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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. I. Num. IIX. Tertulliani vermahnung
[Spaltenumbruch] freyheit würcket. Also geschichts/ daß alles
vergönnt ist/ aber nicht alles frommet/ indem
einer versuchet wird/ dem man etwas zulässet/
und der überwunden wird/ indem er in der zu-
lassung versuchet wird. Es hätten ja auch die
Apostel freyen dürffen und weiber herum füh-
ren/ auch von den Evangeliis leben. 1. Cor. IX.
Aber Paulus, der dessen nicht zur gelegenheit ge-
braucht hat/ führet uns auff sein exempel/ und
lehrt damit/ wie darinn eine prüfung stehe/
worinnen man durch freyheit probirt werde.

Das 9. Cap.

Solte man nun nicht sagen/ daß die andere
ehe gleichsam eine art der hurerey sey? Denn
Paulus sagt: Die ehemänner sorgten/ wie
sie den weibern gefielen/
welches er nicht
von den sitten/ sondern vom schmuck und putz
und aller befleißigung der schönheit die lust da-
durch zu reitzen saget; Nachdem die fleischliche
lust dieses an sich hat/ durch die gestalt und putz
zu gefallen/ welches auch die ursache der hurerey
ist. Wie meinst du wol/ daß die ehe der hure-
rey ähnlich sey? weil ich eben das darinnen fin-
de/ was der hurerey zukommt. Jndessen sagt
der HErr selber: Wer ein weib ansiehet/
ihr zu begehren/ der hat sie schon
geschändet in seinem hertzen.
Matth.
V.
Hat aber der wol weniger gethan/
der sie ansiehet/ sie zu freyen? Welches er ja
nicht thun würde/ wenn er nicht sie zu freyen
lust hätte. Es wäre denn/ daß man ein weib
nehmen könte/ welches man zwar nicht sähe/
doch lust zu ihr hätte/ wenn mansie nähme. Ge-
wißlich ein mann/ der keine lust hat/ ist weit von
von der eiffersucht. Alle weibersind eiffersüch-
tig nach den männern/ so lange sie fremde/ und
nicht verheyrathet sind/ es sey denn/ daß sie
mit einem die ehe brechen. Der unterscheid
der ehe und der hurerey scheint nur vom gesetz
herzukommen. Denn sonst ist die sache bey
mann und weib eben das/ denn sowol die ehe
als hurerey ist eine vermischung des fleisches.
Da ist nun der streit hie von/ wessen lust uns der
hurerey gleich gemachet hat. Sprichst du
aber: Damit hebest du auch die erste ehe
auff. Ja freylich mit recht/ weil auch diese
eben daraus bestehet/ was hurerey ist.

Und darum ist es dem menschen das beste/
kein weib zu berühren/
1. Cor. VII. Weil sie
durch die verwandschafft mit der hurerey ei-
nem nur lieb ist. Aber weil dieses auch von
der ersten Ehe kan gesagt werden/ die enthal-
tung zu vertheidigen/ wie vielmehr wird es
gelten/ die andere Ehe auszuschlagen? Sey
demnach danckbar/ wenn dir GOTT einmal
zu heyrathen erlaubet gehabt: Denn so wirst
du danckbar seyn/ wenn du nicht weist/ daß
ers dir abermal vergönnet. Du wirst aber
die erlaubnis wol nicht brauchen/ weil du auch
die mäßigkeit nicht brauchest. Die mäßigkeit
hat den namen vom maaß. Du hast vielleicht
noch nicht gnug/ daß du von dem höchste grad ver
unverlobt Jungfrauschafft auf den andern grad
durchs freyen gefalle bist/ sondern du fällst auch
wol auf den dritten/ und kanst noch auf künfftige
grade getrieben werden/ weil du in dem andern
stand nicht enthaltend gewesen bist. Denn
Paulus hat die mehrern heyrathen nicht ver-
bieten wollen/ weil er die vergünstigung der
andern wiederruffen. Man könte vielmehr al-
[Spaltenumbruch] le tage freyen/ und im freyen von dem jüng-
sten tage ergriffen werden/ wie Sodom und
Gomorra/ da das Weh erfüllet ward über
die Schwangern und Säugern/
das ist/
über die Eheleute der unmäßigkeit. Matth.
XXIV.
1. B. Mos. XIX. Denn vom freyen
kommt schwanger-seyn und säugen. Und
wenn wird denn das freyen ein ende ha-
ben?
Jch halte/ wenn das beyschlaffen auf-
hören wird.

