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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Von dem rechten wahren Zion und Jerusalem.
[Spaltenumbruch] schchen ist; angeschen sie kommen sind zu der
rechten vollkommenen erkäntniß der ewigen
warheit/ als zum alterthum des heiligen himm-
lischen verstandes GOttes/ dazu keine lügen
noch betrug komt/ sondern in ewigkeit weit
zurücke stehen muß. Eben als an einem kin-
de und manne zu verstehen ist/ dem man erst
weißmachen und herumführen kan/ daß
schwartz weiß/ und weiß schwartz/ das gute
böß/ und das böse gut sey/ wenn man wil;
Warum? Es ist noch nicht zum alterthum
das ding zu erkennen gekommen; wenns aber
auffgewachsen ist/ so ists unmüglich/ obschon
vater oder mutter/ und die gantze welt als-
dann anders sagen wolte/ so weiß es den-
noch dasselbe besser. Also sicher und gewiß
sol die erkäntniß der warheit GOttes aus
dem rechten wahren Geist der vollkommen-
heit GOttes und CHRisti bey allen glau-
bigen niedrigen hertzen zunehmen/ und damit
als das erdreich mit see-wasser bedecket wer-
den. Der mund des HERRN der Heer-
scharen hats gesagt.

Diß sey nun gnug von dem rechten wah-
ren Zion und Jerusalem gesagt. Gelobet
sey der HERR/ der seine wohnung
und macht allda gesetzet hat.

Jes. LIV. 6

Der HERR wird dich lassen in ein
geschrey/
das ist/ in ein schändlich gerüch-
te kommen/ wie ein verlassen und von
hertzen betrübt weib; Ja/ als ein jun-
ges weib/ das ihre ehe übertreten/
oder
ehebruch begangen hat. Das sagt dein
GOtt/ Haupt/ HErr und eigner
Mann.

ENDE.

Außgangen Anno 1544.

DAVID JORIS Schrifft/
Vom Glauben.
Eine heilige wackere vermahnung/ und
ein starckes lebendiges ewiges wort
vor die gottsfürchtigen/ bekümmer-
ten/ hungerige und durstige see-
len des Glaubens.
Syrach XXIV. vers. 45.
Die Weißheit GOttes spricht: Jch mache
allen menschen die lehre licht wie die
morgenröthe/ und wil sie erzehlen
biß in die ferne.

Das 1. Capitel.

Nehmet wahr/ hier komt was/ hier komt
was/ ja ein solch gerüchte und zeitung/ darüber
sich der eine erfreuen und der andere betrüben
wird. Ach/ daß man mir hätte wollen glau-
ben und hören/ und den wahren Geist der voll-
kommenheit annehmen/ daß sie sich allein in
die niedrigkeit und zur nichtigkeit begeben/ und
gott gelassen dargestellet/ als kindlein in der
einfalt und kleinigkeit mit lust und begierden
gleich gesetzet/ und allem unglauben und ho-
heit im fleische wiederstanden hätten/ so wür-
den sie sich nun freuen können. Aber ich ra-
the noch denen/ die weise sind/ und nicht
[Spaltenumbruch] gantz in die boßheit eingehen wollen/ daß ein-Der klei-
neste muß
hier auff-
richtiges
hertzens
seyn/ und
keine lü-
gen oder
betrug in
seinem stü
oder mun-
de haben.

jeder unter diesen sich von hertzen vor den klei-
nesten bekenne/ und frey/ nacket und bloß
von innen sehen lasse/ was er vor einer sey/
damit ihn der HErr in seiner nichtigkeit groß
mache. Er erhebe ihn gebenedeyet über alle
himmel/ und das durch die allertieffste ernie-
drigung biß zu staub und erde/ wie es doch
endlich einmal seyn muß/ es geschehe über kurtz
oder lang/ das sage ich euch.

Er gehe auch dem HErrn mit einem be-
kümmerten/ beschwerten und geängstetem
geiste entgegen/ ob er euch/ wenn er euch in
einem auffrichtigem sich besserendem hertzen
ansiehet/ barmhertzigkeit erweisen möchte/
welches ihr auch erlangen werdet/ so ihrs
augenblicklich in der zeit flugs zu hertzen neh-
met/ und eyfrig ohne ümsehen mit lust und
begierden vollbringet. Jhr wisset/ was ihr
nun zu thun habt/ und wovor ihr den grossen
HErrn der Heerscharen/ GOtt/ den König
haltet/ das wird sich offenbahren. Wenn ich
erreiche/ den treffe ich/ und wers fasset/ der
behalte es/ und nehms zu hertzen. Höret den
geist des lebens/ nehmet in eurem hertzen war
den engel des lichts/ höret das rauschen sei-
ner flügel/ und erkennet das gerüchte seiner
starck-ruffenden stimme; Jhr schall erschallet
über die gantze erde/ und wird gehöret biß in
himmel. Mercket drauff/ ich sags euch!

