Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Anderen zu hintergehen. Der Steinbauer läugnete dies und behauptete, er habe zur Angabe Diethelm's nur geschwiegen, er könne aber jetzt auch reden und vielleicht mehr als lieb sei.

Was meinst? was? fragte Diethelm hastig.

Ich mein' gar nichts, ich will mein Geld, und da bleibt ein Jeder wer er ist.

Hältst mich für ein Schuldenbäuerle? fragte Diethelm halbzornig.

Nein, b'hüt Gott, ich könnt' mit dir tauschen, wenn's drauf ankäm', aber weißt: zahlen mit baar Geld, das zwingt die Welt. Du brauchst ja nur pfeifen, da hast's, und wenn ich mein Sach wieder an mich zieh', und das thu' ich, wenn du mich nicht baar bezahlst, ich ließ' es aber nicht dabei, ich müßt' vors Amt damit, so hart es mich ankommt.

Diethelm fühlte, was es heißt, sich in schwankender oder gar in verzweifelter Lage zu befinden, da muß man sich so zu sagen übers Ohr hauen lassen und thun als ob nichts geschehen wäre, nur um Aufsehen und genauere Nachforschung zu vermeiden.

In einer Stunde hast all dein Geld, rief Diethelm den ungerecht Bedrängenden überbietend.

So recht, sagte der Steinbauer, wie viel Uhr ist jetzt? Drei? Um viere bin ich wieder da. B'hüt dich Gott und zürn' nicht.

Die Uebrigen, die den zähen Steinbauer so zufrieden davon gehen sahen, waren schnell befriedigt, und Diethelm drang selber drauf, daß sie wegen "Leben und Sterben" eine Handschrift von ihm nehmen mußten. Nun eilte er zu dem Advocat Rothmann und verlangte von ihm ein Darleihen für den Steinbauer; der Advocat beglückwünschte Diethelm zu seinen guten Einkäufen und schloß eine eiserne Geldkiste, indem er sagte: Das sind Pfleggelder, Ihr seid ja selber Waisenpfleger und wißt, daß ich solches Geld nicht ohne gerichtliche Bürgschaft verleihen darf. Diethelm ging um die Kiste herum wie die Katze um einen Wursthäckler und

Anderen zu hintergehen. Der Steinbauer läugnete dies und behauptete, er habe zur Angabe Diethelm's nur geschwiegen, er könne aber jetzt auch reden und vielleicht mehr als lieb sei.

Was meinst? was? fragte Diethelm hastig.

Ich mein' gar nichts, ich will mein Geld, und da bleibt ein Jeder wer er ist.

Hältst mich für ein Schuldenbäuerle? fragte Diethelm halbzornig.

Nein, b'hüt Gott, ich könnt' mit dir tauschen, wenn's drauf ankäm', aber weißt: zahlen mit baar Geld, das zwingt die Welt. Du brauchst ja nur pfeifen, da hast's, und wenn ich mein Sach wieder an mich zieh', und das thu' ich, wenn du mich nicht baar bezahlst, ich ließ' es aber nicht dabei, ich müßt' vors Amt damit, so hart es mich ankommt.

Diethelm fühlte, was es heißt, sich in schwankender oder gar in verzweifelter Lage zu befinden, da muß man sich so zu sagen übers Ohr hauen lassen und thun als ob nichts geschehen wäre, nur um Aufsehen und genauere Nachforschung zu vermeiden.

In einer Stunde hast all dein Geld, rief Diethelm den ungerecht Bedrängenden überbietend.

So recht, sagte der Steinbauer, wie viel Uhr ist jetzt? Drei? Um viere bin ich wieder da. B'hüt dich Gott und zürn' nicht.

