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Allgemeine Zeitung. Nr. 1. Augsburg, 1. Januar 1840.

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konnte, um sie auf die specielle Zeit zu stellen. Die Zeiger derselben zeigen alle, durch ihr eigenes Gewicht, nach dem Schwerpunkte der Erde, und somit die Zeit der verschiedenen Städte bloß in Stunden. Diese Einrichtung ist gewiß die möglich einfachste und wohlfeilste. Meine Einrichtung zeigt aber nicht nur Stunden, sondern, außer den Minuten, noch die Secunden, wo der Fehler nicht völlig zwei der letzern betragen kann; und der Regulator gibt die Zeit so genau als jede astronomische Uhr.

Die mir seither zur Kunde gekommenen Bedenken sind: 1) daß bei mir die Zifferblätter sich drehen, und man sich jedesmal in ihre Stellung finden müßte. Ich antwortete, daß wir sogar uns in die Drehung unserer Erde und in die scheinbare Bewegung der Gestirne finden mußten, was uns jetzt leicht dünkt; 2) auf eine specielle Erklärung, die ein Künstler sich erbat, um zu begreifen, wie ein Zeigerwerk mit nur zwei Rädern eine ganze Uhr constituiren könne, forderte ich von ihm: er nehme eine Sackuhr, deren Werk abgelaufen ist, oder bis auf das Zeigerwerk gar fehlt, befestige einen kleinen, den Dienst des (sonst hinter der Scheibe anzubringenden) Gewichtes thuenden Kloben an die prismatische Axe des Minutenzeigers, und drehe das aufrecht gehaltene Zifferblatt um die Axe in verkehrter Richtung um, so wird dabei auch der Stundenzeiger regulirt. So aber wird das Drehen der großen Scheibe diesen Dienst in strenger Regularität verrichten.

Prof. Gruithuisen


Brüsseler Kunstausstellung. (Zweiter Artikel.)

Der berühmteste Bildhauer Belgiens ist in diesem Augenblicke W. Geefs, ein geborner Antwerpener. Er weiß dem Marmor Gefühl einzuhauchen. Nur Ein Werk sahen wir dießmal von ihm: "ein junger Hirt, Blumen auf ein Grab streuend." Wollte man diesem Werke einen Vorwurf machen, so wäre es eine fast weibliche Zartheit und Weichheit der Formen und eine gewisse Gezwungenheit in der Bewegung. Hr. W. Geefs kann sich nicht über Ungunst der Umstände beklagen. Im Auftrag der Regierung führte er zwei Monumente für öffentliche Plätze Brüssels aus: ein Standbild der Freiheit für den hiesigen Märtyrerplatz und eine Statue des Generals Belliard, die am Park errichtet wurde. In der hiesigen Hauptkirche befindet sich von ihm das Grabmal des im Jahr 1830 als Freiwilliger gebliebenen Grafen Friedrich v. Merode. Für Lüttich ist er mit dem Standbilde Gretry's, für Antwerpen mit dem des Rubens beauftragt; und daneben fehlt es ihm nicht an Bestellungen reicher Privatleute, so wie denn jener junge Hirt für einen hiesigen Bankier bestimmt ist. Auch der Ruhm, der schönste Lohn des Künstlers, kam dem Hrn. Geefs so bereitwillig entgegen, daß nur zu besorgen war, er werde sich von dem Weihrauch, dem ihm seine Bewunderer streuen, betäuben lassen. Es mag daher als ein glücklicher Umstand für seine Laufbahn angesehen werden, daß ein anderer Bildhauer mit jedem Werke, das er ausstellt, neben ihm in der Gunst des Publicums steigt.

Hr. E. Simonis, ein geborner Lütticher, erwarb sich allgemeinen Beifall durch ein für die Regierung ausgeführtes Marmorbild: die "Unschuld", als junges Mädchen, das arglos mit einer Schlange spielt, darstellend. Im Vollendeten der Ausführung steht Hr. Simonis noch hinter Hrn. Geefs zurück, er weiß aber über seine Werke eine solche Naivetät und Grazie des Gefühls zu verbreiten, daß er sich schon jetzt einen eigenthümlichen Rang gesichert hat. In Allem hatte er sechs Werke ausgestellt, worunter, nächst jenem, ein marmornes "Kind mit Blumen spielend" und eine gypserne Gruppe der Charitas, als Modell zum Grabmal eines in Gent verstorbenen Priesters, die bedeutendsten waren.