Das 2. Capitel.

Höret/ höret/ o ihr weiber werdet männer/
und ihr männer werdet engel/ werdet gei-
ster/ werdet feurige flammen. Stehet gantz
bereit/ willig/ fleißig und schnell in eures Got-
tes und Schöpffers willen und wort/ ge-
neigt zu eures HErrn und Vaters dienst.
Was er euch saget/ das thut/ wenn er euch
etwas gebeut/ so stehet zu seinem willen und
zu seinen geboten als fliegend bereit. Denn
ihr seyd seine Engel/ ihm zu dienst und preiß
geschaffen. Jhr seyd aus euch selber nicht/
ja aus nichts gemacht/ zu nichts müsset ihr
werden/ wollet ihr etwas seyn. Es ist war-
hafftig. Sehet/ wollet ihr dazu kommen/
daß ihr GOtt den HErrn erkennet/ so glau-
bet und sehet auff euch selbst; Erkennet euch
selbst erst/ und wollet ihr GOtt ehren/ so ver-
unehret euch selber. Suchet ihr sein lob/ so
suchet eure eigne schande; oder wollet ihr ihn
preisen/ so verachtet euch selbst; Wollet ihr
ihn großmachen/ und über alle dinge erhe-
ben/ so verkleinert und erniedriget euch selbst.
Saget ihr/ daß ihr ihn in seiner grossen macht
erkennet/ oder in seinem wesen/ so beweiset
es/ und gebet zeugniß von der unerkäntniß eu-
rer eignen ohnmacht/ und daß ihr in eurem al-
tem wesen überall in diesen dingen nichts seyd.
Denn/ wenn ihr euch ohne adem/ geist oder
leben an dem inwendigen menschen/ todt in
der seelen/ und ohne eigenschafft warhafftig
befindet/ alsdann hattet ihr erst recht von
dem lebendigen warhafftigen/ allmächtigen
GOTT/ und das mit erkäntniß und ver-
stand; sonsten aber seyd ihr kindisch oder
eitel und lügenhafft darinn. Das ist ge-
wiß/ und wird sich also nicht anders be-
finden.

Das
A. K. H. Vierter Theil. C c c

Von dem rechten wahren Zion und Jeruſalem.
[Spaltenumbruch] ſchchen iſt; angeſchen ſie kommen ſind zu der
rechten vollkommenen erkaͤntniß der ewigen
warheit/ als zum alterthum des heiligen him̃-
liſchen verſtandes GOttes/ dazu keine luͤgen
noch betrug komt/ ſondern in ewigkeit weit
zuruͤcke ſtehen muß. Eben als an einem kin-
de und manne zu verſtehen iſt/ dem man erſt
weißmachen und herumfuͤhren kan/ daß
ſchwartz weiß/ und weiß ſchwartz/ das gute
boͤß/ und das boͤſe gut ſey/ wenn man wil;
Warum? Es iſt noch nicht zum alterthum
das ding zu erkennen gekommen; wenns aber
auffgewachſen iſt/ ſo iſts unmuͤglich/ obſchon
vater oder mutter/ und die gantze welt als-
dann anders ſagen wolte/ ſo weiß es den-
noch daſſelbe beſſer. Alſo ſicher und gewiß
ſol die erkaͤntniß der warheit GOttes aus
dem rechten wahren Geiſt der vollkommen-
heit GOttes und CHRiſti bey allen glau-
bigen niedrigen hertzen zunehmen/ und damit
als das erdreich mit ſee-waſſer bedecket wer-
den. Der mund des HERRN der Heer-
ſcharen hats geſagt.

Diß ſey nun gnug von dem rechten wah-
ren Zion und Jeruſalem geſagt. Gelobet
ſey der HERR/ der ſeine wohnung
und macht allda geſetzet hat.

Jeſ. LIV. 6

Der HERR wird dich laſſen in ein
geſchrey/
das iſt/ in ein ſchaͤndlich geruͤch-
te kommen/ wie ein verlaſſen und von
hertzen betruͤbt weib; Ja/ als ein jun-
ges weib/ das ihre ehe uͤbertreten/
oder
ehebruch begangen hat. Das ſagt dein
GOtt/ Haupt/ HErr und eigner
Mann.

