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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. I. Num. III. Eines Manichaeers
[Spaltenumbruch] ges ablegte/ als worinn er auch seine
Jünger gesandt hatte: Damit die seelen
zu ihrem eigenen wesen wiedergebracht
würden/ welche vielleicht mitten unter
den wölffen betrogen werden könten.
Dahero ist nun das alter unserer zeiten
offenbar/ und unserer jahre/ welche wir
bey uns überlegen/ daß nemlich die see-
len noch vor erschaffung der welt auff
diese art gege die widrige natur gesandt
seyn/ damit sie selbige durch leiden unter-
than machten/ und der sieg GOtt gege-
ben würde. Denn eben dieser Apostel
hat gesaget/ daß der kampff nicht nur
gehe wider fleisch und blut/ sondern auch
wider die Fürsten und gewaltigen etc.

Eph. VI. 12. Wenn nun also allenthal-
ben übels ist/ und boßheit/ so ist freylich
das übel nicht allein in unsern leibern/
sondern in der gantzen welt/ wo nur see-
len sich auff halten/ die unter diesem him-
mel schweben und verwickelt sind.

Jst also mein bekäntniß dieses/ daß
GOtte nichts habe schaden können/ und
daß uns GOtt hieher verordnet habe.
Weil dir aber dieses zuwider ist/ so sage
mir/ auff was art die seele hier erschie-
nen sey/ welche nun unser GOtt durch
seine gebote/ und durch seinen eigenen
Sohn durchaus erlösen will. Diese ur-
sache ist zu forschen/ warum die seele hie-
her kommen sey/ und warum sie GOtt
davon erlösen will. Da sie mitten in
dem übel lebet. Es wird von uns ge-
fraget/ wenn GOtte das übel nicht
schaden kan/ warum die seele hieher ge-
sandt worden/ oder wie sie sich mit die-
ser welt vermenget habe. Welches aus
des Apostels worten offenbar ist/ da er
sagt: Sagt auch der thon zu dem der ihn
gebildet hat/ warum hastu mich also ge-
bildet
Rom. IX. 21. wenn man nun darü-
ber streiten wolte/ so müste man ihn fra-
gen/ warum er die seele hieher gesetzet/
da ihn keine noth dazu gedrungen? Wo
aber iher eine nothwendigkeit gewesen/
so ist auch wol der wille da/ sie zu erlösen.

Jhr saget/ als wenn wir GOttdarinne
vor grausam hielten/ daß er die seele ge-
sandt hat. Und daß GOtt den menschen
gemachet habe/ und ihm die seele einge-
blasen/ von welcher er ja zuvor gewust
hat/ daß sie in ein solches elend kommen
würde/ und durch das böse nicht wieder
zu ihrem erbtheil gelangen. Dieses sa-
get ihr entweder aus unwissenheit/ oder
ihr leget der seelen freywillig das gedach-
te übel bey. Jch sage aber/ daß die seele
gegen die wiedrige natur fortgegangen
sey/ welche natur denn GOtt nicht scha-
den konte. Jch habe es also imglauben
angenommen/ daß CHristus durch
GOttes willen zu uns kommen sey.
Denn es stehet geschrieben:
Jch habe
macht meine seele hinzulegen/ und sie zunehmen.
Nicht sagt er aber/ daß die seele nach
GOttes willen hervor gekommen sey.
GOtt kan nichts schaden/ die seele aber
stehet in einer wiedrigen natur/ darum
[Spaltenumbruch] damit er dieser wiedrigen natur ein ende
machte; und wenn dieses geschehen/ so
nimt sie GOtt zu sich. Denn er hat gesa-
get:
Jch habe macht/ meine seele hinzulegen
und wieder zunehmen. Diese macht hat
mir der Vater gegeben. Von was vor ei-
ner seelen redete denn GOtt/ als welcher
in dem Sohn wahr? es ist gewiß/ daß es
unsere seelesey/ welche in diesen leibern ist/
daß sie nach seinem willen kömt/ und nach
seinem willen wieder auffgenommen wird.

Zu letzt mag hier noch ein brieff Secundini ei-
nes Manichaeers stehen/ an eben die-
sen Augustinum T. VI. p. 195.