Ein dritter Bildhauer, L. Ichotte, auch ein geborner Lütticher, hatte in Allem acht Werke eingesandt, worunter ein aus dem Bade steigendes junges Frauenzimmer, für den Herzog v. Arenberg ausgeführt, das bemerkenswertheste war. Noch von einigen andern Künstlern sahen wir Arbeiten, die der Bildhauerkunst in Belgien einen neuen Zuwachs von Talenten versprechen.

Nicht dasselbe läßt sich von der Kupferstecherkunst sagen, die einstweilen keinen einzigen bedeutenden Namen aufzuweisen hat. Einst standen sie in Belgien in schönster Blüthe, als Rubens eine Schule um sich gebildet, die er mit seinem mächtigen Geiste zu beseelen wußte. Auch Edelinck, obgleich er in Paris lebte, war ein geborner Antwerpener, und hatte sich unter dem Einflusse der Traditionen der Rubens'schen Schule gebildet. Nach ihm aber ist kein hervorragendes Talent mehr zu nennen. Seit zwei Jahren hat nun die Regierung, zur Wiederbelebung dieses Zweiges der Kunst, unter Leitung des berühmten italienischen Kupferstechers Calamatta eine Kupferstecherschule errichtet. Wir hofften jedoch vergebens, schon einige erfreuliche Leistungen derselben zu sehen. Nur Calamatta selbst hatte Exemplare seiner besten Blätter ausgestellt, von denen das letzte, das Bildnis Guizots, ein höchst gelungenes Werk ist, worin sich Zartheit und Kraft des Grabstichels aufs glücklichste mit richtigem Verständniß der Zeichnung verschmelzen. Sein "Gelübde Ludwigs XIII, nach Ingres", und sein Bildniß Napoleons, nach einem von dem Angesicht des Verstorbenen genommenen Gypsabguß, sind längst allen Freunden der Kupferstecherkunst bekannt. Die Francesca von Rimini, die er nach Ary Scheffer zu stechen unternommen, ist leider noch nicht fertig; wir sahen auf der Ausstellung nur die meisterliche Zeichnung, die ihm zum Muster dient. Mercury hatte von Paris seine bewundernswürdigen kleinen Blätter nach den "Schnittern" von L. Robert, und der heil. Amalie von P. Delaroche eingesandt. Für Freunde der ältern Kunst wird eine Folge von Blättern interessant seyn, die ein hiesiger Künstler, Ch. Debrou, nach den merkwürdigsten Miniaturen der Manuscripte der burgundischen Bibliothek, im Auftrage der Regierung sticht. Die ausgestellten Blätter derselben zeugten von größter Treue der Auffassung und von zarter, gewissenhafter Ausführung.

Sollen wir nun auch von den Aquarellen und Lithographien reden, so verdienen hier vorzüglich zwei Künstler genannt zu werden, die -- jeder in seinem Fache -- ein schönes Talent besitzen. Hr. Madou gab vor einigen Jahren eine Reihe von Originalblättern heraus unter dem Titel: "Physiognomie der europäischen Gesellschaft." Von den letzten Zeiten des Mittelalters an und bis auf die Gegenwart hatte er in diesen Blättern durch geistreiche Zusammenstellungen die verschiedenen Epochen der europäischen Welt, besonders der höheren Stände, nach Costume und Haltung, nach ihrer Art und Weise zu seyn, wie sie jedesmal Mode gewesen, vergegenwärtigt. In diesem Augenblick beschäftigen ihn "Scenen aus dem Leben der berühmtesten holländischen und belgischen Maler." Auf der Ausstellung sahen wir einige Aquarelle dieser Sammlung, höchst geistreich und mit treuester Auffassung der Manier jedes Malers, welcher Stoff zu einer solchen Scene liefert, ausgeführt. Lithographirt erscheinen diese Blätter in großem Format mit begleitendem Texte im Verlage der hiesigen "Gesellschaft der schönen Künste", die sich die Herausgabe bedeutender Werke in Kupfer- und Holzstichen und in Steindruck zur Aufgabe gesetzt hat. Sie dienen zum Beweis, daß die Lithographie hier mit Erfolg betrieben wird.


konnte, um sie auf die specielle Zeit zu stellen. Die Zeiger derselben zeigen alle, durch ihr eigenes Gewicht, nach dem Schwerpunkte der Erde, und somit die Zeit der verschiedenen Städte bloß in Stunden. Diese Einrichtung ist gewiß die möglich einfachste und wohlfeilste. Meine Einrichtung zeigt aber nicht nur Stunden, sondern, außer den Minuten, noch die Secunden, wo der Fehler nicht völlig zwei der letzern betragen kann; und der Regulator gibt die Zeit so genau als jede astronomische Uhr.

