erſchien von C. eine neue
Ausgabe von Daniel Leßmanns „Wanderbuch eines Schwermüthigen“ mit biogra-
graphiſch-kritiſcher Einleitung. Demnächſt kommen „Lieder eines Sünders“ heraus und
— abgeſehen von mehreren anthologiſchen Werken — die Romane „Pfryne“ und „Die
Frau von fünfzig Jahren“.



Johannes Bohne.

Johannes Bohne, geboren am 28. April 1862 zu Magdeburg. Abſolvirte
das Gymnaſium des Kloſters U. L. Frauen daſelbſt. Seit 1884 in Berlin zur
Vollendung ſeiner Studien.



Georg Gradnauer.

Georg Gradnauer, geboren 1866. Ein moderner Geiſt durch und durch!
Freie Ausbildung jedes Einzelnen gemäß ſeiner Eigenart zur vollen Entfaltung der
individuellen Lebenskräfte! iſt ſeine Parole! — Ihm perſönlich iſt die Kunſt ſein Ein
und Alles, ſie allein macht ſein Leben lebenswerth. Dem Künſtler gehört die Welt!
G. iſt Feind aller derer, die mit kritelnden Regeln moraliſcher Afterweisheit dem
freien Künſtlerfluge Zaum anzulegen ſich vermeſſen! Der Künſtler darf, muß alles
ausſprechen, was in ihm ruht, und iſt es noch ſo unerhört, noch ſo toll! Die Leidenſchaft
hat ſtets Recht, ſie darf nie eingezwängt werden; wird ſie es, ſo iſt ſie ihrer Würde,
ihrer Heiligkeit beraubt, verrathen und verkauft! — In ſeiner kritiſchen und publiziſtiſchen
Thätigkeit iſt G. ein unerbittlicher Gegner aller Halbheit, aller phraſenhaften Pedanterie,
jeglicher verlogenen Heuchelei, jeglichen Dunkelmännerthums! — Als Poet wird G.
vorzüglich im Roman thätig ſein, wo er einem herzhaften, kühnen Realismus huldigt. Das
echte Dichterblut will über die Dinge nicht philoſophiren und räſonniren, ſondern ſie
von innen heraus verſtehen! Als Lyriker verdammt G. alles Einſeitige und dringt
darauf, daß der Dichter jeder Gefühlsrichtung ihr Recht werden läßt; die ganze
Töneſcala muß er zu handhaben wiſſen, das ganze Univerſum in all ſeinen Be-
reichen in ſich tragen!



Arno Holz.

Arno Holz, geboren am 26. April 1863 zu Ruſtenberg in Oſtpreußen als
Sohn eines Apothekers, ſiedelte im zwölften Jahre nach Berlin über, beſuchte mehrere
Gymnaſien und trat mit achtzehn Jahren in die Redaction einer Lokalzeitung ein.
Nach einjähriger Thätigkeit legte H. ſeine Functionen nieder. Seit 1882 privatiſirt
H. in Berlin. Für ſein Weihnachten 1882 erſchienenes Erſtlingswerk „Kling ins
Herz“ erhielt Holz den Preis von 200 Mark, welchen die Augsburger Schiller-

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[299/0317] Biographien. rückſichten ein Jahr pauſiren. C. ſah ſich während dieſer Zeit im Buchhandel um. Augen- blicklich ſtudirt C. in Berlin Philoſophie und Litteratur, iſt daneben, (was übrigens ſchon ſeit ſeinem 16. Jahre der Fall iſt) litterariſch vielfach productiv. Auch arbeitete C. an einer Reihe von Zeitſchriften und Zeitungen mit. (Blätter für litterariſche Unter- haltung, Magazin, Deutſche Romanzeitung u. ſ. w.) Bisher erſchien von C. eine neue Ausgabe von Daniel Leßmanns „Wanderbuch eines Schwermüthigen“ mit biogra- graphiſch-kritiſcher Einleitung. Demnächſt kommen „Lieder eines Sünders“ heraus und — abgeſehen von mehreren anthologiſchen Werken — die Romane „Pfryne“ und „Die Frau von fünfzig Jahren“. Johannes Bohne. Johannes Bohne, geboren am 28. April 1862 zu Magdeburg. Abſolvirte das Gymnaſium des Kloſters U. L. Frauen daſelbſt. Seit 1884 in Berlin zur Vollendung ſeiner Studien. Georg Gradnauer. Georg Gradnauer, geboren 1866. Ein moderner Geiſt durch und durch! Freie Ausbildung jedes Einzelnen gemäß ſeiner Eigenart zur vollen Entfaltung der individuellen Lebenskräfte! iſt ſeine Parole! — Ihm perſönlich iſt die Kunſt ſein Ein und Alles, ſie allein macht ſein Leben lebenswerth. Dem Künſtler gehört die Welt! G. iſt Feind aller derer, die mit kritelnden Regeln moraliſcher Afterweisheit dem freien Künſtlerfluge Zaum anzulegen ſich vermeſſen! Der Künſtler darf, muß alles ausſprechen, was in ihm ruht, und iſt es noch ſo unerhört, noch ſo toll! Die Leidenſchaft hat ſtets Recht, ſie darf nie eingezwängt werden; wird ſie es, ſo iſt ſie ihrer Würde, ihrer Heiligkeit beraubt, verrathen und verkauft! — In ſeiner kritiſchen und publiziſtiſchen Thätigkeit iſt G. ein unerbittlicher Gegner aller Halbheit, aller phraſenhaften Pedanterie, jeglicher verlogenen Heuchelei, jeglichen Dunkelmännerthums! — Als Poet wird G. vorzüglich im Roman thätig ſein, wo er einem herzhaften, kühnen Realismus huldigt. Das echte Dichterblut will über die Dinge nicht philoſophiren und räſonniren, ſondern ſie von innen heraus verſtehen! Als Lyriker verdammt G. alles Einſeitige und dringt darauf, daß der Dichter jeder Gefühlsrichtung ihr Recht werden läßt; die ganze Töneſcala muß er zu handhaben wiſſen, das ganze Univerſum in all ſeinen Be- reichen in ſich tragen! Arno Holz. Arno Holz, geboren am 26. April 1863 zu Ruſtenberg in Oſtpreußen als Sohn eines Apothekers, ſiedelte im zwölften Jahre nach Berlin über, beſuchte mehrere Gymnaſien und trat mit achtzehn Jahren in die Redaction einer Lokalzeitung ein. Nach einjähriger Thätigkeit legte H. ſeine Functionen nieder. Seit 1882 privatiſirt H. in Berlin. Für ſein Weihnachten 1882 erſchienenes Erſtlingswerk „Kling ins Herz“ erhielt Holz den Preis von 200 Mark, welchen die Augsburger Schiller- 19*

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Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/317>, abgerufen am 28.03.2024.