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Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.

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was für seinen Plan günstig war, und daß der Franz Leib
und Leben für die Resl gab, nun das hatte er eben deutlich be-
wiesen. Mit diesen Gedanken schritt er bald dem Adlerhof zu.

19. Der Druck des Geldes.

Der Leonhard freute sich wie immer, wenn der Wastl bei
ihm zusprach. Er ließ eine Flasche Tiroler aus dem Keller holen
und redete sich in die beste Laune. Selbstverständlich kam er
denn auch bald auf den Mittelpunkt all seiner Gedanken, auf
seine liebe Resl, und während Wastl im Lob getreulich sekun-
dirte, brach er plötzlich ab und sagte: "Heut', Leonhard, hätt'st
du bei mir im Bad sein sollen, um zu sehen, wie der Wiesbauer-
Franzl den nichtsnutzigen Michel in der Wirthsstub' zusammen-
gearbeitet hat. "So", frug Leonhard ziemlich gleichgültig, "was
hat's denn gegeben?" "Was es gegeben hat", fuhr Wastl leb-
haft fort, "er wollte den Andern den Bären aufhängen, deine
Resl habe ihm auf der Alm oben einen Kuß geben wollen."
"Du unverschämter Verleumder!" rief Leonhard, indem er in die
Höhe sprang. "Meine Resl, meine brave Resl!" "Ja, es ist
eine höllische Verleumdung!" stimmte der Wastl zu. "Aber so
schnell ich auch bei der Hand war, um ihm auf's Maul zu
schlagen, der Franzl ist mir doch noch zuvorgekommen, packte ihn
an wie ein Bär, und unter den Tisch hat er ihn geworfen, ich
sag' dir, grad als wenn er ein jung's Katzl wär." "Brav,
Franz", sagte der Leonhard erfreut, "nur keine Umständ' gemacht
mit so einem verlogenen Großmaul." "Ja, der Franz ist ein
ganzer Kerl!" fiel der Wastl schnell ein. "Jch bekomm' immer
mehr Respekt vor ihm. So haben's im Bad drin auch erzählt,
wie er mit dem Preis für den Meisterschuß sich schon Manches
erhaust hat, und daß er mit viel Verstand Vieh ankauft und
verkauft, so daß sein Anwesen jetzt schon noch einmal so viel
werth sei, als vor einem Vierteljahr." "Blitz Element!" rief
der Leonhard, "das will was sagen." "Gelt, Alter?" fuhr der
Wastl eifrig fort, "und dabei sei er immer gleich brav und ehr-
lich." "Ja, brav ist der Franz", murmelte der Adler und nahm

was für ſeinen Plan günſtig war, und daß der Franz Leib
und Leben für die Resl gab, nun das hatte er eben deutlich be-
wieſen. Mit dieſen Gedanken ſchritt er bald dem Adlerhof zu.

19. Der Druck des Geldes.

Der Leonhard freute ſich wie immer, wenn der Waſtl bei
ihm zuſprach. Er ließ eine Flaſche Tiroler aus dem Keller holen
und redete ſich in die beſte Laune. Selbſtverſtändlich kam er
denn auch bald auf den Mittelpunkt all ſeiner Gedanken, auf
ſeine liebe Resl, und während Waſtl im Lob getreulich ſekun-
dirte, brach er plötzlich ab und ſagte: „Heut’, Leonhard, hätt’ſt
du bei mir im Bad ſein ſollen, um zu ſehen, wie der Wiesbauer-
Franzl den nichtsnutzigen Michel in der Wirthsſtub’ zuſammen-
gearbeitet hat. „So“, frug Leonhard ziemlich gleichgültig, „was
hat’s denn gegeben?“ „Was es gegeben hat“, fuhr Waſtl leb-
haft fort, „er wollte den Andern den Bären aufhängen, deine
Resl habe ihm auf der Alm oben einen Kuß geben wollen.“
„Du unverſchämter Verleumder!“ rief Leonhard, indem er in die
Höhe ſprang. „Meine Resl, meine brave Resl!“ „Ja, es iſt
eine hölliſche Verleumdung!“ ſtimmte der Waſtl zu. „Aber ſo
ſchnell ich auch bei der Hand war, um ihm auf’s Maul zu
ſchlagen, der Franzl iſt mir doch noch zuvorgekommen, packte ihn
an wie ein Bär, und unter den Tiſch hat er ihn geworfen, ich
ſag’ dir, grad als wenn er ein jung’s Katzl wär.“ „Brav,
Franz“, ſagte der Leonhard erfreut, „nur keine Umſtänd’ gemacht
mit ſo einem verlogenen Großmaul.“ „Ja, der Franz iſt ein
ganzer Kerl!“ fiel der Waſtl ſchnell ein. „Jch bekomm’ immer
mehr Reſpekt vor ihm. So haben’s im Bad drin auch erzählt,
wie er mit dem Preis für den Meiſterſchuß ſich ſchon Manches
erhauſt hat, und daß er mit viel Verſtand Vieh ankauft und
verkauft, ſo daß ſein Anweſen jetzt ſchon noch einmal ſo viel
werth ſei, als vor einem Vierteljahr.“ „Blitz Element!“ rief
der Leonhard, „das will was ſagen.“ „Gelt, Alter?“ fuhr der
Waſtl eifrig fort, „und dabei ſei er immer gleich brav und ehr-
lich.“ „Ja, brav iſt der Franz“, murmelte der Adler und nahm

