Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite

"Wann dieser Stecken Blätter trägt,
"Sind dir deine Sünden verziehen."

"Sollt ich leben nicht mehr denn ein Jahr,
"Ein Jahr auf dieser Erden,
"So wollt ich Reu und Buß empfahn,
"Und Gottes Gnad erwerben."
Da zog er wieder aus der Stadt,
In Jammer und in Leiden:
"Maria Mutter, reine Magd,
"Muß ich mich von dir scheiden,
"So zieh ich wieder in den Berg,
"Ewiglich und ohn Ende,
"Zu Venus meiner Frauen zart,
"Wohin mich Gott will senden."
"Seyd willkommen Tannhäuser gut,
"Ich hab Euch lang entbehret,
"Willkommen seyd mein liebster Herr,
"Du Held, mir treu bekehret."
Darnach wohl auf den dritten Tag,
Der Stecken hub an zu grünen,
Da sandt man Boten in alle Land,
Wohin der Tannhäuser kommen.
Da war er wieder in den Berg,
Darinnen sollt er nun bleiben,
So lang bis an den jüngsten Tag,
Wo ihn Gott will hinweisen.

„Wann dieſer Stecken Blaͤtter traͤgt,
„Sind dir deine Suͤnden verziehen.“

„Sollt ich leben nicht mehr denn ein Jahr,
„Ein Jahr auf dieſer Erden,
„So wollt ich Reu und Buß empfahn,
„Und Gottes Gnad erwerben.“
Da zog er wieder aus der Stadt,
In Jammer und in Leiden:
„Maria Mutter, reine Magd,
„Muß ich mich von dir ſcheiden,
„So zieh ich wieder in den Berg,
„Ewiglich und ohn Ende,
„Zu Venus meiner Frauen zart,
„Wohin mich Gott will ſenden.“
„Seyd willkommen Tannhaͤuſer gut,
„Ich hab Euch lang entbehret,
„Willkommen ſeyd mein liebſter Herr,
„Du Held, mir treu bekehret.“
Darnach wohl auf den dritten Tag,
Der Stecken hub an zu gruͤnen,
Da ſandt man Boten in alle Land,
Wohin der Tannhaͤuſer kommen.
Da war er wieder in den Berg,
Darinnen ſollt er nun bleiben,
So lang bis an den juͤngſten Tag,
Wo ihn Gott will hinweiſen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="19">
              <pb facs="#f0098" n="89"/>
              <l>&#x201E;Wann die&#x017F;er Stecken Bla&#x0364;tter tra&#x0364;gt,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Sind dir deine Su&#x0364;nden verziehen.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="20">
              <l>&#x201E;Sollt ich leben nicht mehr denn ein Jahr,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ein Jahr auf die&#x017F;er Erden,</l><lb/>
              <l>&#x201E;So wollt ich Reu und Buß empfahn,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und Gottes Gnad erwerben.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="21">
              <l>Da zog er wieder aus der Stadt,</l><lb/>
              <l>In Jammer und in Leiden:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Maria Mutter, reine Magd,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Muß ich mich von dir &#x017F;cheiden,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="22">
              <l>&#x201E;So zieh ich wieder in den Berg,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ewiglich und ohn Ende,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Zu Venus meiner Frauen zart,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wohin mich Gott will &#x017F;enden.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="23">
              <l>&#x201E;Seyd willkommen Tannha&#x0364;u&#x017F;er gut,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ich hab Euch lang entbehret,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Willkommen &#x017F;eyd mein lieb&#x017F;ter Herr,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Du Held, mir treu bekehret.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="24">
              <l>Darnach wohl auf den dritten Tag,</l><lb/>
              <l>Der Stecken hub an zu gru&#x0364;nen,</l><lb/>
              <l>Da &#x017F;andt man Boten in alle Land,</l><lb/>
              <l>Wohin der Tannha&#x0364;u&#x017F;er kommen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="25">
              <l>Da war er wieder in den Berg,</l><lb/>
              <l>Darinnen &#x017F;ollt er nun bleiben,</l><lb/>
              <l>So lang bis an den ju&#x0364;ng&#x017F;ten Tag,</l><lb/>
              <l>Wo ihn Gott will hinwei&#x017F;en.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0098] „Wann dieſer Stecken Blaͤtter traͤgt, „Sind dir deine Suͤnden verziehen.“ „Sollt ich leben nicht mehr denn ein Jahr, „Ein Jahr auf dieſer Erden, „So wollt ich Reu und Buß empfahn, „Und Gottes Gnad erwerben.“ Da zog er wieder aus der Stadt, In Jammer und in Leiden: „Maria Mutter, reine Magd, „Muß ich mich von dir ſcheiden, „So zieh ich wieder in den Berg, „Ewiglich und ohn Ende, „Zu Venus meiner Frauen zart, „Wohin mich Gott will ſenden.“ „Seyd willkommen Tannhaͤuſer gut, „Ich hab Euch lang entbehret, „Willkommen ſeyd mein liebſter Herr, „Du Held, mir treu bekehret.“ Darnach wohl auf den dritten Tag, Der Stecken hub an zu gruͤnen, Da ſandt man Boten in alle Land, Wohin der Tannhaͤuſer kommen. Da war er wieder in den Berg, Darinnen ſollt er nun bleiben, So lang bis an den juͤngſten Tag, Wo ihn Gott will hinweiſen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/98
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/98>, abgerufen am 25.04.2024.