Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Feuerbesprechen.

Mündlich.

Zigeuner sieben von Reitern gebracht,
Gerichtet verurtheilt in einer Nacht,
Sie klagen um ihre Unschuld laut,
Ein Jud hät ihnen den Kelch vertraut.
Die Rathsherrn sprechen das Leben leicht ab
Sie brachen dem sechsten schon den Stab,
Der siebent ihr König sprach da mit Ruh:
"Ich hör' wohl in Lüften den Vögeln zu!
"Ihr sollt mir nicht sengen ein Härlein vom Kleid,
"Bald krähet der rothe Hahn so weit!"
Da bricht die Flamme wohl über wohl aus,
Aus allen vier Ecken der Stadt so kraus.
Der rothe Hahn auf die Spitze gesteckt,
Er krähet, wie jener, der Petrum erweckt,
Die Herren erwachen aus Sünden Schlaf,
Gedenke, der Unschuld, der harten Straf.
Die Herren sie sprechen zum Manne mit Flehn,
Er möge besprechen das feurige Wehn,
Er möge halten den feurigen Wind,
Sein Leben sie wollten ihm schenken geschwind.
Den Todesstab da entreist er gleich,
Den Herren damit giebt Backenstreich,
Er ruft: "Was gießet ihr schuldlos Blut?
"Wie wollet ihr löschen die höllische Glut?

Das Feuerbeſprechen.

Muͤndlich.

Zigeuner ſieben von Reitern gebracht,
Gerichtet verurtheilt in einer Nacht,
Sie klagen um ihre Unſchuld laut,
Ein Jud haͤt ihnen den Kelch vertraut.
Die Rathsherrn ſprechen das Leben leicht ab
Sie brachen dem ſechsten ſchon den Stab,
Der ſiebent ihr Koͤnig ſprach da mit Ruh:
„Ich hoͤr' wohl in Luͤften den Voͤgeln zu!
„Ihr ſollt mir nicht ſengen ein Haͤrlein vom Kleid,
„Bald kraͤhet der rothe Hahn ſo weit!“
Da bricht die Flamme wohl uͤber wohl aus,
Aus allen vier Ecken der Stadt ſo kraus.
Der rothe Hahn auf die Spitze geſteckt,
Er kraͤhet, wie jener, der Petrum erweckt,
Die Herren erwachen aus Suͤnden Schlaf,
Gedenke, der Unſchuld, der harten Straf.
Die Herren ſie ſprechen zum Manne mit Flehn,
Er moͤge beſprechen das feurige Wehn,
Er moͤge halten den feurigen Wind,
Sein Leben ſie wollten ihm ſchenken geſchwind.
Den Todesſtab da entreiſt er gleich,
Den Herren damit giebt Backenſtreich,
Er ruft: „Was gießet ihr ſchuldlos Blut?
„Wie wollet ihr loͤſchen die hoͤlliſche Glut?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0030" n="21"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Das Feuerbe&#x017F;prechen</hi>.</head><lb/>
          <p rendition="#c">Mu&#x0364;ndlich.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">Z</hi>igeuner &#x017F;ieben von Reitern gebracht,</l><lb/>
              <l>Gerichtet verurtheilt in einer Nacht,</l><lb/>
              <l>Sie klagen um ihre Un&#x017F;chuld laut,</l><lb/>
              <l>Ein Jud ha&#x0364;t ihnen den Kelch vertraut.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Die Rathsherrn &#x017F;prechen das Leben leicht ab</l><lb/>
              <l>Sie brachen dem &#x017F;echsten &#x017F;chon den Stab,</l><lb/>
              <l>Der &#x017F;iebent ihr Ko&#x0364;nig &#x017F;prach da mit Ruh:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ich ho&#x0364;r' wohl in Lu&#x0364;ften den Vo&#x0364;geln zu!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>&#x201E;Ihr &#x017F;ollt mir nicht &#x017F;engen ein Ha&#x0364;rlein vom Kleid,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Bald kra&#x0364;het der rothe Hahn &#x017F;o weit!&#x201C;</l><lb/>
              <l>Da bricht die Flamme wohl u&#x0364;ber wohl aus,</l><lb/>
              <l>Aus allen vier Ecken der Stadt &#x017F;o kraus.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Der rothe Hahn auf die Spitze ge&#x017F;teckt,</l><lb/>
              <l>Er kra&#x0364;het, wie jener, der Petrum erweckt,</l><lb/>
              <l>Die Herren erwachen aus Su&#x0364;nden Schlaf,</l><lb/>
              <l>Gedenke, der Un&#x017F;chuld, der harten Straf.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Die Herren &#x017F;ie &#x017F;prechen zum Manne mit Flehn,</l><lb/>
              <l>Er mo&#x0364;ge be&#x017F;prechen das feurige Wehn,</l><lb/>
              <l>Er mo&#x0364;ge halten den feurigen Wind,</l><lb/>
              <l>Sein Leben &#x017F;ie wollten ihm &#x017F;chenken ge&#x017F;chwind.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Den Todes&#x017F;tab da entrei&#x017F;t er gleich,</l><lb/>
              <l>Den Herren damit giebt Backen&#x017F;treich,</l><lb/>
              <l>Er ruft: &#x201E;Was gießet ihr &#x017F;chuldlos Blut?</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wie wollet ihr lo&#x0364;&#x017F;chen die ho&#x0364;lli&#x017F;che Glut?</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0030] Das Feuerbeſprechen. Muͤndlich. Zigeuner ſieben von Reitern gebracht, Gerichtet verurtheilt in einer Nacht, Sie klagen um ihre Unſchuld laut, Ein Jud haͤt ihnen den Kelch vertraut. Die Rathsherrn ſprechen das Leben leicht ab Sie brachen dem ſechsten ſchon den Stab, Der ſiebent ihr Koͤnig ſprach da mit Ruh: „Ich hoͤr' wohl in Luͤften den Voͤgeln zu! „Ihr ſollt mir nicht ſengen ein Haͤrlein vom Kleid, „Bald kraͤhet der rothe Hahn ſo weit!“ Da bricht die Flamme wohl uͤber wohl aus, Aus allen vier Ecken der Stadt ſo kraus. Der rothe Hahn auf die Spitze geſteckt, Er kraͤhet, wie jener, der Petrum erweckt, Die Herren erwachen aus Suͤnden Schlaf, Gedenke, der Unſchuld, der harten Straf. Die Herren ſie ſprechen zum Manne mit Flehn, Er moͤge beſprechen das feurige Wehn, Er moͤge halten den feurigen Wind, Sein Leben ſie wollten ihm ſchenken geſchwind. Den Todesſtab da entreiſt er gleich, Den Herren damit giebt Backenſtreich, Er ruft: „Was gießet ihr ſchuldlos Blut? „Wie wollet ihr loͤſchen die hoͤlliſche Glut?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/30
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/30>, abgerufen am 28.03.2024.