Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Bürschlein auf die Leiter sprang,
Und schaut die Stern am Himmel dicht:
"Ich scheide nicht bis Tag anbricht,
"Bis alle Sterne schwanden."
Er sah das Morgensternlein nur,
Als sich der Knab von ihr gewandt,
Das Mägdlein Morgens früh aufstand,
Ging an den kühlen Brunnen.
Begegnet ihr derselbig Knab,
Der Nachts bey ihr geschlafen hat,
Viel guten Morgen boten hat:
"Gut Morgen mein Feinsliebchen.
"Wie hast geschlafen heute Nacht?"
"Ich hab gelegn in Liebchens Arm!
"Ich hab geschlafen, daß Gott erbarm,
"Mein Ehr hab ich verschlafen!"


Das Hasselocher Thal.

Mündlich.

Des reichen Schlossers Knab,
Ging mit dem Müller aus,
Ging Abends spät nach Haus
Durchs Hasselocher Thal,
Bey Haßloch durch den Wald,
Wohl durch den dicken Wald.

Das Buͤrſchlein auf die Leiter ſprang,
Und ſchaut die Stern am Himmel dicht:
„Ich ſcheide nicht bis Tag anbricht,
„Bis alle Sterne ſchwanden.“
Er ſah das Morgenſternlein nur,
Als ſich der Knab von ihr gewandt,
Das Maͤgdlein Morgens fruͤh aufſtand,
Ging an den kuͤhlen Brunnen.
Begegnet ihr derſelbig Knab,
Der Nachts bey ihr geſchlafen hat,
Viel guten Morgen boten hat:
„Gut Morgen mein Feinsliebchen.
„Wie haſt geſchlafen heute Nacht?“
„Ich hab gelegn in Liebchens Arm!
„Ich hab geſchlafen, daß Gott erbarm,
„Mein Ehr hab ich verſchlafen!“


Das Haſſelocher Thal.

Muͤndlich.

Des reichen Schloſſers Knab,
Ging mit dem Muͤller aus,
Ging Abends ſpaͤt nach Haus
Durchs Haſſelocher Thal,
Bey Haßloch durch den Wald,
Wohl durch den dicken Wald.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0338" n="319[329]"/>
            <lg n="8">
              <l>Das Bu&#x0364;r&#x017F;chlein auf die Leiter &#x017F;prang,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;chaut die Stern am Himmel dicht:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ich &#x017F;cheide nicht bis Tag anbricht,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Bis alle Sterne &#x017F;chwanden.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>Er &#x017F;ah das Morgen&#x017F;ternlein nur,</l><lb/>
              <l>Als &#x017F;ich der Knab von ihr gewandt,</l><lb/>
              <l>Das Ma&#x0364;gdlein Morgens fru&#x0364;h auf&#x017F;tand,</l><lb/>
              <l>Ging an den ku&#x0364;hlen Brunnen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="10">
              <l>Begegnet ihr der&#x017F;elbig Knab,</l><lb/>
              <l>Der Nachts bey ihr ge&#x017F;chlafen hat,</l><lb/>
              <l>Viel guten Morgen boten hat:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Gut Morgen mein Feinsliebchen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="11">
              <l>&#x201E;Wie ha&#x017F;t ge&#x017F;chlafen heute Nacht?&#x201C;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ich hab gelegn in Liebchens Arm!</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ich hab ge&#x017F;chlafen, daß Gott erbarm,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Mein Ehr hab ich ver&#x017F;chlafen!&#x201C;</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Das Ha&#x017F;&#x017F;elocher Thal</hi>.</head><lb/>
          <p rendition="#c">Mu&#x0364;ndlich.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>es reichen Schlo&#x017F;&#x017F;ers Knab,</l><lb/>
              <l>Ging mit dem Mu&#x0364;ller aus,</l><lb/>
              <l>Ging Abends &#x017F;pa&#x0364;t nach Haus</l><lb/>
              <l>Durchs Ha&#x017F;&#x017F;elocher Thal,</l><lb/>
              <l>Bey Haßloch durch den Wald,</l><lb/>
              <l>Wohl durch den dicken Wald.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[319[329]/0338] Das Buͤrſchlein auf die Leiter ſprang, Und ſchaut die Stern am Himmel dicht: „Ich ſcheide nicht bis Tag anbricht, „Bis alle Sterne ſchwanden.“ Er ſah das Morgenſternlein nur, Als ſich der Knab von ihr gewandt, Das Maͤgdlein Morgens fruͤh aufſtand, Ging an den kuͤhlen Brunnen. Begegnet ihr derſelbig Knab, Der Nachts bey ihr geſchlafen hat, Viel guten Morgen boten hat: „Gut Morgen mein Feinsliebchen. „Wie haſt geſchlafen heute Nacht?“ „Ich hab gelegn in Liebchens Arm! „Ich hab geſchlafen, daß Gott erbarm, „Mein Ehr hab ich verſchlafen!“ Das Haſſelocher Thal. Muͤndlich. Des reichen Schloſſers Knab, Ging mit dem Muͤller aus, Ging Abends ſpaͤt nach Haus Durchs Haſſelocher Thal, Bey Haßloch durch den Wald, Wohl durch den dicken Wald.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/338
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 319[329]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/338>, abgerufen am 19.04.2024.