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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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von denen ketzer-geschichten.
[Spaltenumbruch] daß ihr einen fremden knecht richtet?
Wer hat euch die macht gegeben/ seyd
ihr sein erlöser/ sein richter? Jst er in eu-
rem namen getaufft? Habt ihr keinen
meister? Fället er/ so wird ihm sein mei-
ster wol wider auffhelffen/ er hat die
"macht dazu.
Die Pfältzischen kirchen/
"die Heßischen Theologi, der Hertzog von
"Würtenberg/ Peucerus, Eberus und andere
"nehmen wol die Augspurgische Confession
"an/ und gleichwol kommen sie nicht in ihrer
"auslegung mit einander über ein. -- Dar-
"um an statt/ daß ich mit euch disputire/ bitte
"ich GOtt/ daß er uns die gnade gebe/ uns sei-
"nes lichts theilhafftig zu machen/ welches al-
"le finsterniß der unwissenheit und boßheit ver-
"treibet. Lasset uns solche arten des disputi-
"rens verlassen/ da wir auff unsern auslegun-
"gen hartnäckig bestehen bleiben. Lasset uns
"die erbauung der gemeine CHristi suchen/
"und nicht unsere eigene ehre. Lasset uns fleis-
"sig seyn/ die menschen durch unsere predigten
"zu CHristo unsern obristen Lehrer zu führen/
"und nicht/ daß sie der Augspurgischen Con-
"fession
oder dem Catechismo Martini, oder
"der auslegung Johannis oder Petri folgen
"sollen. -- Und ach! daß wirs wüsten/ wie
"viel uns noch gebreche/ Lehrer des Evangelii
"zu seyn? Die bekäntniß unserer unwissenheit
"solte uns vielmehr antreiben/ dasselbige noch
"zu lernen/ als daß wir uns zu Inquisitoren
"und richtern machen/ und zwar über eines an-
"dern glauben/ und die zeit mit schwatzen verder-
"ben/ und das papier mit fragen anfüllen/ die
"keine erbauung bringen. So weit der gedach-
"te brieff dieses mannes/ welcher um selbige
"zeit alsbald Teutsch herausgekommen ist/
"und dann auch Frantzösisch.

Num. VII.

Ahasv. Fritschius in Paraenes. de cavenda con-
vitiandi libidine. §. 3. seqq.
beklaget die sache al-
so: Wir haben bißher nicht nur der Juristen/
Medicorum und Philosophorum schrifften/
sondern auch etlicher Theologorum schrifften/
in welchen doch von den allerwichtigsten/ und
die ewige wolfarth der seelen anzielenden sachen
gehandelt wird/ mit lästerlichen auffziehungen/
schändlichen höhnereyen/ und garstigen durch-
hechelungen angefüllet gesehen/ und dieselbe
mit andern nicht ohne seufftzen/ schmertzen und
unwillen gelesen. Man kan aber wahrneh-
men/ wie etliche ingenia, welche von natur spöt-
tisch und hinderlistig sind/ und nichts sagen
oder schreiben ohne bitterkeit/ und weder die
zunge noch die feder in zaum halten können.