Das 10. Cap.

Man verläugne doch einmal die fleisch-
lichen früchte/ daß man endlich geistli-
che ernde!
Nimm diese gelegenheit an/ ob sie
wol nicht eben die allerbeste ist; doch hast du
niemand mehr/ dem du die pflicht leistest. O
wie glückselig bist du! du hast einen Schulde-
ner verlohren/ der eben diesen schaden oder
vielmehr nutzen empfindet. Denn durch die
enthaltung wirstu wuchern/ daß du einen gros-
sen vorrath an nöthiger verschonung im fleisch
sammlest. Denn last uns unser gewissen selber
bedencken/ wie ein Mensch sich gar anders be-
findet/ wenn sein weib stirbt. Betet er zum
HERRN/ so ist er dem himmel gantz nahe.
Lieset er die Schrifft/ so ist sein gantzes gemüth
dabey. Singet er Psalmen/ so ist er frölich.
Drum hat der Apostel das Gebet der Rei-
nigung
anbefohlen/ aus ursache dessen/ was
er auf eine zeitlang zugelassen hatte: daß man
nemlich allzeit das jenige üben müste/ was
allezeit heilsam ist. Jst nun dem Menschen
das Gebet/ täglich ja augenblicklich nö-
tig/ so ists auch die enthaltung/ die zum Ge-
bet nöthig ist.
Das Gebet kömmt vom Ge-
wissen her. Jst das gewissen beschämt/ so wird
auch das Gebet beschämt. Der Geist führet
das Gebet zu GOTT. Jst der Geist bey sich
selbst der sünde schuldig/ so ist das Gewissen be-
schämt/ und wie wird er beten können vor dem
Altar Gottes? Denn so lautets im Alten Te-
stament: Wie werden heilig seyn/ weil
auch GOTT heilig ist/
3. B. Mos. XI.
Und wiederum: Mit den Heiligen wirstu
geheiliget werden/ mit einem unschuldi-
gen wirstu unschuldig seyn/ und mit
dem auserwehlten auserwehlt/
Ps. VII.
Denn wir sollen also in der zucht des HErrn
einher gehen/ daß wir GOTT würdige frucht
bringen/ nicht nach des fleisches lust. Denn al-
so sagt der Apostel: Nach dem fleisch wei-
se seyn ist der tod/ nach dem Geist aber
weise seyn ist das ewige leben in Christo
JESU unserm HErrn.
Rom. IIX. Wenn
diese dämpffung auch den Heiligen Geist bey
der ersten Ehe vertreibet/ da das fleisch gebrau-
chet wird: wie vielmehr bey der andern Ehe!

Das 11. Cap.

Denn diese schande ist doppelt/ weil bey der
andern Ehe zwey Weiber um einen Mann
sind/ die eine im Geist/ die andere im fleisch.
Denn du kanst ja die erste nicht hassen/ wel-
cher du auch eine lautere liebe vorbehältest.
Und nun fordere wiederum von GOTT die/
vor welcher Seele du GOTT bittest/ vor
welche du jährlich opffer bringest. So wirstu
denn vor GOtt mit so viel weibern stehen/ so
viel du ihrer im gemüth gedenckest/ und wirst
vor zwey opffern/ und ihrer zwey nennen durch
den Priester/ welcher wegen des alten Gesetzes

von

Th. IV. Sect. I. Num. IIX. Tertulliani vermahnung
[Spaltenumbruch] freyheit wuͤrcket. Alſo geſchichts/ daß alles
vergoͤnnt iſt/ aber nicht alles frommet/ indem
einer verſuchet wird/ dem man etwas zulaͤſſet/
und der uͤberwunden wird/ indem er in der zu-
laſſung verſuchet wird. Es haͤtten ja auch die
Apoſtel freyen duͤrffen und weiber herum fuͤh-
ren/ auch von den Evangeliis leben. 1. Cor. IX.
Aber Paulus, der deſſen nicht zur gelegenheit ge-
braucht hat/ fuͤhret uns auff ſein exempel/ und
lehrt damit/ wie darinn eine pruͤfung ſtehe/
worinnen man durch freyheit probirt werde.