Die mir seither zur Kunde gekommenen Bedenken sind: 1) daß bei mir die Zifferblätter sich drehen, und man sich jedesmal in ihre Stellung finden müßte. Ich antwortete, daß wir sogar uns in die Drehung unserer Erde und in die scheinbare Bewegung der Gestirne finden mußten, was uns jetzt leicht dünkt; 2) auf eine specielle Erklärung, die ein Künstler sich erbat, um zu begreifen, wie ein Zeigerwerk mit nur zwei Rädern eine ganze Uhr constituiren könne, forderte ich von ihm: er nehme eine Sackuhr, deren Werk abgelaufen ist, oder bis auf das Zeigerwerk gar fehlt, befestige einen kleinen, den Dienst des (sonst hinter der Scheibe anzubringenden) Gewichtes thuenden Kloben an die prismatische Axe des Minutenzeigers, und drehe das aufrecht gehaltene Zifferblatt um die Axe in verkehrter Richtung um, so wird dabei auch der Stundenzeiger regulirt. So aber wird das Drehen der großen Scheibe diesen Dienst in strenger Regularität verrichten.

Prof. Gruithuisen


Brüsseler Kunstausstellung. (Zweiter Artikel.)

Der berühmteste Bildhauer Belgiens ist in diesem Augenblicke W. Geefs, ein geborner Antwerpener. Er weiß dem Marmor Gefühl einzuhauchen. Nur Ein Werk sahen wir dießmal von ihm: „ein junger Hirt, Blumen auf ein Grab streuend.“ Wollte man diesem Werke einen Vorwurf machen, so wäre es eine fast weibliche Zartheit und Weichheit der Formen und eine gewisse Gezwungenheit in der Bewegung. Hr. W. Geefs kann sich nicht über Ungunst der Umstände beklagen. Im Auftrag der Regierung führte er zwei Monumente für öffentliche Plätze Brüssels aus: ein Standbild der Freiheit für den hiesigen Märtyrerplatz und eine Statue des Generals Belliard, die am Park errichtet wurde. In der hiesigen Hauptkirche befindet sich von ihm das Grabmal des im Jahr 1830 als Freiwilliger gebliebenen Grafen Friedrich v. Merode. Für Lüttich ist er mit dem Standbilde Grétry's, für Antwerpen mit dem des Rubens beauftragt; und daneben fehlt es ihm nicht an Bestellungen reicher Privatleute, so wie denn jener junge Hirt für einen hiesigen Bankier bestimmt ist. Auch der Ruhm, der schönste Lohn des Künstlers, kam dem Hrn. Geefs so bereitwillig entgegen, daß nur zu besorgen war, er werde sich von dem Weihrauch, dem ihm seine Bewunderer streuen, betäuben lassen. Es mag daher als ein glücklicher Umstand für seine Laufbahn angesehen werden, daß ein anderer Bildhauer mit jedem Werke, das er ausstellt, neben ihm in der Gunst des Publicums steigt.

Hr. E. Simonis, ein geborner Lütticher, erwarb sich allgemeinen Beifall durch ein für die Regierung ausgeführtes Marmorbild: die „Unschuld“, als junges Mädchen, das arglos mit einer Schlange spielt, darstellend. Im Vollendeten der Ausführung steht Hr. Simonis noch hinter Hrn. Geefs zurück, er weiß aber über seine Werke eine solche Naivetät und Grazie des Gefühls zu verbreiten, daß er sich schon jetzt einen eigenthümlichen Rang gesichert hat. In Allem hatte er sechs Werke ausgestellt, worunter, nächst jenem, ein marmornes „Kind mit Blumen spielend“ und eine gypserne Gruppe der Charitas, als Modell zum Grabmal eines in Gent verstorbenen Priesters, die bedeutendsten waren.

