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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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An Bettine.

Da kommt der Fritz Schlosser aus dem Rheingau
und bringt nur drei geschnittne Federn von Dir und
sagt: er hätt' geschworen daß er mir keine Ruh' lassen
will, ich müßt' schreiben wer's gewesen ist der Deine
Brief' gelesen hat. -- Was hat's denn für Noth, wer
sollt's denn gewesen sein? -- in Weimar ist alles ruhig
und auf dem alten Fleck. Das schreiben die Zeitungen
schon allemal voraus, lang eh' es wahr ist, wenn mein
Sohn zu einer Reis' Anstalt macht, der kommt einem
nicht mit der Thür in's Haus gefallen. Da sieht man
aber doch recht daß Dein Herz Deinem Kopf was weiß
macht. Herz, was verlangst du? -- Das ist ein Sprich-
wort, und wenn es sagt was es will, so geht's wie in
einem schlechten Wirthshaus, da haben sie alles, nur
keine frische Eier, die man grad' haben will. Adieu,
das hab' ich bei der Nachtlamp' geschrieben.

Ich bin Dir gut.
Catharina Goethe.

Das hätt' ich bald vergessen zu schreiben wer mir
Deinen Brief gelesen hat, das war der Pfarrer Hufna-
gel der wollt' auch sehen was ich mach' nach dem

An Bettine.

Da kommt der Fritz Schloſſer aus dem Rheingau
und bringt nur drei geſchnittne Federn von Dir und
ſagt: er hätt' geſchworen daß er mir keine Ruh' laſſen
will, ich müßt' ſchreiben wer's geweſen iſt der Deine
Brief' geleſen hat. — Was hat's denn für Noth, wer
ſollt's denn geweſen ſein? — in Weimar iſt alles ruhig
und auf dem alten Fleck. Das ſchreiben die Zeitungen
ſchon allemal voraus, lang eh' es wahr iſt, wenn mein
Sohn zu einer Reiſ' Anſtalt macht, der kommt einem
nicht mit der Thür in's Haus gefallen. Da ſieht man
aber doch recht daß Dein Herz Deinem Kopf was weiß
macht. Herz, was verlangſt du? — Das iſt ein Sprich-
wort, und wenn es ſagt was es will, ſo geht's wie in
einem ſchlechten Wirthshaus, da haben ſie alles, nur
keine friſche Eier, die man grad' haben will. Adieu,
das hab' ich bei der Nachtlamp' geſchrieben.

Ich bin Dir gut.
Catharina Goethe.

Das hätt' ich bald vergeſſen zu ſchreiben wer mir
Deinen Brief geleſen hat, das war der Pfarrer Hufna-
gel der wollt' auch ſehen was ich mach' nach dem

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[41/0073] An Bettine. Da kommt der Fritz Schloſſer aus dem Rheingau und bringt nur drei geſchnittne Federn von Dir und ſagt: er hätt' geſchworen daß er mir keine Ruh' laſſen will, ich müßt' ſchreiben wer's geweſen iſt der Deine Brief' geleſen hat. — Was hat's denn für Noth, wer ſollt's denn geweſen ſein? — in Weimar iſt alles ruhig und auf dem alten Fleck. Das ſchreiben die Zeitungen ſchon allemal voraus, lang eh' es wahr iſt, wenn mein Sohn zu einer Reiſ' Anſtalt macht, der kommt einem nicht mit der Thür in's Haus gefallen. Da ſieht man aber doch recht daß Dein Herz Deinem Kopf was weiß macht. Herz, was verlangſt du? — Das iſt ein Sprich- wort, und wenn es ſagt was es will, ſo geht's wie in einem ſchlechten Wirthshaus, da haben ſie alles, nur keine friſche Eier, die man grad' haben will. Adieu, das hab' ich bei der Nachtlamp' geſchrieben. Ich bin Dir gut. Catharina Goethe. Das hätt' ich bald vergeſſen zu ſchreiben wer mir Deinen Brief geleſen hat, das war der Pfarrer Hufna- gel der wollt' auch ſehen was ich mach' nach dem

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/73>, abgerufen am 28.03.2024.