Das 9. Cap.

Solte man nun nicht ſagen/ daß die andere
ehe gleichſam eine art der hurerey ſey? Denn
Paulus ſagt: Die ehemaͤnner ſorgten/ wie
ſie den weibern gefielen/
welches er nicht
von den ſitten/ ſondern vom ſchmuck und putz
und aller befleißigung der ſchoͤnheit die luſt da-
durch zu reitzen ſaget; Nachdem die fleiſchliche
luſt dieſes an ſich hat/ durch die geſtalt und putz
zu gefallen/ welches auch die urſache der hurerey
iſt. Wie meinſt du wol/ daß die ehe der hure-
rey aͤhnlich ſey? weil ich eben das darinnen fin-
de/ was der hurerey zukommt. Jndeſſen ſagt
der HErꝛ ſelber: Wer ein weib anſiehet/
ihr zu begehren/ der hat ſie ſchon
geſchaͤndet in ſeinem hertzen.
Matth.
V.
Hat aber der wol weniger gethan/
der ſie anſiehet/ ſie zu freyen? Welches er ja
nicht thun wuͤrde/ wenn er nicht ſie zu freyen
luſt haͤtte. Es waͤre denn/ daß man ein weib
nehmen koͤnte/ welches man zwar nicht ſaͤhe/
doch luſt zu ihr haͤtte/ wenn manſie naͤhme. Ge-
wißlich ein mann/ der keine luſt hat/ iſt weit von
von der eifferſucht. Alle weiberſind eifferſuͤch-
tig nach den maͤnnern/ ſo lange ſie fremde/ und
nicht verheyrathet ſind/ es ſey denn/ daß ſie
mit einem die ehe brechen. Der unterſcheid
der ehe und der hurerey ſcheint nur vom geſetz
herzukommen. Denn ſonſt iſt die ſache bey
mann und weib eben das/ denn ſowol die ehe
als hurerey iſt eine vermiſchung des fleiſches.
Da iſt nun der ſtreit hie von/ weſſen luſt uns der
hurerey gleich gemachet hat. Sprichſt du
aber: Damit hebeſt du auch die erſte ehe
auff. Ja freylich mit recht/ weil auch dieſe
eben daraus beſtehet/ was hurerey iſt.

Und darum iſt es dem menſchen das beſte/
kein weib zu beruͤhren/
1. Cor. VII. Weil ſie
durch die verwandſchafft mit der hurerey ei-
nem nur lieb iſt. Aber weil dieſes auch von
der erſten Ehe kan geſagt werden/ die enthal-
tung zu vertheidigen/ wie vielmehr wird es
gelten/ die andere Ehe auszuſchlagen? Sey
demnach danckbar/ wenn dir GOTT einmal
zu heyrathen erlaubet gehabt: Denn ſo wirſt
du danckbar ſeyn/ wenn du nicht weiſt/ daß
ers dir abermal vergoͤnnet. Du wirſt aber
die erlaubnis wol nicht brauchen/ weil du auch
die maͤßigkeit nicht braucheſt. Die maͤßigkeit
hat den namen vom maaß. Du haſt vielleicht
noch nicht gnug/ daß du von dem hoͤchſtē grad ver
unverlobt Jungfrauſchafft auf den andern grad
durchs freyen gefallē biſt/ ſondern du faͤllſt auch
wol auf den dritten/ uñ kanſt noch auf kuͤnfftige
grade getrieben werden/ weil du in dem andern
ſtand nicht enthaltend geweſen biſt. Denn
Paulus hat die mehrern heyrathen nicht ver-
bieten wollen/ weil er die verguͤnſtigung der
andern wiederruffen. Man koͤnte vielmehr al-
[Spaltenumbruch] le tage freyen/ und im freyen von dem juͤng-
ſten tage ergriffen werden/ wie Sodom und
Gomorra/ da das Weh erfuͤllet ward uͤber
die Schwangern und Saͤugern/
das iſt/
uͤber die Eheleute der unmaͤßigkeit. Matth.
XXIV.
1. B. Moſ. XIX. Denn vom freyen
kommt ſchwanger-ſeyn und ſaͤugen. Und
wenn wird denn das freyen ein ende ha-
ben?
Jch halte/ wenn das beyſchlaffen auf-
hoͤren wird.