Ein dritter Bildhauer, L. Ichotte, auch ein geborner Lütticher, hatte in Allem acht Werke eingesandt, worunter ein aus dem Bade steigendes junges Frauenzimmer, für den Herzog v. Arenberg ausgeführt, das bemerkenswertheste war. Noch von einigen andern Künstlern sahen wir Arbeiten, die der Bildhauerkunst in Belgien einen neuen Zuwachs von Talenten versprechen.

Nicht dasselbe läßt sich von der Kupferstecherkunst sagen, die einstweilen keinen einzigen bedeutenden Namen aufzuweisen hat. Einst standen sie in Belgien in schönster Blüthe, als Rubens eine Schule um sich gebildet, die er mit seinem mächtigen Geiste zu beseelen wußte. Auch Edelinck, obgleich er in Paris lebte, war ein geborner Antwerpener, und hatte sich unter dem Einflusse der Traditionen der Rubens'schen Schule gebildet. Nach ihm aber ist kein hervorragendes Talent mehr zu nennen. Seit zwei Jahren hat nun die Regierung, zur Wiederbelebung dieses Zweiges der Kunst, unter Leitung des berühmten italienischen Kupferstechers Calamatta eine Kupferstecherschule errichtet. Wir hofften jedoch vergebens, schon einige erfreuliche Leistungen derselben zu sehen. Nur Calamatta selbst hatte Exemplare seiner besten Blätter ausgestellt, von denen das letzte, das Bildnis Guizots, ein höchst gelungenes Werk ist, worin sich Zartheit und Kraft des Grabstichels aufs glücklichste mit richtigem Verständniß der Zeichnung verschmelzen. Sein „Gelübde Ludwigs XIII, nach Ingres“, und sein Bildniß Napoleons, nach einem von dem Angesicht des Verstorbenen genommenen Gypsabguß, sind längst allen Freunden der Kupferstecherkunst bekannt. Die Francesca von Rimini, die er nach Ary Scheffer zu stechen unternommen, ist leider noch nicht fertig; wir sahen auf der Ausstellung nur die meisterliche Zeichnung, die ihm zum Muster dient. Mercury hatte von Paris seine bewundernswürdigen kleinen Blätter nach den „Schnittern“ von L. Robert, und der heil. Amalie von P. Delaroche eingesandt. Für Freunde der ältern Kunst wird eine Folge von Blättern interessant seyn, die ein hiesiger Künstler, Ch. Debrou, nach den merkwürdigsten Miniaturen der Manuscripte der burgundischen Bibliothek, im Auftrage der Regierung sticht. Die ausgestellten Blätter derselben zeugten von größter Treue der Auffassung und von zarter, gewissenhafter Ausführung.

Sollen wir nun auch von den Aquarellen und Lithographien reden, so verdienen hier vorzüglich zwei Künstler genannt zu werden, die — jeder in seinem Fache — ein schönes Talent besitzen. Hr. Madou gab vor einigen Jahren eine Reihe von Originalblättern heraus unter dem Titel: „Physiognomie der europäischen Gesellschaft.“ Von den letzten Zeiten des Mittelalters an und bis auf die Gegenwart hatte er in diesen Blättern durch geistreiche Zusammenstellungen die verschiedenen Epochen der europäischen Welt, besonders der höheren Stände, nach Costume und Haltung, nach ihrer Art und Weise zu seyn, wie sie jedesmal Mode gewesen, vergegenwärtigt. In diesem Augenblick beschäftigen ihn „Scenen aus dem Leben der berühmtesten holländischen und belgischen Maler.“ Auf der Ausstellung sahen wir einige Aquarelle dieser Sammlung, höchst geistreich und mit treuester Auffassung der Manier jedes Malers, welcher Stoff zu einer solchen Scene liefert, ausgeführt. Lithographirt erscheinen diese Blätter in großem Format mit begleitendem Texte im Verlage der hiesigen „Gesellschaft der schönen Künste“, die sich die Herausgabe bedeutender Werke in Kupfer- und Holzstichen und in Steindruck zur Aufgabe gesetzt hat. Sie dienen zum Beweis, daß die Lithographie hier mit Erfolg betrieben wird.