Etliche verwundern sich nur über ihre eigne und
einheimische sachen/ alles fremde aber achten sie
gering und vor nichts. Man findet solche ei-
gensinnige und an ihren meinungen klebende
leute/ welche so empfindlich sind/ daß sie auch
nicht den geringsten widerspruch leiden wollen/
oder können. Wenn etwa einer oder der an-
dere von ihren meinungen/ obwol mit gnugsa-
mer bescheidenheit/ abtrit/ so werden sie alsobald
unwillig und zornig/ schreiben widerlegungs-
schrifften oder programmata, die voll bitterer
und stachlichter redens-arten wieder ihren ge-
gentheil sind/ oder sie spreyen auch wol auff öf-
fentlichem Catheder schmähungen und lästerun-
[Spaltenumbruch] gen wider denselben aus/ gleich als wenn sie
von GOtt unmittelbar mit der gabe der infal-
libilitaet
ausgerüstet wären. Etliche junge
leute lassen sichs sauer werden grosser männer
und ihrer Lehrer schrifften zuwiderlegen/ um sich
damit sehen zulassen/ und einen eiteln ruhm zu
erhaschen/ in dem sie sich fälschlich einbilden/
sie würden höher geachtet/ wenn sie mit ihnen
zu streiten sich unterstünden. Andere sind so
frech im reden/ und so kühne im schreiben/ daß sie
offenbarlich allen krieg dräuen/ die ihren mei-
nungen widersprechen würden/ und sagen/ sie
hätten auch heu auff den hörnern; Ja sie fodern
alle zum streit auff/ wer sie auch nur seyn mö-
gen. Ach aber! wie ist doch alles so eitel. Et-
liche pflegen in den vorreden ihrer bücher
öffentlich und solenniter zubezeugen und zu
protestiren/ wie sie ohne einiger person beleidi-
gung und aus einer reinen liebe zur warheit
schrieben. Ja man schonet auch derer nicht/
welche sich erbieten besser lassen zu unterrichten/
welche um eine bescheidene beurtheilung bit-
ten/ und alles/ was sie irrig oder unbedachtsam
gesagt hätten/ alles ungesagt seyn wollen lassen;
Und welche sich fleißig in acht nehmen/ daß ja
kein unbescheiden wort wider die/ von welchen
sie dissentirten/ in ihre feder fliesse/ nichts desto-
weniger können sie vor denen spöttern und läste-
rern kaum sicher seyn. Es sollen aber alle/ welche
mit verfertigung und heraus gebung ihrer bü-
cher der kirchen oder dem gemeinen wesen die-
nen wollen/ der menschlichen schwachheit ein-
gedenck seyn/ und von dergleichen schädlichen
und einem Christen gantz unanständigen
schmähsucht/ anderer schrifften durchzuziehen/
auszuhönen/ zu verlachen und zu bestraffen/
weit entfernet seyn. Gewiß/ erbare und verstän-
dige leute haben einen abscheu vor allem unnü-
tzem gezäncke/ und bitteren anzüglichen reden.
Die warheit kan vertheidiget werden/ welche die
einfalt liebt/ mit einfältigen bescheidenen worte/
ohne alle bitterkeit/ ohne lästerungen und scharf-
stachlichtes ausdrücken. Hat einer eine irrige
lehre in seinen schrifften/ so vertheidige man der
sachen warheit/ man verdamme den irrthum/
aber ohne verletzung des gesetzes der liebe/ und
beschimpffung des nächsten. Denn es steht ja
gar nicht fein/ die person des irrenden mit
schändlichen tituln und schmähungen gleich-
sam zu zerbeissen und zerreissen/ und denjeni-
gen/ welcher etwa diese oder jene eigene meinung
hat/ als einen narren/ unverständigen/ esel und
dergleichen auszuschreyen.

Warlich/ werda glaubt/ wie es denn ein
jeder glauben soll/ daß alles von GOtt sey:
GOtt sey der eintzige geber aller güter/ aller
weißheit und wissenschafft: Daß die gaben
unterschieden seyn/ und/ wie der Apostel sagt/
daß der mensch sie nach seinem maß und Göttli-
chem wolgefallen aus lauter gnade empfangen
habe/ der wird von dieser allerschändlichsten sa-
che sich enthalten. Denn was rühmest du dich
denn o mensch! als wenn du es nicht empfan-
gen hättest? Sage doch vielmehr dem aller-
gütigsten GOtt danck/ wenn du einer sachen
wahrheit besser/ vollkommener/ genauer und
tieffer einsehen und erkennen kanst/ als ein an-
derer/ welcher nicht einen so scharffen verstand
und tieffe gelehrsamkeit hat/ oder welcher nicht
gnugsam von der sache unterrichtet ist. Du

wirst
A. K. H. Vierter Theil. B 2

von denen ketzer-geſchichten.
[Spaltenumbruch] daß ihr einen fremden knecht richtet?
Wer hat euch die macht gegeben/ ſeyd
ihr ſein erloͤſer/ ſein richter? Jſt er in eu-
rem namen getaufft? Habt ihr keinen
meiſter? Faͤllet er/ ſo wird ihm ſein mei-
ſter wol wider auffhelffen/ er hat die
„macht dazu.