Das 10. Cap.

Man verlaͤugne doch einmal die fleiſch-
lichen fruͤchte/ daß man endlich geiſtli-
che ernde!
Nimm dieſe gelegenheit an/ ob ſie
wol nicht eben die allerbeſte iſt; doch haſt du
niemand mehr/ dem du die pflicht leiſteſt. O
wie gluͤckſelig biſt du! du haſt einen Schulde-
ner verlohren/ der eben dieſen ſchaden oder
vielmehr nutzen empfindet. Denn durch die
enthaltung wirſtu wuchern/ daß du einen groſ-
ſen vorrath an noͤthiger verſchonung im fleiſch
ſam̃leſt. Denn laſt uns unſer gewiſſen ſelber
bedencken/ wie ein Menſch ſich gar anders be-
findet/ wenn ſein weib ſtirbt. Betet er zum
HERRN/ ſo iſt er dem himmel gantz nahe.
Lieſet er die Schrifft/ ſo iſt ſein gantzes gemuͤth
dabey. Singet er Pſalmen/ ſo iſt er froͤlich.
Drum hat der Apoſtel das Gebet der Rei-
nigung
anbefohlen/ aus urſache deſſen/ was
er auf eine zeitlang zugelaſſen hatte: daß man
nemlich allzeit das jenige uͤben muͤſte/ was
allezeit heilſam iſt. Jſt nun dem Menſchen
das Gebet/ taͤglich ja augenblicklich noͤ-
tig/ ſo iſts auch die enthaltung/ die zum Ge-
bet noͤthig iſt.
Das Gebet koͤmmt vom Ge-
wiſſen her. Jſt das gewiſſen beſchaͤmt/ ſo wird
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das Gebet zu GOTT. Jſt der Geiſt bey ſich
ſelbſt der ſuͤnde ſchuldig/ ſo iſt das Gewiſſen be-
ſchaͤmt/ uñ wie wird er beten koͤnnen vor dem
Altar Gottes? Denn ſo lautets im Alten Te-
ſtament: Wie werden heilig ſeyn/ weil
auch GOTT heilig iſt/
3. B. Moſ. XI.
Und wiederum: Mit den Heiligen wirſtu
geheiliget werden/ mit einem unſchuldi-
gen wirſtu unſchuldig ſeyn/ und mit
dem auserwehlten auserwehlt/
Pſ. VII.
Denn wir ſollen alſo in der zucht des HErrn
einher gehen/ daß wir GOTT wuͤrdige frucht
bringen/ nicht nach des fleiſches luſt. Denn al-
ſo ſagt der Apoſtel: Nach dem fleiſch wei-
ſe ſeyn iſt der tod/ nach dem Geiſt aber
weiſe ſeyn iſt das ewige leben in Chriſto
JESU unſerm HErrn.
Rom. IIX. Wenn
dieſe daͤmpffung auch den Heiligen Geiſt bey
der erſten Ehe vertreibet/ da das fleiſch gebrau-
chet wird: wie vielmehr bey der andern Ehe!

Das 11. Cap.