Die Uebrigen, die den zähen Steinbauer so zufrieden davon gehen sahen, waren schnell befriedigt, und Diethelm drang selber drauf, daß sie wegen „Leben und Sterben“ eine Handschrift von ihm nehmen mußten. Nun eilte er zu dem Advocat Rothmann und verlangte von ihm ein Darleihen für den Steinbauer; der Advocat beglückwünschte Diethelm zu seinen guten Einkäufen und schloß eine eiserne Geldkiste, indem er sagte: Das sind Pfleggelder, Ihr seid ja selber Waisenpfleger und wißt, daß ich solches Geld nicht ohne gerichtliche Bürgschaft verleihen darf. Diethelm ging um die Kiste herum wie die Katze um einen Wursthäckler und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="3">
        <p><pb facs="#f0022"/>
Anderen zu                hintergehen. Der Steinbauer läugnete dies und behauptete, er habe zur Angabe                Diethelm's nur geschwiegen, er könne aber jetzt auch reden und vielleicht mehr als                lieb sei.</p><lb/>
        <p>Was meinst? was? fragte Diethelm hastig.</p><lb/>
        <p>Ich mein' gar nichts, ich will mein Geld, und da bleibt ein Jeder wer er ist.</p><lb/>
        <p>Hältst mich für ein Schuldenbäuerle? fragte Diethelm halbzornig.</p><lb/>
        <p>Nein, b'hüt Gott, ich könnt' mit dir tauschen, wenn's drauf ankäm', aber weißt:                zahlen mit baar Geld, das zwingt die Welt. Du brauchst ja nur pfeifen, da hast's, und                wenn ich mein Sach wieder an mich zieh', und das thu' ich, wenn du mich nicht baar                bezahlst, ich ließ' es aber nicht dabei, ich müßt' vors Amt damit, so hart es mich                ankommt.</p><lb/>
        <p>Diethelm fühlte, was es heißt, sich in schwankender oder gar in verzweifelter Lage zu                befinden, da muß man sich so zu sagen übers Ohr hauen lassen und thun als ob nichts                geschehen wäre, nur um Aufsehen und genauere Nachforschung zu vermeiden.</p><lb/>
        <p>In einer Stunde hast all dein Geld, rief Diethelm den ungerecht Bedrängenden                überbietend.</p><lb/>
        <p>So recht, sagte der Steinbauer, wie viel Uhr ist jetzt? Drei? Um viere bin ich wieder                da. B'hüt dich Gott und zürn' nicht.</p><lb/>
        <p>Die Uebrigen, die den zähen Steinbauer so zufrieden davon gehen sahen, waren schnell                befriedigt, und Diethelm drang selber drauf, daß sie wegen &#x201E;Leben und Sterben&#x201C; eine                Handschrift von ihm nehmen mußten. Nun eilte er zu dem <choice><sic>Advokat</sic><corr>Advocat</corr></choice> Rothmann und verlangte                von ihm ein Darleihen für den Steinbauer; der <choice><sic>Advokat</sic><corr>Advocat</corr></choice> beglückwünschte Diethelm zu                seinen guten Einkäufen und schloß eine eiserne Geldkiste, indem er sagte: Das sind                Pfleggelder, Ihr seid ja selber Waisenpfleger und wißt, daß ich solches Geld nicht                ohne gerichtliche Bürgschaft verleihen darf. Diethelm ging um die Kiste herum wie die                Katze um einen Wursthäckler und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0022] Anderen zu hintergehen. Der Steinbauer läugnete dies und behauptete, er habe zur Angabe Diethelm's nur geschwiegen, er könne aber jetzt auch reden und vielleicht mehr als lieb sei. Was meinst? was? fragte Diethelm hastig. Ich mein' gar nichts, ich will mein Geld, und da bleibt ein Jeder wer er ist. Hältst mich für ein Schuldenbäuerle? fragte Diethelm halbzornig. Nein, b'hüt Gott, ich könnt' mit dir tauschen, wenn's drauf ankäm', aber weißt: zahlen mit baar Geld, das zwingt die Welt. Du brauchst ja nur pfeifen, da hast's, und wenn ich mein Sach wieder an mich zieh', und das thu' ich, wenn du mich nicht baar bezahlst, ich ließ' es aber nicht dabei, ich müßt' vors Amt damit, so hart es mich ankommt. Diethelm fühlte, was es heißt, sich in schwankender oder gar in verzweifelter Lage zu befinden, da muß man sich so zu sagen übers Ohr hauen lassen und thun als ob nichts geschehen wäre, nur um Aufsehen und genauere Nachforschung zu vermeiden. In einer Stunde hast all dein Geld, rief Diethelm den ungerecht Bedrängenden überbietend. So recht, sagte der Steinbauer, wie viel Uhr ist jetzt? Drei? Um viere bin ich wieder da. B'hüt dich Gott und zürn' nicht. Die Uebrigen, die den zähen Steinbauer so zufrieden davon gehen sahen, waren schnell befriedigt, und Diethelm drang selber drauf, daß sie wegen „Leben und Sterben“ eine Handschrift von ihm nehmen mußten. Nun eilte er zu dem Advocat Rothmann und verlangte von ihm ein Darleihen für den Steinbauer; der Advocat beglückwünschte Diethelm zu seinen guten Einkäufen und schloß eine eiserne Geldkiste, indem er sagte: Das sind Pfleggelder, Ihr seid ja selber Waisenpfleger und wißt, daß ich solches Geld nicht ohne gerichtliche Bürgschaft verleihen darf. Diethelm ging um die Kiste herum wie die Katze um einen Wursthäckler und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:04:01Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: nicht gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/22
Zitationshilfe: Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/22>, abgerufen am 25.04.2024.