Die Pfaͤltziſchen kirchen/
„die Heßiſchen Theologi, der Hertzog von
„Wuͤrtenberg/ Peucerus, Eberus und andere
„nehmen wol die Augſpurgiſche Confeſſion
„an/ und gleichwol kommen ſie nicht in ihrer
„auslegung mit einander uͤber ein. — Dar-
„um an ſtatt/ daß ich mit euch diſputire/ bitte
„ich GOtt/ daß er uns die gnade gebe/ uns ſei-
„nes lichts theilhafftig zu machen/ welches al-
„le finſterniß der unwiſſenheit und boßheit ver-
„treibet. Laſſet uns ſolche arten des diſputi-
„rens verlaſſen/ da wir auff unſern auslegun-
„gen hartnaͤckig beſtehen bleiben. Laſſet uns
„die erbauung der gemeine CHriſti ſuchen/
„und nicht unſere eigene ehre. Laſſet uns fleiſ-
„ſig ſeyn/ die menſchen durch unſere predigten
„zu CHriſto unſern obriſten Lehrer zu fuͤhren/
„und nicht/ daß ſie der Augſpurgiſchen Con-
„feſſion
oder dem Catechiſmo Martini, oder
„der auslegung Johannis oder Petri folgen
„ſollen. — Und ach! daß wirs wuͤſten/ wie
„viel uns noch gebreche/ Lehrer des Evangelii
„zu ſeyn? Die bekaͤntniß unſerer unwiſſenheit
„ſolte uns vielmehr antreiben/ daſſelbige noch
„zu lernen/ als daß wir uns zu Inquiſitoren
„und richtern machen/ und zwar uͤber eines an-
„dern glauben/ und die zeit mit ſchwatzen verder-
„ben/ und das papier mit fragen anfuͤllen/ die
„keine erbauung bringen. So weit der gedach-
„te brieff dieſes mannes/ welcher um ſelbige
„zeit alsbald Teutſch herausgekommen iſt/
„und dann auch Frantzoͤſiſch.

Num. VII.

Ahaſv. Fritſchius in Paræneſ. de cavenda con-
vitiandi libidine. §. 3. ſeqq.
beklaget die ſache al-
ſo: Wir haben bißher nicht nur der Juriſten/
Medicorum und Philoſophorum ſchrifften/
ſondern auch etlicher Theologorum ſchrifften/
in welchen doch von den allerwichtigſten/ und
die ewige wolfarth der ſeelen anzielenden ſachen
gehandelt wird/ mit laͤſterlichen auffziehungen/
ſchaͤndlichen hoͤhnereyen/ und garſtigen durch-
hechelungen angefuͤllet geſehen/ und dieſelbe
mit andern nicht ohne ſeufftzen/ ſchmertzen und
unwillen geleſen. Man kan aber wahrneh-
men/ wie etliche ingenia, welche von natur ſpoͤt-
tiſch und hinderliſtig ſind/ und nichts ſagen
oder ſchreiben ohne bitterkeit/ und weder die
zunge noch die feder in zaum halten koͤnnen.
Etliche verwundern ſich nur uͤber ihre eigne und
einheimiſche ſachen/ alles fremde aber achten ſie
gering und vor nichts. Man findet ſolche ei-
genſinnige und an ihren meinungen klebende
leute/ welche ſo empfindlich ſind/ daß ſie auch
nicht den geringſten widerſpruch leiden wollen/
oder koͤnnen. Wenn etwa einer oder der an-
dere von ihren meinungen/ obwol mit gnugſa-
mer beſcheidenheit/ abtrit/ ſo werden ſie alſobald
unwillig und zornig/ ſchreiben widerlegungs-
ſchrifften oder programmata, die voll bitterer
und ſtachlichter redens-arten wieder ihren ge-
gentheil ſind/ oder ſie ſpreyen auch wol auff oͤf-
fentlichem Cathedeꝛ ſchmaͤhungen und laͤſteꝛun-
[Spaltenumbruch] gen wider denſelben aus/ gleich als wenn ſie
von GOtt unmittelbar mit der gabe der infal-
libilitæt
ausgeruͤſtet waͤren. Etliche junge
leute laſſen ſichs ſauer werden groſſer maͤnner
und ihrer Lehrer ſchrifften zuwiderlegen/ um ſich
damit ſehen zulaſſen/ und einen eiteln ruhm zu
erhaſchen/ in dem ſie ſich faͤlſchlich einbilden/
