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Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

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Julius Hart.
Champagnertropfen.
1881.
Frühlingsnächtige Stunden ...
Mächtig schwillt die Luft,
Rings quillt aus kühlem Garten
Der Erde süßer Duft.
In aufgebrochenen Schollen
Gestaltet sich's bunt und reich,
Durch's offene Fenster rankt sich
Keimendes Rebengezweig.
Ueber die Borde drängt sich
Das Wasser jach enteist,
Und aus dem Walde quillt es
Wie Maienglockengeist.
Schwarz über uns flattern die Wolken
Wie Banner in heißer Schlacht,
Als jagten flüchtige Reiter
Wund durch die dunkle Nacht.
Die Lüfte brausen und mächtig
Sausen sie hinterdrein,
So stürmen siegjubelnde Reiter
In fluchtzerrissene Reih'n.
Frühlingsnächtiges Drängen!
Küsse mich, Sturmesmund ...
Küsse die lodernde Stirne
Und küsse mich gesund!
Sieh', zischend stürzt der Champagner
Mir in das blanke Glas ...
Dir bring' ich mit jubelndem Munde
Das sprühende blitzende Naß.

Julius Hart.
Champagnertropfen.
1881.
Frühlingsnächtige Stunden …
Mächtig ſchwillt die Luft,
Rings quillt aus kühlem Garten
Der Erde ſüßer Duft.
In aufgebrochenen Schollen
Geſtaltet ſich’s bunt und reich,
Durch’s offene Fenſter rankt ſich
Keimendes Rebengezweig.
Ueber die Borde drängt ſich
Das Waſſer jach enteiſt,
Und aus dem Walde quillt es
Wie Maienglockengeiſt.
Schwarz über uns flattern die Wolken
Wie Banner in heißer Schlacht,
Als jagten flüchtige Reiter
Wund durch die dunkle Nacht.
Die Lüfte brauſen und mächtig
Sauſen ſie hinterdrein,
So ſtürmen ſiegjubelnde Reiter
In fluchtzerriſſene Reih’n.
Frühlingsnächtiges Drängen!
Küſſe mich, Sturmesmund …
Küſſe die lodernde Stirne
Und küſſe mich geſund!
Sieh’, ziſchend ſtürzt der Champagner
Mir in das blanke Glas …
Dir bring’ ich mit jubelndem Munde
Das ſprühende blitzende Naß.

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[54/0072] Julius Hart. Champagnertropfen. 1881. Frühlingsnächtige Stunden … Mächtig ſchwillt die Luft, Rings quillt aus kühlem Garten Der Erde ſüßer Duft. In aufgebrochenen Schollen Geſtaltet ſich’s bunt und reich, Durch’s offene Fenſter rankt ſich Keimendes Rebengezweig. Ueber die Borde drängt ſich Das Waſſer jach enteiſt, Und aus dem Walde quillt es Wie Maienglockengeiſt. Schwarz über uns flattern die Wolken Wie Banner in heißer Schlacht, Als jagten flüchtige Reiter Wund durch die dunkle Nacht. Die Lüfte brauſen und mächtig Sauſen ſie hinterdrein, So ſtürmen ſiegjubelnde Reiter In fluchtzerriſſene Reih’n. Frühlingsnächtiges Drängen! Küſſe mich, Sturmesmund … Küſſe die lodernde Stirne Und küſſe mich geſund! Sieh’, ziſchend ſtürzt der Champagner Mir in das blanke Glas … Dir bring’ ich mit jubelndem Munde Das ſprühende blitzende Naß.

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Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/72>, abgerufen am 28.03.2024.