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[0056] was für ſeinen Plan günſtig war, und daß der Franz Leib und Leben für die Resl gab, nun das hatte er eben deutlich be- wieſen. Mit dieſen Gedanken ſchritt er bald dem Adlerhof zu. 19. Der Druck des Geldes. Der Leonhard freute ſich wie immer, wenn der Waſtl bei ihm zuſprach. Er ließ eine Flaſche Tiroler aus dem Keller holen und redete ſich in die beſte Laune. Selbſtverſtändlich kam er denn auch bald auf den Mittelpunkt all ſeiner Gedanken, auf ſeine liebe Resl, und während Waſtl im Lob getreulich ſekun- dirte, brach er plötzlich ab und ſagte: „Heut’, Leonhard, hätt’ſt du bei mir im Bad ſein ſollen, um zu ſehen, wie der Wiesbauer- Franzl den nichtsnutzigen Michel in der Wirthsſtub’ zuſammen- gearbeitet hat. „So“, frug Leonhard ziemlich gleichgültig, „was hat’s denn gegeben?“ „Was es gegeben hat“, fuhr Waſtl leb- haft fort, „er wollte den Andern den Bären aufhängen, deine Resl habe ihm auf der Alm oben einen Kuß geben wollen.“ „Du unverſchämter Verleumder!“ rief Leonhard, indem er in die Höhe ſprang. „Meine Resl, meine brave Resl!“ „Ja, es iſt eine hölliſche Verleumdung!“ ſtimmte der Waſtl zu. „Aber ſo ſchnell ich auch bei der Hand war, um ihm auf’s Maul zu ſchlagen, der Franzl iſt mir doch noch zuvorgekommen, packte ihn an wie ein Bär, und unter den Tiſch hat er ihn geworfen, ich ſag’ dir, grad als wenn er ein jung’s Katzl wär.“ „Brav, Franz“, ſagte der Leonhard erfreut, „nur keine Umſtänd’ gemacht mit ſo einem verlogenen Großmaul.“ „Ja, der Franz iſt ein ganzer Kerl!“ fiel der Waſtl ſchnell ein. „Jch bekomm’ immer mehr Reſpekt vor ihm. So haben’s im Bad drin auch erzählt, wie er mit dem Preis für den Meiſterſchuß ſich ſchon Manches erhauſt hat, und daß er mit viel Verſtand Vieh ankauft und verkauft, ſo daß ſein Anweſen jetzt ſchon noch einmal ſo viel werth ſei, als vor einem Vierteljahr.“ „Blitz Element!“ rief der Leonhard, „das will was ſagen.“ „Gelt, Alter?“ fuhr der Waſtl eifrig fort, „und dabei ſei er immer gleich brav und ehr- lich.“ „Ja, brav iſt der Franz“, murmelte der Adler und nahm

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Zitationshilfe: Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arndts_juhschrei_1875/56>, abgerufen am 29.03.2024.