Jch dancke der unaussprechlichen und
allerheiligsten Majestät/ und derselben
erstgebohrnem Sohn/ dem König aller
lichter JEsu CHristo. Jch dancke de-
müthigst dem H. Geist/ daß ich gelegen-
heit habe/ euch sicher zu sprechen/ geehr-
ter Herr. Denn diese sind am allerge-
schicktesten/ alles gutes zu geben/ und al-
les böse abzuwenden/ auch euch zu be-
schützen/ und von allem übel zu erlösen:
Nicht zwar als wenn nichts wäre/ ohne
nur was von sterblichen menschen ge-
than oder gelitten wird/ sondern/ weil
es von ihnen bereitet ist/ daß es also ge-
schehe. Wehe aber dem/ der hiezu gele-
genheit giebet. Denn ihr seyd würdig von
ihm solche gaben zu erlangen/ und daß
der Sohn und der Geist die erhalter euerer
warheit werden/ ein warhafftiges licht/
welches die rechte der wahrheit in eurem
hertzen auffgestecket hat/ damit nicht
der dieb komme/ und euren schatz zu nich-
te mache. Daß sie auch dieses haus oh-
ne fall stehen lassen/ welches ihr nicht
auff dem sand des irrthums/ sondern auff
dem felsen der erkäntnis gebauet habt.
Daß sie denselben grausamen geist von
uns treiben/ welcher dem menschen furcht
und unglauben einjaget/ damit er die see-
len von dem schmalen weg des Heilandes
abwende. Dessen kräffte durch die jeni-
gen Fürsten geschlagen werden können/
wider welche Paulus
Eph. VI. 12. seines
kampffes gedencket. Und gewißlich/ wer
wolte auch waffen tragen/ als wider ei-
nen gewaffneten/ und wider den/ der sich
auffmachet? denn wie die leiber der men-
schen waffen der ungerechtigkeit sind/ al-
so sind die heilsamen lehren waffen der
gerechtigkeit. Dieses bezeuget Paulus

Rom. VI. 18. und auch Manichaeus selber.
Darum ist es nun kein streit der waffen/
sondern der geister/ welche sie brauchen.
Sie streiten aber umb die seelen. Unter
diesen stehet mitten die seele/ welcher ih-
rer natur von anfang den sieg gegeben
habe. Diese wenn sie zugleich mit dem
geist gutes würcket/ wird sie mit ihm das
ewige leben haben/ und das jenige Reich
besitzen/ wozu uns unser HErr ein ladet.
Wenn sie aber anfängt/ sich von dem
geist der sünden ziehen zu lassen/ und mit
ihm einstimmet/ doch hernach wiederum
busse thut/ so wird sie einen brunn der
vergebung vor diesen unflat haben.

Denn

Th. IV. Sect. I. Num. III. Eines Manichæers
[Spaltenumbruch] ges ablegte/ als worinn er auch ſeine
Juͤnger geſandt hatte: Damit die ſeelen
zu ihrem eigenen weſen wiedergebracht
wuͤrden/ welche vielleicht mitten unter
den woͤlffen betrogen werden koͤnten.
Dahero iſt nun das alter unſerer zeiten
offenbar/ und unſerer jahre/ welche wir
bey uns uͤberlegen/ daß nemlich die ſee-
len noch vor erſchaffung der welt auff
dieſe art gegē die widrige natur geſandt
ſeyn/ damit ſie ſelbige durch leiden unter-
than machten/ und der ſieg GOtt gege-
ben wuͤrde. Denn eben dieſer Apoſtel
hat geſaget/ daß der kampff nicht nur
gehe wider fleiſch und blut/ ſondern auch
wider die Fuͤrſten und gewaltigen ꝛc.

Eph. VI. 12. Wenn nun alſo allenthal-
ben uͤbels iſt/ und boßheit/ ſo iſt freylich
das uͤbel nicht allein in unſern leibern/
ſondern in der gantzen welt/ wo nur ſee-
len ſich auff halten/ die unter dieſem him-
mel ſchweben und verwickelt ſind.

