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Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

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Oscar Linke.
Hohe Minne.

An die Prinzessin * * *

Wie süßes Mondlicht an den blauen Höh'n,
So leuchtet mir dein Antlitz mild und schön
Aus unnahbaren Fernen stumm entgegen;
Ein Himmel blüht, wo deine Augen winken;
O könnten sie doch einmal niedersinken
Zu mir, dem Dumpfheit folgt auf allen Wegen.
Du gäb'st dem Herzen kühne Adlerschwingen,
Wie sollt' es jauchzend von dem Höchsten singen,
Was Menschensehnsucht je nur kann erreichen!
Ha, wie verklärte dann der Zeit zum Neide
Ein ew'ger Glanzschein uns're Stirnen beide,
Nie sollten uns der Jugend Locken bleichen.
Doch solches geben mir die Götter nimmer ...
Und dir auch wird der Anmuth Zauberschimmer
Allmählich grausam Stück für Stück zerfallen.
Am Strand des Hades wird dein Schatten schweben,
Vergessen! Ach, und länger blühend Leben
Verdienst du, o Herrlichste vor Allen!


Capriccio.

Originalbeitrag.

Ich bin so krank und müde,
Mein Herz sehnt sich nach Ruh',
Ich schlösse gern die Augen
Für alle Nächte zu.
Nur möcht' ich hin und wieder
Sanft streifen mit der Hand
Ein weiches Blumenantlitz,
Das mir noch unbekannt.


Oscar Linke.
Hohe Minne.

An die Prinzeſſin * * *

Wie ſüßes Mondlicht an den blauen Höh’n,
So leuchtet mir dein Antlitz mild und ſchön
Aus unnahbaren Fernen ſtumm entgegen;
Ein Himmel blüht, wo deine Augen winken;
O könnten ſie doch einmal niederſinken
Zu mir, dem Dumpfheit folgt auf allen Wegen.
Du gäb’ſt dem Herzen kühne Adlerſchwingen,
Wie ſollt’ es jauchzend von dem Höchſten ſingen,
Was Menſchenſehnſucht je nur kann erreichen!
Ha, wie verklärte dann der Zeit zum Neide
Ein ew’ger Glanzſchein unſ’re Stirnen beide,
Nie ſollten uns der Jugend Locken bleichen.
Doch ſolches geben mir die Götter nimmer …
Und dir auch wird der Anmuth Zauberſchimmer
Allmählich grauſam Stück für Stück zerfallen.
Am Strand des Hades wird dein Schatten ſchweben,
Vergeſſen! Ach, und länger blühend Leben
Verdienſt du, o Herrlichſte vor Allen!


Capriccio.

Originalbeitrag.

Ich bin ſo krank und müde,
Mein Herz ſehnt ſich nach Ruh’,
Ich ſchlöſſe gern die Augen
Für alle Nächte zu.
Nur möcht’ ich hin und wieder
Sanft ſtreifen mit der Hand
Ein weiches Blumenantlitz,
Das mir noch unbekannt.


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[30/0048] Oscar Linke. Hohe Minne. An die Prinzeſſin * * * Wie ſüßes Mondlicht an den blauen Höh’n, So leuchtet mir dein Antlitz mild und ſchön Aus unnahbaren Fernen ſtumm entgegen; Ein Himmel blüht, wo deine Augen winken; O könnten ſie doch einmal niederſinken Zu mir, dem Dumpfheit folgt auf allen Wegen. Du gäb’ſt dem Herzen kühne Adlerſchwingen, Wie ſollt’ es jauchzend von dem Höchſten ſingen, Was Menſchenſehnſucht je nur kann erreichen! Ha, wie verklärte dann der Zeit zum Neide Ein ew’ger Glanzſchein unſ’re Stirnen beide, Nie ſollten uns der Jugend Locken bleichen. Doch ſolches geben mir die Götter nimmer … Und dir auch wird der Anmuth Zauberſchimmer Allmählich grauſam Stück für Stück zerfallen. Am Strand des Hades wird dein Schatten ſchweben, Vergeſſen! Ach, und länger blühend Leben Verdienſt du, o Herrlichſte vor Allen! Capriccio. Originalbeitrag. Ich bin ſo krank und müde, Mein Herz ſehnt ſich nach Ruh’, Ich ſchlöſſe gern die Augen Für alle Nächte zu. Nur möcht’ ich hin und wieder Sanft ſtreifen mit der Hand Ein weiches Blumenantlitz, Das mir noch unbekannt.

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Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/48>, abgerufen am 29.03.2024.