ENDE.

Außgangen Anno 1544.

DAVID JORIS Schrifft/
Vom Glauben.
Eine heilige wackere vermahnung/ und
ein ſtarckes lebendiges ewiges wort
vor die gottsfuͤrchtigen/ bekuͤmmer-
ten/ hungerige und durſtige ſee-
len des Glaubens.
Syrach XXIV. verſ. 45.
Die Weißheit GOttes ſpricht: Jch mache
allen menſchen die lehre licht wie die
morgenroͤthe/ und wil ſie erzehlen
biß in die ferne.

Das 1. Capitel.

Nehmet wahr/ hier komt was/ hier komt
was/ ja ein ſolch geruͤchte und zeitung/ daruͤber
ſich der eine erfreuen und der andere betruͤben
wird. Ach/ daß man mir haͤtte wollen glau-
ben und hoͤren/ und den wahren Geiſt der voll-
kommenheit annehmen/ daß ſie ſich allein in
die niedrigkeit und zur nichtigkeit begeben/ und
gott gelaſſen dargeſtellet/ als kindlein in der
einfalt und kleinigkeit mit luſt und begierden
gleich geſetzet/ und allem unglauben und ho-
heit im fleiſche wiederſtanden haͤtten/ ſo wuͤr-
den ſie ſich nun freuen koͤnnen. Aber ich ra-
the noch denen/ die weiſe ſind/ und nicht
[Spaltenumbruch] gantz in die boßheit eingehen wollen/ daß ein-Der klei-
neſte muß
hier auff-
richtiges
hertzens
ſeyn/ und
keine luͤ-
gen oder
betrug in
ſeinem ſtuͤ
oder mun-
de haben.

jeder unter dieſen ſich von hertzen vor den klei-
neſten bekenne/ und frey/ nacket und bloß
von innen ſehen laſſe/ was er vor einer ſey/
damit ihn der HErr in ſeiner nichtigkeit groß
mache. Er erhebe ihn gebenedeyet uͤber alle
himmel/ und das durch die allertieffſte ernie-
drigung biß zu ſtaub und erde/ wie es doch
endlich einmal ſeyn muß/ es geſchehe uͤber kurtz
oder lang/ das ſage ich euch.

Er gehe auch dem HErrn mit einem be-
kuͤmmerten/ beſchwerten und geaͤngſtetem
geiſte entgegen/ ob er euch/ wenn er euch in
einem auffrichtigem ſich beſſerendem hertzen
anſiehet/ barmhertzigkeit erweiſen moͤchte/
welches ihr auch erlangen werdet/ ſo ihrs
augenblicklich in der zeit flugs zu hertzen neh-
met/ und eyfrig ohne uͤmſehen mit luſt und
begierden vollbringet. Jhr wiſſet/ was ihr
nun zu thun habt/ und wovor ihr den groſſen
HErrn der Heerſcharen/ GOtt/ den Koͤnig
haltet/ das wird ſich offenbahren. Wenn ich
erreiche/ den treffe ich/ und wers faſſet/ der
behalte es/ und nehms zu hertzen. Hoͤret den
geiſt des lebens/ nehmet in eurem hertzen war
den engel des lichts/ hoͤret das rauſchen ſei-
ner fluͤgel/ und erkennet das geruͤchte ſeiner
ſtarck-ruffenden ſtimme; Jhr ſchall erſchallet
uͤber die gantze erde/ und wird gehoͤret biß in
himmel. Mercket drauff/ ich ſags euch!

Das 2. Capitel.