Jſt alſo mein bekaͤntniß dieſes/ daß
GOtte nichts habe ſchaden koͤnnen/ und
daß uns GOtt hieher verordnet habe.
Weil dir aber dieſes zuwider iſt/ ſo ſage
mir/ auff was art die ſeele hier erſchie-
nen ſey/ welche nun unſer GOtt durch
ſeine gebote/ und durch ſeinen eigenen
Sohn durchaus erloͤſen will. Dieſe ur-
ſache iſt zu forſchen/ warum die ſeele hie-
her kommen ſey/ und warum ſie GOtt
davon erloͤſen will. Da ſie mitten in
dem uͤbel lebet. Es wird von uns ge-
fraget/ wenn GOtte das uͤbel nicht
ſchaden kan/ warum die ſeele hieher ge-
ſandt worden/ oder wie ſie ſich mit die-
ſer welt vermenget habe. Welches aus
des Apoſtels worten offenbar iſt/ da er
ſagt: Sagt auch der thon zu dem der ihn
gebildet hat/ warum haſtu mich alſo ge-
bildet
Rom. IX. 21. wenn man nun daruͤ-
ber ſtreiten wolte/ ſo muͤſte man ihn fra-
gen/ warum er die ſeele hieher geſetzet/
da ihn keine noth dazu gedrungen? Wo
aber iher eine nothwendigkeit geweſen/
ſo iſt auch wol der wille da/ ſie zu erloͤſen.

Jhr ſaget/ als wenn wir GOttdarinne
vor grauſam hielten/ daß er die ſeele ge-
ſandt hat. Und daß GOtt den menſchen
gemachet habe/ und ihm die ſeele einge-
blaſen/ von welcher er ja zuvor gewuſt
hat/ daß ſie in ein ſolches elend kommen
wuͤrde/ und durch das boͤſe nicht wieder
zu ihrem erbtheil gelangen. Dieſes ſa-
get ihr entweder aus unwiſſenheit/ oder
ihr leget der ſeelen freywillig das gedach-
te uͤbel bey. Jch ſage aber/ daß die ſeele
gegen die wiedrige natur fortgegangen
ſey/ welche natur denn GOtt nicht ſcha-
den konte. Jch habe es alſo imglauben
angenommen/ daß CHriſtus durch
GOttes willen zu uns kommen ſey.
Denn es ſtehet geſchrieben:
Jch habe
macht meine ſeele hinzulegen/ und ſie zunehmen.
Nicht ſagt er aber/ daß die ſeele nach
GOttes willen hervor gekommen ſey.
GOtt kan nichts ſchaden/ die ſeele aber
ſtehet in einer wiedrigen natur/ darum
[Spaltenumbruch] damit er dieſer wiedrigen natur ein ende
machte; und wenn dieſes geſchehen/ ſo
nimt ſie GOtt zu ſich. Denn er hat geſa-
get:
Jch habe macht/ meine ſeele hinzulegen
und wieder zunehmen. Dieſe macht hat
mir der Vater gegeben. Von was vor ei-
ner ſeelen redete denn GOtt/ als welcher
in dem Sohn wahr? es iſt gewiß/ daß es
unſere ſeeleſey/ welche in dieſen leibern iſt/
daß ſie nach ſeinem willen koͤmt/ und nach
ſeinem willen wieder auffgenom̃en wird.

Zu letzt mag hier noch ein brieff Secundini ei-
nes Manichæers ſtehen/ an eben die-
ſen Auguſtinum T. VI. p. 195.

Jch dancke der unausſprechlichen und
allerheiligſten Majeſtaͤt/ und derſelben
erſtgebohrnem Sohn/ dem Koͤnig aller
lichter JEſu CHriſto. Jch dancke de-
muͤthigſt dem H. Geiſt/ daß ich gelegen-
heit habe/ euch ſicher zu ſprechen/ geehr-
ter Herr. Denn dieſe ſind am allerge-
ſchickteſten/ alles gutes zu geben/ und al-
les boͤſe abzuwenden/ auch euch zu be-
ſchuͤtzen/ und von allem uͤbel zu erloͤſen:
Nicht zwar als wenn nichts waͤre/ ohne
nur was von ſterblichen menſchen ge-
than oder gelitten wird/ ſondern/ weil
es von ihnen bereitet iſt/ daß es alſo ge-
ſchehe. Wehe aber dem/ der hiezu gele-
genheit giebet. Denn ihr ſeyd wuͤrdig von
ihm ſolche gaben zu erlangen/ und daß
der Sohn und der Geiſt die erhalter euereꝛ
warheit werden/ ein warhafftiges licht/
welches die rechte der wahrheit in eurem
hertzen auffgeſtecket hat/ damit nicht
der dieb komme/ und euren ſchatz zu nich-
te mache. Daß ſie auch dieſes haus oh-
ne fall ſtehen laſſen/ welches ihr nicht
auff dem ſand des irꝛthums/ ſondern auff
dem felſen der erkaͤntnis gebauet habt.
Daß ſie denſelben grauſamen geiſt von
uns treiben/ welcher dem menſchen furcht
und unglauben einjaget/ damit er die ſee-
len von dem ſchmalen weg des Heilandes
abwende. Deſſen kraͤffte durch die jeni-
gen Fuͤrſten geſchlagen werden koͤnnen/
wider welche Paulus
Eph. VI. 12. ſeines
kampffes gedencket. Und gewißlich/ wer
wolte auch waffen tragen/ als wider ei-
nen gewaffneten/ und wider den/ der ſich
auffmachet? denn wie die leiber der men-
ſchen waffen der ungerechtigkeit ſind/ al-
ſo ſind die heilſamen lehren waffen der
gerechtigkeit. Dieſes bezeuget Paulus