Denn dieſe ſchande iſt doppelt/ weil bey der
andern Ehe zwey Weiber um einen Mann
ſind/ die eine im Geiſt/ die andere im fleiſch.
Denn du kanſt ja die erſte nicht haſſen/ wel-
cher du auch eine lautere liebe vorbehaͤlteſt.
Und nun fordere wiederum von GOTT die/
vor welcher Seele du GOTT bitteſt/ vor
welche du jaͤhrlich opffer bringeſt. So wirſtu
denn vor GOtt mit ſo viel weibern ſtehen/ ſo
viel du ihrer im gemuͤth gedenckeſt/ und wirſt
vor zwey opffern/ und ihrer zwey nennen durch
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[72/0368] Th. IV. Sect. I. Num. IIX. Tertulliani vermahnung freyheit wuͤrcket. Alſo geſchichts/ daß alles vergoͤnnt iſt/ aber nicht alles frommet/ indem einer verſuchet wird/ dem man etwas zulaͤſſet/ und der uͤberwunden wird/ indem er in der zu- laſſung verſuchet wird. Es haͤtten ja auch die Apoſtel freyen duͤrffen und weiber herum fuͤh- ren/ auch von den Evangeliis leben. 1. Cor. IX. Aber Paulus, der deſſen nicht zur gelegenheit ge- braucht hat/ fuͤhret uns auff ſein exempel/ und lehrt damit/ wie darinn eine pruͤfung ſtehe/ worinnen man durch freyheit probirt werde. Das 9. Cap. Solte man nun nicht ſagen/ daß die andere ehe gleichſam eine art der hurerey ſey? Denn Paulus ſagt: Die ehemaͤnner ſorgten/ wie ſie den weibern gefielen/ welches er nicht von den ſitten/ ſondern vom ſchmuck und putz und aller befleißigung der ſchoͤnheit die luſt da- durch zu reitzen ſaget; Nachdem die fleiſchliche luſt dieſes an ſich hat/ durch die geſtalt und putz zu gefallen/ welches auch die urſache der hurerey iſt. Wie meinſt du wol/ daß die ehe der hure- rey aͤhnlich ſey? weil ich eben das darinnen fin- de/ was der hurerey zukommt. Jndeſſen ſagt der HErꝛ ſelber: Wer ein weib anſiehet/ ihr zu begehren/ der hat ſie ſchon geſchaͤndet in ſeinem hertzen. Matth. V. Hat aber der wol weniger gethan/ der ſie anſiehet/ ſie zu freyen? Welches er ja nicht thun wuͤrde/ wenn er nicht ſie zu freyen luſt haͤtte. Es waͤre denn/ daß man ein weib nehmen koͤnte/ welches man zwar nicht ſaͤhe/ doch luſt zu ihr haͤtte/ wenn manſie naͤhme. Ge- wißlich ein mann/ der keine luſt hat/ iſt weit von von der eifferſucht. Alle weiberſind eifferſuͤch- tig nach den maͤnnern/ ſo lange ſie fremde/ und nicht verheyrathet ſind/ es ſey denn/ daß ſie mit einem die ehe brechen. Der unterſcheid der ehe und der hurerey ſcheint nur vom geſetz herzukommen. Denn ſonſt iſt die ſache bey mann und weib eben das/ denn ſowol die ehe als hurerey iſt eine vermiſchung des fleiſches. Da iſt nun der ſtreit hie von/ weſſen luſt uns der hurerey gleich gemachet hat. Sprichſt du aber: Damit hebeſt du auch die erſte ehe auff. Ja freylich mit recht/ weil auch dieſe eben daraus beſtehet/ was hurerey iſt. Und darum iſt es dem menſchen das beſte/ kein weib zu beruͤhren/ 1. Cor. VII. Weil ſie durch die verwandſchafft mit der hurerey ei- nem nur lieb iſt. Aber weil dieſes auch von der erſten Ehe kan geſagt werden/ die enthal- tung zu vertheidigen/ wie vielmehr wird es gelten/ die andere Ehe auszuſchlagen? Sey demnach danckbar/ wenn dir GOTT einmal zu heyrathen erlaubet gehabt: Denn ſo wirſt du danckbar ſeyn/ wenn du nicht weiſt/ daß ers dir abermal vergoͤnnet. Du wirſt aber die erlaubnis wol nicht brauchen/ weil du auch die maͤßigkeit nicht braucheſt. Die maͤßigkeit hat den namen vom maaß. Du haſt vielleicht noch nicht gnug/ daß du von dem hoͤchſtē grad ver unverlobt Jungfrauſchafft