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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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gen von der Natur gegründet für den Geist der sie als
göttlich zu fassen vermag, aber sie werden wohl nimmer
im Buchstaben können gefaßt werden zum wenigsten
nicht in unserm Jahrhundert. --

Ist denn das alles von Gedanken was Du in Dein
Buch aufgeschrieben, o verliere nichts. Hier sende ich
Dir ein paar Lieder, lese sie wie man Gedichte ließt
ohne zu großen Affect. Denk daß der Reim auch die
Stimmung leitet und glaub nicht gleich ich sei zu trau¬
rig. -- Gedichte sind Balsam auf unerfüllbares im Le¬
ben; nach und nach verharrscht es, und aus der Wunde
deren Blut den Seelenboden tränkte hat der Geist schöne
rothe Blumen gezogen die wieder einen Tag blühen, an
dem es süß ist der Erinnerung Duft aus ihnen zu
saugen.

Die Pilger hab ich vor acht Tagen geschrieben, auf
das letzte: Der Lethe Fluß, hatte Dein Emigrantenver¬
kehr Einfluß; ich weiß nicht wie.

Ist St. Clair noch nicht zurückgekehrt? war er bei
Dir? --

gen von der Natur gegründet für den Geiſt der ſie als
göttlich zu faſſen vermag, aber ſie werden wohl nimmer
im Buchſtaben können gefaßt werden zum wenigſten
nicht in unſerm Jahrhundert. —

Iſt denn das alles von Gedanken was Du in Dein
Buch aufgeſchrieben, o verliere nichts. Hier ſende ich
Dir ein paar Lieder, leſe ſie wie man Gedichte ließt
ohne zu großen Affect. Denk daß der Reim auch die
Stimmung leitet und glaub nicht gleich ich ſei zu trau¬
rig. — Gedichte ſind Balſam auf unerfüllbares im Le¬
ben; nach und nach verharrſcht es, und aus der Wunde
deren Blut den Seelenboden tränkte hat der Geiſt ſchöne
rothe Blumen gezogen die wieder einen Tag blühen, an
dem es ſüß iſt der Erinnerung Duft aus ihnen zu
ſaugen.

Die Pilger hab ich vor acht Tagen geſchrieben, auf
das letzte: Der Lethe Fluß, hatte Dein Emigrantenver¬
kehr Einfluß; ich weiß nicht wie.

Iſt St. Clair noch nicht zurückgekehrt? war er bei
Dir? —

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[405/0421] gen von der Natur gegründet für den Geiſt der ſie als göttlich zu faſſen vermag, aber ſie werden wohl nimmer im Buchſtaben können gefaßt werden zum wenigſten nicht in unſerm Jahrhundert. — Iſt denn das alles von Gedanken was Du in Dein Buch aufgeſchrieben, o verliere nichts. Hier ſende ich Dir ein paar Lieder, leſe ſie wie man Gedichte ließt ohne zu großen Affect. Denk daß der Reim auch die Stimmung leitet und glaub nicht gleich ich ſei zu trau¬ rig. — Gedichte ſind Balſam auf unerfüllbares im Le¬ ben; nach und nach verharrſcht es, und aus der Wunde deren Blut den Seelenboden tränkte hat der Geiſt ſchöne rothe Blumen gezogen die wieder einen Tag blühen, an dem es ſüß iſt der Erinnerung Duft aus ihnen zu ſaugen. Die Pilger hab ich vor acht Tagen geſchrieben, auf das letzte: Der Lethe Fluß, hatte Dein Emigrantenver¬ kehr Einfluß; ich weiß nicht wie. Iſt St. Clair noch nicht zurückgekehrt? war er bei Dir? —

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/421>, abgerufen am 16.04.2024.