Rom. VI. 18. und auch Manichæus ſelber.
Darum iſt es nun kein ſtreit der waffen/
ſondern der geiſter/ welche ſie brauchen.
Sie ſtreiten aber umb die ſeelen. Unter
dieſen ſtehet mitten die ſeele/ welcher ih-
rer natur von anfang den ſieg gegeben
habe. Dieſe wenn ſie zugleich mit dem
geiſt gutes wuͤrcket/ wird ſie mit ihm das
ewige leben haben/ und das jenige Reich
beſitzen/ wozu uns unſer HErr ein ladet.
Wenn ſie aber anfaͤngt/ ſich von dem
geiſt der ſuͤnden ziehen zu laſſen/ und mit
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vergebung vor dieſen unflat haben.

Denn
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[58/0354] Th. IV. Sect. I. Num. III. Eines Manichæers ges ablegte/ als worinn er auch ſeine Juͤnger geſandt hatte: Damit die ſeelen zu ihrem eigenen weſen wiedergebracht wuͤrden/ welche vielleicht mitten unter den woͤlffen betrogen werden koͤnten. Dahero iſt nun das alter unſerer zeiten offenbar/ und unſerer jahre/ welche wir bey uns uͤberlegen/ daß nemlich die ſee- len noch vor erſchaffung der welt auff dieſe art gegē die widrige natur geſandt ſeyn/ damit ſie ſelbige durch leiden unter- than machten/ und der ſieg GOtt gege- ben wuͤrde. Denn eben dieſer Apoſtel hat geſaget/ daß der kampff nicht nur gehe wider fleiſch und blut/ ſondern auch wider die Fuͤrſten und gewaltigen ꝛc. Eph. VI. 12. Wenn nun alſo allenthal- ben uͤbels iſt/ und boßheit/ ſo iſt freylich das uͤbel nicht allein in unſern leibern/ ſondern in der gantzen welt/ wo nur ſee- len ſich auff halten/ die unter dieſem him- mel ſchweben und verwickelt ſind. Jſt alſo mein bekaͤntniß dieſes/ daß GOtte nichts habe ſchaden koͤnnen/ und daß uns GOtt hieher verordnet habe. Weil dir aber dieſes zuwider iſt/ ſo ſage mir/ auff was art die ſeele hier erſchie- nen ſey/ welche nun unſer GOtt durch ſeine gebote/ und durch ſeinen eigenen Sohn durchaus erloͤſen will. Dieſe ur- ſache iſt zu forſchen/ warum die ſeele hie- her kommen ſey/ und warum ſie GOtt davon erloͤſen will. Da ſie mitten in dem uͤbel lebet. Es wird von uns ge- fraget/ wenn GOtte das uͤbel nicht ſchaden kan/ warum die ſeele hieher ge- ſandt worden/ oder wie ſie ſich mit die- ſer welt vermenget habe. Welches aus des Apoſtels worten offenbar iſt/ da er ſagt: Sagt auch der thon zu dem der ihn gebildet hat/ warum haſtu mich alſo ge- bildet Rom. IX. 21. wenn man nun daruͤ- ber ſtreiten wolte/ ſo muͤſte man ihn fra- gen/ warum er die ſeele hieher geſetzet/ da ihn keine noth dazu gedrungen? Wo aber iher eine nothwendigkeit geweſen/ ſo iſt auch wol der wille da/ ſie zu erloͤſen. Jhr ſaget/ als wenn wir GOttdarinne vor grauſam hielten/ daß er die ſeele ge- ſandt hat. Und daß GOtt den menſchen gemachet habe/ und ihm die ſeele einge- blaſen/ von welcher er ja zuvor gewuſt hat/ daß ſie in ein ſolches elend kommen wuͤrde/ und durch das boͤſe nicht wieder zu ihrem erbtheil gelangen. Dieſes ſa- get ihr entweder aus unwiſſenheit/ oder ihr leget der ſeelen freywillig das gedach- te uͤbel bey. Jch ſage aber/ daß die ſeele gegen die wiedrige natur fortgegangen ſey/ welche natur denn GOtt nicht ſcha- den konte. Jch habe es alſo imglauben angenommen/ daß CHriſtus