Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Ich schwör so wahr, als ich bin,
Ein gut Kerl und geb euch hin
Meine beiden Hände;
Daß wie ein gut Kerle ich
Euch will ganz beständiglich
Lieben bis ans Ende.


Wir verstehen sie nicht.
Ein Schneider hätt ein böses Weib,
Vorwitzig, stolz, doch fein von Leib,
Sehr eigenwillig, frech und steil,
Trug ihre Ehr auch ziemlich feil,
Stets ihrem Mann zuwieder lebte,
In allem Guten wiederstrebte;
Kein Ding er ihr befehlen kunnt,
Allzeit sie das unrecht verstund.
Sie sollt ihm einstens bringen Wachs,
Da kam sie heim und brachte Flachs;
Noch einmal schickt er sie nach Zwirn,
Da brachte sie statt dessen Birn.
Sie sollte weisse Seide holen,
Sie brachte Saiten unbefohlen;
Sie sollt ihm holen eine Scheer,
Sie bracht daher viel Schweineschmeer.
Er sprach einmal zu ihr mit Fleiß,
Mach eilends mir ein Eisen heiß;
Ich ſchwoͤr ſo wahr, als ich bin,
Ein gut Kerl und geb euch hin
Meine beiden Haͤnde;
Daß wie ein gut Kerle ich
Euch will ganz beſtaͤndiglich
Lieben bis ans Ende.


Wir verſtehen ſie nicht.
Ein Schneider haͤtt ein boͤſes Weib,
Vorwitzig, ſtolz, doch fein von Leib,
Sehr eigenwillig, frech und ſteil,
Trug ihre Ehr auch ziemlich feil,
Stets ihrem Mann zuwieder lebte,
In allem Guten wiederſtrebte;
Kein Ding er ihr befehlen kunnt,
Allzeit ſie das unrecht verſtund.
Sie ſollt ihm einſtens bringen Wachs,
Da kam ſie heim und brachte Flachs;
Noch einmal ſchickt er ſie nach Zwirn,
Da brachte ſie ſtatt deſſen Birn.
Sie ſollte weiſſe Seide holen,
Sie brachte Saiten unbefohlen;
Sie ſollt ihm holen eine Scheer,
Sie bracht daher viel Schweineſchmeer.
Er ſprach einmal zu ihr mit Fleiß,
Mach eilends mir ein Eiſen heiß;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0105" n="95"/>
            <lg n="15">
              <l>Ich &#x017F;chwo&#x0364;r &#x017F;o wahr, als ich bin,</l><lb/>
              <l>Ein gut Kerl und geb euch hin</l><lb/>
              <l>Meine beiden Ha&#x0364;nde;</l><lb/>
              <l>Daß wie ein gut Kerle ich</l><lb/>
              <l>Euch will ganz be&#x017F;ta&#x0364;ndiglich</l><lb/>
              <l>Lieben bis ans Ende.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Wir ver&#x017F;tehen &#x017F;ie nicht</hi>.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">E</hi>in Schneider ha&#x0364;tt ein bo&#x0364;&#x017F;es Weib,</l><lb/>
              <l>Vorwitzig, &#x017F;tolz, doch fein von Leib,</l><lb/>
              <l>Sehr eigenwillig, frech und &#x017F;teil,</l><lb/>
              <l>Trug ihre Ehr auch ziemlich feil,</l><lb/>
              <l>Stets ihrem Mann zuwieder lebte,</l><lb/>
              <l>In allem Guten wieder&#x017F;trebte;</l><lb/>
              <l>Kein Ding er ihr befehlen kunnt,</l><lb/>
              <l>Allzeit &#x017F;ie das unrecht ver&#x017F;tund.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Sie &#x017F;ollt ihm ein&#x017F;tens bringen Wachs,</l><lb/>
              <l>Da kam &#x017F;ie heim und brachte Flachs;</l><lb/>
              <l>Noch einmal &#x017F;chickt er &#x017F;ie nach Zwirn,</l><lb/>
              <l>Da brachte &#x017F;ie &#x017F;tatt de&#x017F;&#x017F;en Birn.</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;ollte wei&#x017F;&#x017F;e Seide holen,</l><lb/>
              <l>Sie brachte Saiten unbefohlen;</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;ollt ihm holen eine Scheer,</l><lb/>
              <l>Sie bracht daher viel Schweine&#x017F;chmeer.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Er &#x017F;prach einmal zu ihr mit Fleiß,</l><lb/>
              <l>Mach eilends mir ein Ei&#x017F;en heiß;</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0105] Ich ſchwoͤr ſo wahr, als ich bin, Ein gut Kerl und geb euch hin Meine beiden Haͤnde; Daß wie ein gut Kerle ich Euch will ganz beſtaͤndiglich Lieben bis ans Ende. Wir verſtehen ſie nicht. Ein Schneider haͤtt ein boͤſes Weib, Vorwitzig, ſtolz, doch fein von Leib, Sehr eigenwillig, frech und ſteil, Trug ihre Ehr auch ziemlich feil, Stets ihrem Mann zuwieder lebte, In allem Guten wiederſtrebte; Kein Ding er ihr befehlen kunnt, Allzeit ſie das unrecht verſtund. Sie ſollt ihm einſtens bringen Wachs, Da kam ſie heim und brachte Flachs; Noch einmal ſchickt er ſie nach Zwirn, Da brachte ſie ſtatt deſſen Birn. Sie ſollte weiſſe Seide holen, Sie brachte Saiten unbefohlen; Sie ſollt ihm holen eine Scheer, Sie bracht daher viel Schweineſchmeer. Er ſprach einmal zu ihr mit Fleiß, Mach eilends mir ein Eiſen heiß;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/105
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/105>, abgerufen am 25.04.2024.