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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.

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Herz mich ein wenig, küß mich ein wenig,
Hab mich ein wenig lieb,
Wenns auch regnet oder schneit,
Wenns unser Herz nur erfreut.


Heimlicher Liebe Pein.
Mein Schatz der ist auf die Wanderschaft hin,
Ich weiß aber nicht, was ich so traurig bin,
Vielleicht ist er todt, und liegt in guter Ruh,
Drum bring ich meine Zeit so traurig zu.
Als ich mit meim Schatz in die Kirch wollte gehn,
Viel falsche falsche Zungen unter der Thüre stehn,
Die eine redt dies, die andre redt das,
Das macht mir gar oft die Aügelein naß.
Die Distel und die Dornen, die stechen also sehr,
Die falschen falschen Zungen aber noch viel mehr,
Kein Feuer auf Erden auch brennet also heiß,
Als heimliche Liebe, die Niemand nicht weiß.
Ach herzlieber Schatz, ich bitte dich noch eins,
Du wollest auch bei meiner Begräbniß, seyn,
Bei meiner Begräbniß, bis ins kühle Grab,
Dieweil ich dich so treulich geliebet hab.
Ach Gott! was hat mein Vater und Mutter gethan,
Sie haben mich gezwungen zu einem ehrlichen Mann,
Zu einem ehrlichen Mann, den ich nicht geliebt,
Das macht mir ja mein Herz so betrübt.



3. Band. 2.
Herz mich ein wenig, kuͤß mich ein wenig,
Hab mich ein wenig lieb,
Wenns auch regnet oder ſchneit,
Wenns unſer Herz nur erfreut.


Heimlicher Liebe Pein.
Mein Schatz der iſt auf die Wanderſchaft hin,
Ich weiß aber nicht, was ich ſo traurig bin,
Vielleicht iſt er todt, und liegt in guter Ruh,
Drum bring ich meine Zeit ſo traurig zu.
Als ich mit meim Schatz in die Kirch wollte gehn,
Viel falſche falſche Zungen unter der Thuͤre ſtehn,
Die eine redt dies, die andre redt das,
Das macht mir gar oft die Auͤgelein naß.
Die Diſtel und die Dornen, die ſtechen alſo ſehr,
Die falſchen falſchen Zungen aber noch viel mehr,
Kein Feuer auf Erden auch brennet alſo heiß,
Als heimliche Liebe, die Niemand nicht weiß.
Ach herzlieber Schatz, ich bitte dich noch eins,
Du wolleſt auch bei meiner Begraͤbniß, ſeyn,
Bei meiner Begraͤbniß, bis ins kuͤhle Grab,
Dieweil ich dich ſo treulich geliebet hab.
Ach Gott! was hat mein Vater und Mutter gethan,
Sie haben mich gezwungen zu einem ehrlichen Mann,
Zu einem ehrlichen Mann, den ich nicht geliebt,
Das macht mir ja mein Herz ſo betruͤbt.



3. Band. 2.
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[17/0027] Herz mich ein wenig, kuͤß mich ein wenig, Hab mich ein wenig lieb, Wenns auch regnet oder ſchneit, Wenns unſer Herz nur erfreut. Heimlicher Liebe Pein. Mein Schatz der iſt auf die Wanderſchaft hin, Ich weiß aber nicht, was ich ſo traurig bin, Vielleicht iſt er todt, und liegt in guter Ruh, Drum bring ich meine Zeit ſo traurig zu. Als ich mit meim Schatz in die Kirch wollte gehn, Viel falſche falſche Zungen unter der Thuͤre ſtehn, Die eine redt dies, die andre redt das, Das macht mir gar oft die Auͤgelein naß. Die Diſtel und die Dornen, die ſtechen alſo ſehr, Die falſchen falſchen Zungen aber noch viel mehr, Kein Feuer auf Erden auch brennet alſo heiß, Als heimliche Liebe, die Niemand nicht weiß. Ach herzlieber Schatz, ich bitte dich noch eins, Du wolleſt auch bei meiner Begraͤbniß, ſeyn, Bei meiner Begraͤbniß, bis ins kuͤhle Grab, Dieweil ich dich ſo treulich geliebet hab. Ach Gott! was hat mein Vater und Mutter gethan, Sie haben mich gezwungen zu einem ehrlichen Mann, Zu einem ehrlichen Mann, den ich nicht geliebt, Das macht mir ja mein Herz ſo betruͤbt. 3. Band. 2.

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/27>, abgerufen am 28.03.2024.