ſie wuͤrden hoͤher geachtet/ wenn ſie mit ihnen
zu ſtreiten ſich unterſtuͤnden. Andere ſind ſo
frech im reden/ und ſo kuͤhne im ſchreiben/ daß ſie
offenbarlich allen krieg draͤuen/ die ihren mei-
nungen widerſprechen wuͤrden/ und ſagen/ ſie
haͤtten auch heu auff den hoͤrnern; Ja ſie fodern
alle zum ſtreit auff/ wer ſie auch nur ſeyn moͤ-
gen. Ach aber! wie iſt doch alles ſo eitel. Et-
liche pflegen in den vorreden ihrer buͤcher
oͤffentlich und ſolenniter zubezeugen und zu
proteſtiren/ wie ſie ohne einiger perſon beleidi-
gung und aus einer reinen liebe zur warheit
ſchrieben. Ja man ſchonet auch derer nicht/
welche ſich erbieten beſſer laſſen zu unterrichten/
welche um eine beſcheidene beurtheilung bit-
ten/ und alles/ was ſie irrig oder unbedachtſam
geſagt haͤtten/ alles ungeſagt ſeyn wollen laſſen;
Und welche ſich fleißig in acht nehmen/ daß ja
kein unbeſcheiden wort wider die/ von welchen
ſie diſſentirten/ in ihre feder flieſſe/ nichts deſto-
weniger koͤnnen ſie vor denen ſpoͤttern und laͤſte-
rern kaum ſicher ſeyn. Es ſollen aber alle/ welche
mit verfertigung und heraus gebung ihrer buͤ-
cher der kirchen oder dem gemeinen weſen die-
nen wollen/ der menſchlichen ſchwachheit ein-
gedenck ſeyn/ und von dergleichen ſchaͤdlichen
und einem Chriſten gantz unanſtaͤndigen
ſchmaͤhſucht/ anderer ſchrifften durchzuziehen/
auszuhoͤnen/ zu verlachen und zu beſtraffen/
weit entfernet ſeyn. Gewiß/ erbare und verſtaͤn-
dige leute haben einen abſcheu vor allem unnuͤ-
tzem gezaͤncke/ und bitteren anzuͤglichen reden.
Die waꝛheit kan veꝛtheidiget werden/ welche die
einfalt liebt/ mit einfaͤltigen beſcheidenen wortē/
ohne alle bitterkeit/ ohne laͤſterungen und ſcharf-
ſtachlichtes ausdruͤcken. Hat einer eine irꝛige
lehre in ſeinen ſchrifften/ ſo vertheidige man der
ſachen warheit/ man verdamme den irꝛthum/
aber ohne verletzung des geſetzes der liebe/ und
beſchimpffung des naͤchſten. Denn es ſteht ja
gar nicht fein/ die perſon des irrenden mit
ſchaͤndlichen tituln und ſchmaͤhungen gleich-
ſam zu zerbeiſſen und zerreiſſen/ und denjeni-
gen/ welcher etwa dieſe oder jene eigene meinung
hat/ als einen narren/ unverſtaͤndigen/ eſel und
dergleichen auszuſchreyen.

Warlich/ werda glaubt/ wie es denn ein
jeder glauben ſoll/ daß alles von GOtt ſey:
GOtt ſey der eintzige geber aller guͤter/ aller
weißheit und wiſſenſchafft: Daß die gaben
unterſchieden ſeyn/ und/ wie der Apoſtel ſagt/
daß der menſch ſie nach ſeinem maß und Goͤttli-
chem wolgefallen aus lauter gnade empfangen
habe/ der wird von dieſer allerſchaͤndlichſten ſa-
che ſich enthalten. Denn was ruͤhmeſt du dich
denn o menſch! als wenn du es nicht empfan-
gen haͤtteſt? Sage doch vielmehr dem aller-
guͤtigſten GOtt danck/ wenn du einer ſachen
wahrheit beſſer/ vollkommener/ genauer und
tieffer einſehen und erkennen kanſt/ als ein an-
derer/ welcher nicht einen ſo ſcharffen verſtand
und tieffe gelehrſamkeit hat/ oder welcher nicht
gnugſam von der ſache unterrichtet iſt. Du

wirſt
A. K. H. Vierter Theil. B 2