Hoͤret/ hoͤret/ o ihr weiber werdet maͤnner/
und ihr maͤnner werdet engel/ werdet gei-
ſter/ werdet feurige flammen. Stehet gantz
bereit/ willig/ fleißig und ſchnell in eures Got-
tes und Schoͤpffers willen und wort/ ge-
neigt zu eures HErrn und Vaters dienſt.
Was er euch ſaget/ das thut/ wenn er euch
etwas gebeut/ ſo ſtehet zu ſeinem willen und
zu ſeinen geboten als fliegend bereit. Denn
ihr ſeyd ſeine Engel/ ihm zu dienſt und preiß
geſchaffen. Jhr ſeyd aus euch ſelber nicht/
ja aus nichts gemacht/ zu nichts muͤſſet ihr
werden/ wollet ihr etwas ſeyn. Es iſt war-
hafftig. Sehet/ wollet ihr dazu kommen/
daß ihr GOtt den HErrn erkennet/ ſo glau-
bet und ſehet auff euch ſelbſt; Erkennet euch
ſelbſt erſt/ und wollet ihr GOtt ehren/ ſo ver-
unehret euch ſelber. Suchet ihr ſein lob/ ſo
ſuchet eure eigne ſchande; oder wollet ihr ihn
preiſen/ ſo verachtet euch ſelbſt; Wollet ihr
ihn großmachen/ und uͤber alle dinge erhe-
ben/ ſo verkleinert und erniedriget euch ſelbſt.
Saget ihr/ daß ihr ihn in ſeiner groſſen macht
erkennet/ oder in ſeinem weſen/ ſo beweiſet
es/ und gebet zeugniß von der unerkaͤntniß eu-
rer eignen ohnmacht/ und daß ihr in eurem al-
tem weſen uͤberall in dieſen dingen nichts ſeyd.
Denn/ wenn ihr euch ohne adem/ geiſt oder
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der ſeelen/ und ohne eigenſchafft warhafftig
befindet/ alsdann hattet ihr erſt recht von
dem lebendigen warhafftigen/ allmaͤchtigen
GOTT/ und das mit erkaͤntniß und ver-
ſtand; ſonſten aber ſeyd ihr kindiſch oder
eitel und luͤgenhafft darinn. Das iſt ge-
wiß/ und wird ſich alſo nicht anders be-
finden.

