Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Da ich Dich aber haben möchte, so denke ich an
Dich, weil Denken Dich verstehen lernt.


Wenn ich nicht ganz bin, wie Du mich lieben müß-
test, so ist mein Bewußtsein von Dir vernichtet. Das
aber fördert mich, bringt mich Dir näher, wenn auch
mein sinnliches Handeln, mein äußeres Leben sich im
Rythmus der Liebe bewegt; wenn nichts Einfluß auf
mich hat, als das Gefühl, daß ich Dein gehöre, durch
eignen freien Willen Dir gewidmet bin.

Ich hab' Dich nicht in diesem äußeren Leben; An-
dere rühmen sich Deiner Treue, Deines Vertrauens, Dei-
ner Hingebung; ergehen sich mit Dir im Labyrinth
Deiner Brust
; die Deines Besitzes gewiß sind, die
Deiner Lust genügen.

Ich bin nichts, ich habe nichts, dessen Du begehrst;
kein Morgen weckt Dich, um nach mir zu fragen; kein
Abend leitet Dich heim zu mir; Du bist nicht bei mir
daheim.

Aber Vertrauen und Hingebung hab' ich in dieser
Innenwelt zu Dir; alle wunderbaren Wege meines Gei-

Da ich Dich aber haben möchte, ſo denke ich an
Dich, weil Denken Dich verſtehen lernt.


Wenn ich nicht ganz bin, wie Du mich lieben müß-
teſt, ſo iſt mein Bewußtſein von Dir vernichtet. Das
aber fördert mich, bringt mich Dir näher, wenn auch
mein ſinnliches Handeln, mein äußeres Leben ſich im
Rythmus der Liebe bewegt; wenn nichts Einfluß auf
mich hat, als das Gefühl, daß ich Dein gehöre, durch
eignen freien Willen Dir gewidmet bin.

Ich hab' Dich nicht in dieſem äußeren Leben; An-
dere rühmen ſich Deiner Treue, Deines Vertrauens, Dei-
ner Hingebung; ergehen ſich mit Dir im Labyrinth
Deiner Bruſt
; die Deines Beſitzes gewiß ſind, die
Deiner Luſt genügen.

Ich bin nichts, ich habe nichts, deſſen Du begehrſt;
kein Morgen weckt Dich, um nach mir zu fragen; kein
Abend leitet Dich heim zu mir; Du biſt nicht bei mir
daheim.

Aber Vertrauen und Hingebung hab' ich in dieſer
Innenwelt zu Dir; alle wunderbaren Wege meines Gei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0020" n="10"/>
          <p>Da ich Dich aber haben möchte, &#x017F;o denke ich an<lb/>
Dich, weil Denken Dich ver&#x017F;tehen lernt.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Wenn ich nicht ganz bin, wie Du mich lieben müß-<lb/>
te&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t mein Bewußt&#x017F;ein von Dir vernichtet. Das<lb/>
aber fördert mich, bringt mich Dir näher, wenn auch<lb/>
mein &#x017F;innliches Handeln, mein äußeres Leben &#x017F;ich im<lb/>
Rythmus der Liebe bewegt; wenn nichts Einfluß auf<lb/>
mich hat, als das Gefühl, daß ich Dein gehöre, durch<lb/>
eignen freien Willen Dir gewidmet bin.</p><lb/>
          <p>Ich hab' Dich nicht in die&#x017F;em äußeren Leben; An-<lb/>
dere rühmen &#x017F;ich Deiner Treue, Deines Vertrauens, Dei-<lb/>
ner Hingebung; ergehen &#x017F;ich mit Dir <hi rendition="#g">im Labyrinth<lb/>
Deiner Bru&#x017F;t</hi>; die Deines Be&#x017F;itzes gewiß &#x017F;ind, die<lb/>
Deiner Lu&#x017F;t genügen.</p><lb/>
          <p>Ich bin nichts, ich habe nichts, de&#x017F;&#x017F;en Du begehr&#x017F;t;<lb/>
kein Morgen weckt Dich, um nach mir zu fragen; kein<lb/>
Abend leitet Dich heim zu mir; Du bi&#x017F;t nicht bei mir<lb/>
daheim.</p><lb/>
          <p>Aber Vertrauen und Hingebung hab' ich in die&#x017F;er<lb/>
Innenwelt zu Dir; alle wunderbaren Wege meines Gei-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0020] Da ich Dich aber haben möchte, ſo denke ich an Dich, weil Denken Dich verſtehen lernt. Wenn ich nicht ganz bin, wie Du mich lieben müß- teſt, ſo iſt mein Bewußtſein von Dir vernichtet. Das aber fördert mich, bringt mich Dir näher, wenn auch mein ſinnliches Handeln, mein äußeres Leben ſich im Rythmus der Liebe bewegt; wenn nichts Einfluß auf mich hat, als das Gefühl, daß ich Dein gehöre, durch eignen freien Willen Dir gewidmet bin. Ich hab' Dich nicht in dieſem äußeren Leben; An- dere rühmen ſich Deiner Treue, Deines Vertrauens, Dei- ner Hingebung; ergehen ſich mit Dir im Labyrinth Deiner Bruſt; die Deines Beſitzes gewiß ſind, die Deiner Luſt genügen. Ich bin nichts, ich habe nichts, deſſen Du begehrſt; kein Morgen weckt Dich, um nach mir zu fragen; kein Abend leitet Dich heim zu mir; Du biſt nicht bei mir daheim. Aber Vertrauen und Hingebung hab' ich in dieſer Innenwelt zu Dir; alle wunderbaren Wege meines Gei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/20
Zitationshilfe: [Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/20>, abgerufen am 28.03.2024.