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[11/0307] von denen ketzer-geſchichten. daß ihr einen fremden knecht richtet? Wer hat euch die macht gegeben/ ſeyd ihr ſein erloͤſer/ ſein richter? Jſt er in eu- rem namen getaufft? Habt ihr keinen meiſter? Faͤllet er/ ſo wird ihm ſein mei- ſter wol wider auffhelffen/ er hat die „macht dazu. Die Pfaͤltziſchen kirchen/ „die Heßiſchen Theologi, der Hertzog von „Wuͤrtenberg/ Peucerus, Eberus und andere „nehmen wol die Augſpurgiſche Confeſſion „an/ und gleichwol kommen ſie nicht in ihrer „auslegung mit einander uͤber ein. — Dar- „um an ſtatt/ daß ich mit euch diſputire/ bitte „ich GOtt/ daß er uns die gnade gebe/ uns ſei- „nes lichts theilhafftig zu machen/ welches al- „le finſterniß der unwiſſenheit und boßheit ver- „treibet. Laſſet uns ſolche arten des diſputi- „rens verlaſſen/ da wir auff unſern auslegun- „gen hartnaͤckig beſtehen bleiben. Laſſet uns „die erbauung der gemeine CHriſti ſuchen/ „und nicht unſere eigene ehre. Laſſet uns fleiſ- „ſig ſeyn/ die menſchen durch unſere predigten „zu CHriſto unſern obriſten Lehrer zu fuͤhren/ „und nicht/ daß ſie der Augſpurgiſchen Con- „feſſion oder dem Catechiſmo Martini, oder „der auslegung Johannis oder Petri folgen „ſollen. — Und ach! daß wirs wuͤſten/ wie „viel uns noch gebreche/ Lehrer des Evangelii „zu ſeyn? Die bekaͤntniß unſerer unwiſſenheit „ſolte uns vielmehr antreiben/ daſſelbige noch „zu lernen/ als daß wir uns zu Inquiſitoren „und richtern machen/ und zwar uͤber eines an- „dern glauben/ und die zeit mit ſchwatzen verder- „ben/ und das papier mit fragen anfuͤllen/ die „keine erbauung bringen. So weit der gedach- „te brieff dieſes mannes/ welcher um ſelbige „zeit alsbald Teutſch herausgekommen iſt/ „und dann auch Frantzoͤſiſch. Num. VII. Ahaſv. Fritſchius in Paræneſ. de cavenda con- vitiandi libidine. §. 3. ſeqq. beklaget die ſache al- ſo: Wir haben bißher nicht nur der Juriſten/ Medicorum und Philoſophorum ſchrifften/ ſondern auch etlicher Theologorum ſchrifften/ in welchen doch von den allerwichtigſten/ und die ewige wolfarth der ſeelen anzielenden ſachen gehandelt wird/ mit laͤſterlichen auffziehungen/ ſchaͤndlichen hoͤhnereyen/ und garſtigen durch- hechelungen angefuͤllet geſehen/ und dieſelbe mit andern nicht ohne ſeufftzen/ ſchmertzen und unwillen geleſen. Man kan aber wahrneh- men/ wie etliche ingenia, welche von natur ſpoͤt- tiſch und hinderliſtig ſind/ und nichts ſagen oder ſchreiben ohne bitterkeit/ und weder die zunge noch die feder in zaum halten koͤnnen. Etliche verwundern ſich nur uͤber ihre eigne und einheimiſche ſachen/ alles fremde aber achten ſie gering und vor nichts. Man findet ſolche ei- genſinnige und an ihren meinungen klebende leute/ welche ſo empfindlich ſind/ daß ſie auch nicht den geringſten widerſpruch leiden wollen/ oder koͤnnen. Wenn etwa einer oder der an- dere von ihren meinungen/ obwol mit gnugſa- mer beſcheidenheit/ abtrit/ ſo werden ſie alſobald unwillig und zornig/ ſchreiben widerlegungs- ſchrifften oder programmata, die voll bitterer und ſtachlichter redens-arten wieder ihren ge- gentheil ſind/ oder ſie ſpreyen auch wol auff oͤf- fentlichem Cathedeꝛ ſchmaͤhungen und laͤſteꝛun- gen wider denſelben aus/ gleich als wenn ſie von GOtt unmittelbar mit der gabe der infal- libilitæt ausgeruͤſtet waͤren. Etliche junge leute laſſen ſichs ſauer werden groſſer maͤnner und ihrer Lehrer ſchrifften