Das
A. K. H. Vierter Theil. C c c
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[385/0681] Von dem rechten wahren Zion und Jeruſalem. ſchchen iſt; angeſchen ſie kommen ſind zu der rechten vollkommenen erkaͤntniß der ewigen warheit/ als zum alterthum des heiligen him̃- liſchen verſtandes GOttes/ dazu keine luͤgen noch betrug komt/ ſondern in ewigkeit weit zuruͤcke ſtehen muß. Eben als an einem kin- de und manne zu verſtehen iſt/ dem man erſt weißmachen und herumfuͤhren kan/ daß ſchwartz weiß/ und weiß ſchwartz/ das gute boͤß/ und das boͤſe gut ſey/ wenn man wil; Warum? Es iſt noch nicht zum alterthum das ding zu erkennen gekommen; wenns aber auffgewachſen iſt/ ſo iſts unmuͤglich/ obſchon vater oder mutter/ und die gantze welt als- dann anders ſagen wolte/ ſo weiß es den- noch daſſelbe beſſer. Alſo ſicher und gewiß ſol die erkaͤntniß der warheit GOttes aus dem rechten wahren Geiſt der vollkommen- heit GOttes und CHRiſti bey allen glau- bigen niedrigen hertzen zunehmen/ und damit als das erdreich mit ſee-waſſer bedecket wer- den. Der mund des HERRN der Heer- ſcharen hats geſagt. Diß ſey nun gnug von dem rechten wah- ren Zion und Jeruſalem geſagt. Gelobet ſey der HERR/ der ſeine wohnung und macht allda geſetzet hat. Der HERR wird dich laſſen in ein geſchrey/ das iſt/ in ein ſchaͤndlich geruͤch- te kommen/ wie ein verlaſſen und von hertzen betruͤbt weib; Ja/ als ein jun- ges weib/ das ihre ehe uͤbertreten/ oder ehebruch begangen hat. Das ſagt dein GOtt/ Haupt/ HErr und eigner Mann. ENDE. Außgangen Anno 1544. DAVID JORIS Schrifft/ Vom Glauben. Eine heilige wackere vermahnung/ und ein ſtarckes lebendiges ewiges wort vor die gottsfuͤrchtigen/ bekuͤmmer- ten/ hungerige und durſtige ſee- len des Glaubens. Syrach XXIV. verſ. 45. Die Weißheit GOttes ſpricht: Jch mache allen menſchen die lehre licht wie die morgenroͤthe/ und wil ſie erzehlen biß in die ferne. Das 1. Capitel. Nehmet wahr/ hier komt was/ hier komt was/ ja ein ſolch geruͤchte und zeitung/ daruͤber ſich der eine erfreuen und der andere betruͤben wird. Ach/ daß man mir haͤtte wollen glau- ben und hoͤren/ und den wahren Geiſt der voll- kommenheit annehmen/ daß ſie ſich allein in die niedrigkeit und zur nichtigkeit begeben/ und gott gelaſſen dargeſtellet/ als kindlein in der einfalt und kleinigkeit mit luſt und begierden gleich geſetzet/ und allem unglauben und ho- heit im fleiſche wiederſtanden haͤtten/ ſo wuͤr- den ſie ſich nun freuen koͤnnen. Aber ich ra- the noch denen/ die weiſe ſind/ und nicht gantz in die boßheit eingehen wollen/ daß ein- jeder unter dieſen ſich von hertzen vor den klei- neſten bekenne/ und frey/ nacket und bloß von innen ſehen laſſe/ was er vor einer ſey/ damit ihn der HErr in ſeiner nichtigkeit groß mache. Er erhebe ihn gebenedeyet uͤber alle himmel/ und das durch die allertieffſte ernie- drigung biß zu ſtaub und erde/ wie es doch endlich einmal ſeyn muß/ es geſchehe uͤber kurtz oder lang/ das ſage ich euch. Der klei- neſte muß hier auff- richtiges hertzens ſeyn/ und keine luͤ- gen oder betrug in ſeinem ſtuͤ oder mun- de haben. Er gehe auch dem HErrn mit einem be- kuͤmmerten/ beſchwerten und geaͤngſtetem geiſte entgegen/ ob er euch/ wenn er euch in einem auffrichtigem ſich beſſerendem hertzen anſiehet/ barmhertzigkeit erweiſen moͤchte/ welches ihr auch erlangen werdet/ ſo ihrs augenblicklich in der zeit flugs zu hertzen neh- met/ und eyfrig ohne uͤmſehen mit luſt und begierden vollbringet. Jhr wiſſet/ was ihr nun zu thun habt/ und wovor ihr den groſſen HErrn der Heerſcharen/ GOtt/ den Koͤnig haltet/ das wird ſich offenbahren. Wenn ich erreiche/ den treffe ich/ und wers faſſet/ der behalte es/ und nehms zu hertzen. Hoͤret den geiſt des lebens/ nehmet in eurem hertzen war den engel des lichts/ hoͤret das rauſchen ſei- ner fluͤgel/ und erkennet das geruͤchte ſeiner ſtarck-ruffenden ſtimme; Jhr ſchall erſchallet uͤber die gantze erde/ und wird gehoͤret biß in himmel. Mercket drauff/ ich ſags euch! Das 2. Capitel. Hoͤret/ hoͤret/ o ihr weiber werdet maͤnner/ und ihr maͤnner werdet engel/ werdet gei- ſter/ werdet feurige flammen. Stehet gantz bereit/ willig/ fleißig und ſchnell in eures Got- tes und Schoͤpffers willen und wort/ ge- neigt zu eures HErrn und Vaters dienſt. Was er euch ſaget/ das thut/ wenn er euch etwas gebeut/ ſo ſtehet zu ſeinem willen und zu ſeinen geboten als fliegend bereit. Denn ihr ſeyd ſeine Engel/ ihm zu dienſt und preiß geſchaffen. Jhr ſeyd aus euch ſelber nicht/ ja aus nichts gemacht/ zu nichts muͤſſet ihr werden/ wollet ihr etwas ſeyn. Es iſt war- hafftig. Sehet/ wollet ihr dazu kommen/ daß ihr GOtt den HErrn erkennet/ ſo glau- bet und ſehet auff euch ſelbſt; Erkennet euch ſelbſt erſt/ und wollet ihr GOtt ehren/ ſo ver- unehret euch ſelber. Suchet ihr ſein lob/ ſo ſuchet eure eigne ſchande; oder wollet ihr ihn preiſen/ ſo verachtet euch ſelbſt; Wollet ihr ihn großmachen/ und uͤber alle dinge erhe- ben/ ſo verkleinert und erniedriget euch ſelbſt. Saget ihr/ daß ihr ihn in ſeiner groſſen macht erkennet/ oder in ſeinem weſen/ ſo beweiſet es/ und gebet zeugniß von der unerkaͤntniß eu- rer eignen ohnmacht/ und daß ihr in eurem al- tem weſen uͤberall in dieſen dingen nichts ſeyd. Denn/ wenn ihr euch ohne adem/ geiſt oder leben an dem inwendigen menſchen/ todt in der ſeelen/ und ohne eigenſchafft warhafftig befindet/ alsdann hattet ihr erſt recht von dem lebendigen warhafftigen/ allmaͤchtigen GOTT/ und das mit erkaͤntniß und ver- ſtand; ſonſten aber ſeyd ihr kindiſch oder eitel und luͤgenhafft darinn. Das iſt ge- wiß/ und wird ſich alſo nicht anders be- finden. Das A. K. H. Vierter Theil. C c c

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/681>, abgerufen am 25.04.2024.