auf den andern grad durchs freyen gefallē biſt/ ſondern du faͤllſt auch wol auf den dritten/ uñ kanſt noch auf kuͤnfftige grade getrieben werden/ weil du in dem andern ſtand nicht enthaltend geweſen biſt. Denn Paulus hat die mehrern heyrathen nicht ver- bieten wollen/ weil er die verguͤnſtigung der andern wiederruffen. Man koͤnte vielmehr al- le tage freyen/ und im freyen von dem juͤng- ſten tage ergriffen werden/ wie Sodom und Gomorra/ da das Weh erfuͤllet ward uͤber die Schwangern und Saͤugern/ das iſt/ uͤber die Eheleute der unmaͤßigkeit. Matth. XXIV. 1. B. Moſ. XIX. Denn vom freyen kommt ſchwanger-ſeyn und ſaͤugen. Und wenn wird denn das freyen ein ende ha- ben? Jch halte/ wenn das beyſchlaffen auf- hoͤren wird. Das 10. Cap. Man verlaͤugne doch einmal die fleiſch- lichen fruͤchte/ daß man endlich geiſtli- che ernde! Nimm dieſe gelegenheit an/ ob ſie wol nicht eben die allerbeſte iſt; doch haſt du niemand mehr/ dem du die pflicht leiſteſt. O wie gluͤckſelig biſt du! du haſt einen Schulde- ner verlohren/ der eben dieſen ſchaden oder vielmehr nutzen empfindet. Denn durch die enthaltung wirſtu wuchern/ daß du einen groſ- ſen vorrath an noͤthiger verſchonung im fleiſch ſam̃leſt. Denn laſt uns unſer gewiſſen ſelber bedencken/ wie ein Menſch ſich gar anders be- findet/ wenn ſein weib ſtirbt. Betet er zum HERRN/ ſo iſt er dem himmel gantz nahe. Lieſet er die Schrifft/ ſo iſt ſein gantzes gemuͤth dabey. Singet er Pſalmen/ ſo iſt er froͤlich. Drum hat der Apoſtel das Gebet der Rei- nigung anbefohlen/ aus urſache deſſen/ was er auf eine zeitlang zugelaſſen hatte: daß man nemlich allzeit das jenige uͤben muͤſte/ was allezeit heilſam iſt. Jſt nun dem Menſchen das Gebet/ taͤglich ja augenblicklich noͤ- tig/ ſo iſts auch die enthaltung/ die zum Ge- bet noͤthig iſt. Das Gebet koͤmmt vom Ge- wiſſen her. Jſt das gewiſſen beſchaͤmt/ ſo wird auch das Gebet beſchaͤmt. Der Geiſt fuͤhret das Gebet zu GOTT. Jſt der Geiſt bey ſich ſelbſt der ſuͤnde ſchuldig/ ſo iſt das Gewiſſen be- ſchaͤmt/ uñ wie wird er beten koͤnnen vor dem Altar Gottes? Denn ſo lautets im Alten Te- ſtament: Wie werden heilig ſeyn/ weil auch GOTT heilig iſt/ 3. B. Moſ. XI. Und wiederum: Mit den Heiligen wirſtu geheiliget werden/ mit einem unſchuldi- gen wirſtu unſchuldig ſeyn/ und mit dem auserwehlten auserwehlt/ Pſ. VII. Denn wir ſollen alſo in der zucht des HErrn einher gehen/ daß wir GOTT wuͤrdige frucht bringen/ nicht nach des fleiſches luſt. Denn al- ſo ſagt der Apoſtel: Nach dem fleiſch wei- ſe ſeyn iſt der tod/ nach dem Geiſt aber weiſe ſeyn iſt das ewige leben in Chriſto JESU unſerm HErrn. Rom. IIX. Wenn dieſe daͤmpffung auch den Heiligen Geiſt bey der erſten Ehe vertreibet/ da das fleiſch gebrau- chet wird: wie vielmehr bey der andern Ehe! Das 11. Cap. Denn dieſe ſchande iſt doppelt/ weil bey der andern Ehe zwey Weiber um einen Mann ſind/ die eine im Geiſt/ die andere im fleiſch. Denn du kanſt ja die erſte nicht haſſen/ wel- cher du auch eine lautere liebe vorbehaͤlteſt. Und nun fordere wiederum von GOTT die/ vor welcher Seele du GOTT bitteſt/ vor welche du jaͤhrlich opffer bringeſt. So wirſtu denn vor GOtt mit ſo viel weibern ſtehen/ ſo viel du ihrer im gemuͤth gedenckeſt/ und wirſt vor zwey opffern/ und ihrer zwey nennen durch den Prieſter/ welcher wegen des alten Geſetzes von

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/368>, abgerufen am 20.04.2024.