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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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An Bettine.

Du bist ein feines Kind, ich lese deine lieben Briefe
mit innigem Vergnügen, und werde sie gewiß immer
wieder lesen mit demselben Genuß. Dein Malen des
Erlebten sammt aller innern Empfindung von Zärtlichkeit,
und dem was Dir dein witziger Dämon eingiebt, sind
wahre Originalskizen, die auch neben den ernsteren Be-
schäftigungen ihr hohes Interesse nicht verläugnen,
nimm es daher als eine herzliche Wahrheit auf wenn
ich Dir danke. Bewahre mir dein Vertrauen und lasse
es wo möglich noch zu nehmen. Du wirst mir immer
sein und bleiben was Du bist. Mit was kann man
Dir auch vergelten, als nur, daß man sich willig von
allen deinen guten Gaben bereichern läßt. Wie viel
Du meiner Mutter bist weißt Du selbst, ihre Briefe flie-
ßen in Lob und Liebe über. Fährst Du so fort den
flüchtigen Momenten guten Glückes, liebliche Denkmale
der Erinnerung zu widmen; ich stehe Dir nicht dafür,
daß ich mir's anmaaßen könnte solche geniale leben-
volle Entwürfe zur Ausführung zu benützen, wenn sie
dann nur auch so warm und wahr an's Herz sprechen.

Die Trauben an meinem Fenster die schon vor ih-

8**
An Bettine.

Du biſt ein feines Kind, ich leſe deine lieben Briefe
mit innigem Vergnügen, und werde ſie gewiß immer
wieder leſen mit demſelben Genuß. Dein Malen des
Erlebten ſammt aller innern Empfindung von Zärtlichkeit,
und dem was Dir dein witziger Dämon eingiebt, ſind
wahre Originalſkizen, die auch neben den ernſteren Be-
ſchäftigungen ihr hohes Intereſſe nicht verläugnen,
nimm es daher als eine herzliche Wahrheit auf wenn
ich Dir danke. Bewahre mir dein Vertrauen und laſſe
es wo möglich noch zu nehmen. Du wirſt mir immer
ſein und bleiben was Du biſt. Mit was kann man
Dir auch vergelten, als nur, daß man ſich willig von
allen deinen guten Gaben bereichern läßt. Wie viel
Du meiner Mutter biſt weißt Du ſelbſt, ihre Briefe flie-
ßen in Lob und Liebe über. Fährſt Du ſo fort den
flüchtigen Momenten guten Glückes, liebliche Denkmale
der Erinnerung zu widmen; ich ſtehe Dir nicht dafür,
daß ich mir's anmaaßen könnte ſolche geniale leben-
volle Entwürfe zur Ausführung zu benützen, wenn ſie
dann nur auch ſo warm und wahr an's Herz ſprechen.

Die Trauben an meinem Fenſter die ſchon vor ih-

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[177/0209] An Bettine. Du biſt ein feines Kind, ich leſe deine lieben Briefe mit innigem Vergnügen, und werde ſie gewiß immer wieder leſen mit demſelben Genuß. Dein Malen des Erlebten ſammt aller innern Empfindung von Zärtlichkeit, und dem was Dir dein witziger Dämon eingiebt, ſind wahre Originalſkizen, die auch neben den ernſteren Be- ſchäftigungen ihr hohes Intereſſe nicht verläugnen, nimm es daher als eine herzliche Wahrheit auf wenn ich Dir danke. Bewahre mir dein Vertrauen und laſſe es wo möglich noch zu nehmen. Du wirſt mir immer ſein und bleiben was Du biſt. Mit was kann man Dir auch vergelten, als nur, daß man ſich willig von allen deinen guten Gaben bereichern läßt. Wie viel Du meiner Mutter biſt weißt Du ſelbſt, ihre Briefe flie- ßen in Lob und Liebe über. Fährſt Du ſo fort den flüchtigen Momenten guten Glückes, liebliche Denkmale der Erinnerung zu widmen; ich ſtehe Dir nicht dafür, daß ich mir's anmaaßen könnte ſolche geniale leben- volle Entwürfe zur Ausführung zu benützen, wenn ſie dann nur auch ſo warm und wahr an's Herz ſprechen. Die Trauben an meinem Fenſter die ſchon vor ih- 8**

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/209>, abgerufen am 25.04.2024.