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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

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Also lange betet sie,
Und schon lange sahe sie
Ueber sich ein blankes Schwerdt:
Ihr Gebet doch ruhig währt.
Sie vergißt des Schwerdtes Tück,
In der Gnade schwebt ihr Blick,
Als der Räuber sie gehört,
Er sie im Gebet nicht stört.
Als er ihren Blick vernahm,
Schwere Reu ihn überkam,
Legte ab sein Schwerdt, sein Spies,
Auf die Knie sich niederließ.
"Hoher Worte fromme Schaar
"Schüzt den Schmuck in deinem Haar,
"Schüzt dein Leben gegen mich,
"Edle Frau, ach bet für mich."
"O Maria, noch die Bitt,
"Diesen Sünder verlasse nit,
"Löse ihn von Schuld und Quaal,
"Ach Ade viel tausendmal."
Und als sie nun von ihm ging,
Schien ihm alle Welt gering,
Büßt als frommer Bruder schwer,
Hört, sein Glöcklein schallet her.


Alſo lange betet ſie,
Und ſchon lange ſahe ſie
Ueber ſich ein blankes Schwerdt:
Ihr Gebet doch ruhig waͤhrt.
Sie vergißt des Schwerdtes Tuͤck,
In der Gnade ſchwebt ihr Blick,
Als der Raͤuber ſie gehoͤrt,
Er ſie im Gebet nicht ſtoͤrt.
Als er ihren Blick vernahm,
Schwere Reu ihn uͤberkam,
Legte ab ſein Schwerdt, ſein Spies,
Auf die Knie ſich niederließ.
„Hoher Worte fromme Schaar
„Schuͤzt den Schmuck in deinem Haar,
„Schuͤzt dein Leben gegen mich,
„Edle Frau, ach bet fuͤr mich.“
„O Maria, noch die Bitt,
„Dieſen Suͤnder verlaſſe nit,
„Loͤſe ihn von Schuld und Quaal,
„Ach Ade viel tauſendmal.“
Und als ſie nun von ihm ging,
Schien ihm alle Welt gering,
Buͤßt als frommer Bruder ſchwer,
Hoͤrt, ſein Gloͤcklein ſchallet her.


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[180/0189] Alſo lange betet ſie, Und ſchon lange ſahe ſie Ueber ſich ein blankes Schwerdt: Ihr Gebet doch ruhig waͤhrt. Sie vergißt des Schwerdtes Tuͤck, In der Gnade ſchwebt ihr Blick, Als der Raͤuber ſie gehoͤrt, Er ſie im Gebet nicht ſtoͤrt. Als er ihren Blick vernahm, Schwere Reu ihn uͤberkam, Legte ab ſein Schwerdt, ſein Spies, Auf die Knie ſich niederließ. „Hoher Worte fromme Schaar „Schuͤzt den Schmuck in deinem Haar, „Schuͤzt dein Leben gegen mich, „Edle Frau, ach bet fuͤr mich.“ „O Maria, noch die Bitt, „Dieſen Suͤnder verlaſſe nit, „Loͤſe ihn von Schuld und Quaal, „Ach Ade viel tauſendmal.“ Und als ſie nun von ihm ging, Schien ihm alle Welt gering, Buͤßt als frommer Bruder ſchwer, Hoͤrt, ſein Gloͤcklein ſchallet her.

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/189>, abgerufen am 25.04.2024.