durch GOttes willen zu uns kommen ſey. Denn es ſtehet geſchrieben: Jch habe macht meine ſeele hinzulegen/ und ſie zunehmen. Nicht ſagt er aber/ daß die ſeele nach GOttes willen hervor gekommen ſey. GOtt kan nichts ſchaden/ die ſeele aber ſtehet in einer wiedrigen natur/ darum damit er dieſer wiedrigen natur ein ende machte; und wenn dieſes geſchehen/ ſo nimt ſie GOtt zu ſich. Denn er hat geſa- get: Jch habe macht/ meine ſeele hinzulegen und wieder zunehmen. Dieſe macht hat mir der Vater gegeben. Von was vor ei- ner ſeelen redete denn GOtt/ als welcher in dem Sohn wahr? es iſt gewiß/ daß es unſere ſeeleſey/ welche in dieſen leibern iſt/ daß ſie nach ſeinem willen koͤmt/ und nach ſeinem willen wieder auffgenom̃en wird. Zu letzt mag hier noch ein brieff Secundini ei- nes Manichæers ſtehen/ an eben die- ſen Auguſtinum T. VI. p. 195. Jch dancke der unausſprechlichen und allerheiligſten Majeſtaͤt/ und derſelben erſtgebohrnem Sohn/ dem Koͤnig aller lichter JEſu CHriſto. Jch dancke de- muͤthigſt dem H. Geiſt/ daß ich gelegen- heit habe/ euch ſicher zu ſprechen/ geehr- ter Herr. Denn dieſe ſind am allerge- ſchickteſten/ alles gutes zu geben/ und al- les boͤſe abzuwenden/ auch euch zu be- ſchuͤtzen/ und von allem uͤbel zu erloͤſen: Nicht zwar als wenn nichts waͤre/ ohne nur was von ſterblichen menſchen ge- than oder gelitten wird/ ſondern/ weil es von ihnen bereitet iſt/ daß es alſo ge- ſchehe. Wehe aber dem/ der hiezu gele- genheit giebet. Denn ihr ſeyd wuͤrdig von ihm ſolche gaben zu erlangen/ und daß der Sohn und der Geiſt die erhalter euereꝛ warheit werden/ ein warhafftiges licht/ welches die rechte der wahrheit in eurem hertzen auffgeſtecket hat/ damit nicht der dieb komme/ und euren ſchatz zu nich- te mache. Daß ſie auch dieſes haus oh- ne fall ſtehen laſſen/ welches ihr nicht auff dem ſand des irꝛthums/ ſondern auff dem felſen der erkaͤntnis gebauet habt. Daß ſie denſelben grauſamen geiſt von uns treiben/ welcher dem menſchen furcht und unglauben einjaget/ damit er die ſee- len von dem ſchmalen weg des Heilandes abwende. Deſſen kraͤffte durch die jeni- gen Fuͤrſten geſchlagen werden koͤnnen/ wider welche Paulus Eph. VI. 12. ſeines kampffes gedencket. Und gewißlich/ wer wolte auch waffen tragen/ als wider ei- nen gewaffneten/ und wider den/ der ſich auffmachet? denn wie die leiber der men- ſchen waffen der ungerechtigkeit ſind/ al- ſo ſind die heilſamen lehren waffen der gerechtigkeit. Dieſes bezeuget Paulus Rom. VI. 18. und auch Manichæus ſelber. Darum iſt es nun kein ſtreit der waffen/ ſondern der geiſter/ welche ſie brauchen. Sie ſtreiten aber umb die ſeelen. Unter dieſen ſtehet mitten die ſeele/ welcher ih- rer natur von anfang den ſieg gegeben habe. Dieſe wenn ſie zugleich mit dem geiſt gutes wuͤrcket/ wird ſie mit ihm das ewige leben haben/ und das jenige Reich beſitzen/ wozu uns unſer HErr ein ladet. Wenn ſie aber anfaͤngt/ ſich von dem geiſt der ſuͤnden ziehen zu laſſen/ und mit ihm einſtimmet/ doch hernach wiederum buſſe thut/ ſo wird ſie einen brunn der vergebung vor dieſen unflat haben. Denn

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/354>, abgerufen am 16.04.2024.