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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.

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Aufgeopfert nicht mehr meint,
Als nur Gott und seine Kraft,
Die den Sohn der Liebe schafft.

18. Hochzeitabend.
Nun muß ich ihn lieben, nun muß ich allein,
Des göttlichen Bräutgams Verlobete seyn!
Ihn lieben ist Freude und selig genug,
Drum folg ich mit Lust dem heiligen Zug.
Was bringet die irdische Liebe als Tod?
Was wirken die fleischlichen Lüste als Noth?
Wie bald ist ein Blick der Freude vorbei?
Da sieht man wie kurz die Eitelkeit sey.
Der göttliche Funken kann nimmermehr ruhn,
Als wenn er zum Ursprung sich wieder kann thun;
Da findet er Lust, da giebt er sich ein,
Da wächset sein Licht vom lieblichsten Schein.
Und wenn er nun wächset, so mehrt sich die Kraft,
Die Gottes liebreitzendes Küssen verschafft,
Da stirbet das Fleisch, da lebet der Geist,
Der Christi Verlobte nun ewiglich heißt.
Und ist dem Verliebten nur Reinheit bewußt,
So öffnet sich rein paradiesische Lust;
Da kämpfet und siegt vereinigte Stärk,
Wird täglich erfrischt zum göttlichen Werk.

Aufgeopfert nicht mehr meint,
Als nur Gott und ſeine Kraft,
Die den Sohn der Liebe ſchafft.

18. Hochzeitabend.
Nun muß ich ihn lieben, nun muß ich allein,
Des goͤttlichen Braͤutgams Verlobete ſeyn!
Ihn lieben iſt Freude und ſelig genug,
Drum folg ich mit Luſt dem heiligen Zug.
Was bringet die irdiſche Liebe als Tod?
Was wirken die fleiſchlichen Luͤſte als Noth?
Wie bald iſt ein Blick der Freude vorbei?
Da ſieht man wie kurz die Eitelkeit ſey.
Der goͤttliche Funken kann nimmermehr ruhn,
Als wenn er zum Urſprung ſich wieder kann thun;
Da findet er Luſt, da giebt er ſich ein,
Da waͤchſet ſein Licht vom lieblichſten Schein.
Und wenn er nun waͤchſet, ſo mehrt ſich die Kraft,
Die Gottes liebreitzendes Kuͤſſen verſchafft,
Da ſtirbet das Fleiſch, da lebet der Geiſt,
Der Chriſti Verlobte nun ewiglich heißt.
Und iſt dem Verliebten nur Reinheit bewußt,
So oͤffnet ſich rein paradieſiſche Luſt;
Da kaͤmpfet und ſiegt vereinigte Staͤrk,
Wird taͤglich erfriſcht zum goͤttlichen Werk.

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[228/0238] Aufgeopfert nicht mehr meint, Als nur Gott und ſeine Kraft, Die den Sohn der Liebe ſchafft. 18. Hochzeitabend. Nun muß ich ihn lieben, nun muß ich allein, Des goͤttlichen Braͤutgams Verlobete ſeyn! Ihn lieben iſt Freude und ſelig genug, Drum folg ich mit Luſt dem heiligen Zug. Was bringet die irdiſche Liebe als Tod? Was wirken die fleiſchlichen Luͤſte als Noth? Wie bald iſt ein Blick der Freude vorbei? Da ſieht man wie kurz die Eitelkeit ſey. Der goͤttliche Funken kann nimmermehr ruhn, Als wenn er zum Urſprung ſich wieder kann thun; Da findet er Luſt, da giebt er ſich ein, Da waͤchſet ſein Licht vom lieblichſten Schein. Und wenn er nun waͤchſet, ſo mehrt ſich die Kraft, Die Gottes liebreitzendes Kuͤſſen verſchafft, Da ſtirbet das Fleiſch, da lebet der Geiſt, Der Chriſti Verlobte nun ewiglich heißt. Und iſt dem Verliebten nur Reinheit bewußt, So oͤffnet ſich rein paradieſiſche Luſt; Da kaͤmpfet und ſiegt vereinigte Staͤrk, Wird taͤglich erfriſcht zum goͤttlichen Werk.

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/238>, abgerufen am 29.03.2024.