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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.

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Augustinus.

O wie hoch bin ich geflogen,
Wie hat mich das Gemüth betrogen;
Als ich nach dem Kindlein sah,
War es fort, war nicht mehr da.
Nimmer werd ich so hoch fliegen,
Nimmer michs Gemüth betrügen;
Bis zergehen wird die Erd,
Und ich nicht mehr denken werd.


Dies ist das ander Land.

(Manuscript. 1477.)

Es ist nit allewege Festabend,
Der Tod kömmt und bringet den Abend;
Und bindt uns mit einem festen Band,
Daß er uns bringe in das ander Land.
Auch so ist allezeit nit Maye,
Wir müssen tanzen an dem Reihe;
Daß uns der May wird entwandt,
Dann singen wir fort in das ander Land.
Alleweg mögen wir nit hie bleiben,
Der Tod will uns von hinnen treiben;
Noch morgen oder alle zur Hand,
Gott weiß, wir müssen in das ander Land.

Auguſtinus.

O wie hoch bin ich geflogen,
Wie hat mich das Gemuͤth betrogen;
Als ich nach dem Kindlein ſah,
War es fort, war nicht mehr da.
Nimmer werd ich ſo hoch fliegen,
Nimmer michs Gemuͤth betruͤgen;
Bis zergehen wird die Erd,
Und ich nicht mehr denken werd.


Dies iſt das ander Land.

(Manuſcript. 1477.)

Es iſt nit allewege Feſtabend,
Der Tod koͤmmt und bringet den Abend;
Und bindt uns mit einem feſten Band,
Daß er uns bringe in das ander Land.
Auch ſo iſt allezeit nit Maye,
Wir muͤſſen tanzen an dem Reihe;
Daß uns der May wird entwandt,
Dann ſingen wir fort in das ander Land.
Alleweg moͤgen wir nit hie bleiben,
Der Tod will uns von hinnen treiben;
Noch morgen oder alle zur Hand,
Gott weiß, wir muͤſſen in das ander Land.

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[183/0193] Auguſtinus. O wie hoch bin ich geflogen, Wie hat mich das Gemuͤth betrogen; Als ich nach dem Kindlein ſah, War es fort, war nicht mehr da. Nimmer werd ich ſo hoch fliegen, Nimmer michs Gemuͤth betruͤgen; Bis zergehen wird die Erd, Und ich nicht mehr denken werd. Dies iſt das ander Land. (Manuſcript. 1477.) Es iſt nit allewege Feſtabend, Der Tod koͤmmt und bringet den Abend; Und bindt uns mit einem feſten Band, Daß er uns bringe in das ander Land. Auch ſo iſt allezeit nit Maye, Wir muͤſſen tanzen an dem Reihe; Daß uns der May wird entwandt, Dann ſingen wir fort in das ander Land. Alleweg moͤgen wir nit hie bleiben, Der Tod will uns von hinnen treiben; Noch morgen oder alle zur Hand, Gott weiß, wir muͤſſen in das ander Land.

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/193>, abgerufen am 29.03.2024.