zuwiderlegen/ um ſich damit ſehen zulaſſen/ und einen eiteln ruhm zu erhaſchen/ in dem ſie ſich faͤlſchlich einbilden/ ſie wuͤrden hoͤher geachtet/ wenn ſie mit ihnen zu ſtreiten ſich unterſtuͤnden. Andere ſind ſo frech im reden/ und ſo kuͤhne im ſchreiben/ daß ſie offenbarlich allen krieg draͤuen/ die ihren mei- nungen widerſprechen wuͤrden/ und ſagen/ ſie haͤtten auch heu auff den hoͤrnern; Ja ſie fodern alle zum ſtreit auff/ wer ſie auch nur ſeyn moͤ- gen. Ach aber! wie iſt doch alles ſo eitel. Et- liche pflegen in den vorreden ihrer buͤcher oͤffentlich und ſolenniter zubezeugen und zu proteſtiren/ wie ſie ohne einiger perſon beleidi- gung und aus einer reinen liebe zur warheit ſchrieben. Ja man ſchonet auch derer nicht/ welche ſich erbieten beſſer laſſen zu unterrichten/ welche um eine beſcheidene beurtheilung bit- ten/ und alles/ was ſie irrig oder unbedachtſam geſagt haͤtten/ alles ungeſagt ſeyn wollen laſſen; Und welche ſich fleißig in acht nehmen/ daß ja kein unbeſcheiden wort wider die/ von welchen ſie diſſentirten/ in ihre feder flieſſe/ nichts deſto- weniger koͤnnen ſie vor denen ſpoͤttern und laͤſte- rern kaum ſicher ſeyn. Es ſollen aber alle/ welche mit verfertigung und heraus gebung ihrer buͤ- cher der kirchen oder dem gemeinen weſen die- nen wollen/ der menſchlichen ſchwachheit ein- gedenck ſeyn/ und von dergleichen ſchaͤdlichen und einem Chriſten gantz unanſtaͤndigen ſchmaͤhſucht/ anderer ſchrifften durchzuziehen/ auszuhoͤnen/ zu verlachen und zu beſtraffen/ weit entfernet ſeyn. Gewiß/ erbare und verſtaͤn- dige leute haben einen abſcheu vor allem unnuͤ- tzem gezaͤncke/ und bitteren anzuͤglichen reden. Die waꝛheit kan veꝛtheidiget werden/ welche die einfalt liebt/ mit einfaͤltigen beſcheidenen wortē/ ohne alle bitterkeit/ ohne laͤſterungen und ſcharf- ſtachlichtes ausdruͤcken. Hat einer eine irꝛige lehre in ſeinen ſchrifften/ ſo vertheidige man der ſachen warheit/ man verdamme den irꝛthum/ aber ohne verletzung des geſetzes der liebe/ und beſchimpffung des naͤchſten. Denn es ſteht ja gar nicht fein/ die perſon des irrenden mit ſchaͤndlichen tituln und ſchmaͤhungen gleich- ſam zu zerbeiſſen und zerreiſſen/ und denjeni- gen/ welcher etwa dieſe oder jene eigene meinung hat/ als einen narren/ unverſtaͤndigen/ eſel und dergleichen auszuſchreyen. Warlich/ werda glaubt/ wie es denn ein jeder glauben ſoll/ daß alles von GOtt ſey: GOtt ſey der eintzige geber aller guͤter/ aller weißheit und wiſſenſchafft: Daß die gaben unterſchieden ſeyn/ und/ wie der Apoſtel ſagt/ daß der menſch ſie nach ſeinem maß und Goͤttli- chem wolgefallen aus lauter gnade empfangen habe/ der wird von dieſer allerſchaͤndlichſten ſa- che ſich enthalten. Denn was ruͤhmeſt du dich denn o menſch! als wenn du es nicht empfan- gen haͤtteſt? Sage doch vielmehr dem aller- guͤtigſten GOtt danck/ wenn du einer ſachen wahrheit beſſer/ vollkommener/ genauer und tieffer einſehen und erkennen kanſt/ als ein an- derer/ welcher nicht einen ſo ſcharffen verſtand und tieffe gelehrſamkeit hat/ oder welcher nicht gnugſam von der ſache unterrichtet iſt. Du wirſt A. K. H. Vierter Theil. B 2

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/307>, abgerufen am 25.04.2024.