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Ich antwortete, daß wir sogar uns in die Drehung unserer Erde und in die scheinbare Bewegung der Gestirne finden mußten, was uns jetzt leicht dünkt; 2) auf eine specielle Erklärung, die ein Künstler sich erbat, um zu begreifen, wie ein Zeigerwerk mit nur zwei Rädern eine ganze Uhr constituiren könne, forderte ich von ihm: er nehme eine Sackuhr, deren Werk abgelaufen ist, oder bis auf das Zeigerwerk gar fehlt, befestige einen kleinen, den Dienst des (sonst hinter der Scheibe anzubringenden) Gewichtes thuenden Kloben an die prismatische Axe des Minutenzeigers, und drehe das aufrecht gehaltene Zifferblatt um die Axe in verkehrter Richtung um, so wird dabei auch der Stundenzeiger regulirt. So aber wird das Drehen der großen Scheibe diesen Dienst in strenger Regularität verrichten. Prof. Gruithuisen Brüsseler Kunstausstellung. (Zweiter Artikel.)✝ Der berühmteste Bildhauer Belgiens ist in diesem Augenblicke W. Geefs, ein geborner Antwerpener. Er weiß dem Marmor Gefühl einzuhauchen. Nur Ein Werk sahen wir dießmal von ihm: „ein junger Hirt, Blumen auf ein Grab streuend.“ Wollte man diesem Werke einen Vorwurf machen, so wäre es eine fast weibliche Zartheit und Weichheit der Formen und eine gewisse Gezwungenheit in der Bewegung. Hr. W. Geefs kann sich nicht über Ungunst der Umstände beklagen. Im Auftrag der Regierung führte er zwei Monumente für öffentliche Plätze Brüssels aus: ein Standbild der Freiheit für den hiesigen Märtyrerplatz und eine Statue des Generals Belliard, die am Park errichtet wurde. In der hiesigen Hauptkirche befindet sich von ihm das Grabmal des im Jahr 1830 als Freiwilliger gebliebenen Grafen Friedrich v. Merode. Für Lüttich ist er mit dem Standbilde Grétry's, für Antwerpen mit dem des Rubens beauftragt; und daneben fehlt es ihm nicht an Bestellungen reicher Privatleute, so wie denn jener junge Hirt für einen hiesigen Bankier bestimmt ist. Auch der Ruhm, der schönste Lohn des Künstlers, kam dem Hrn. Geefs so bereitwillig entgegen, daß nur zu besorgen war, er werde sich von dem Weihrauch, dem ihm seine Bewunderer streuen, betäuben lassen. Es mag daher als ein glücklicher Umstand für seine Laufbahn angesehen werden, daß ein anderer Bildhauer mit jedem Werke, das er ausstellt, neben ihm in der Gunst des Publicums steigt. Hr. E. Simonis, ein geborner Lütticher, erwarb sich allgemeinen Beifall durch ein für die Regierung ausgeführtes Marmorbild: die „Unschuld“, als junges Mädchen, das arglos mit einer Schlange spielt, darstellend. Im Vollendeten der Ausführung steht Hr. Simonis noch hinter Hrn. Geefs zurück, er weiß aber über seine Werke eine solche Naivetät und Grazie des Gefühls zu verbreiten, daß er sich schon jetzt einen eigenthümlichen Rang gesichert hat. In Allem hatte er sechs Werke ausgestellt, worunter, nächst jenem, ein marmornes „Kind mit Blumen spielend“ und eine gypserne Gruppe der Charitas, als Modell zum Grabmal eines in Gent verstorbenen Priesters, die bedeutendsten waren. Ein dritter Bildhauer, L. Ichotte, auch ein geborner Lütticher, hatte in Allem acht Werke eingesandt, worunter ein aus dem Bade steigendes junges Frauenzimmer, für den Herzog v. Arenberg ausgeführt, das bemerkenswertheste war. Noch von einigen andern Künstlern sahen wir Arbeiten, die der Bildhauerkunst in Belgien einen neuen Zuwachs von Talenten versprechen. Nicht dasselbe läßt sich von der Kupferstecherkunst sagen, die einstweilen keinen einzigen bedeutenden Namen aufzuweisen hat. Einst standen sie in Belgien in schönster Blüthe, als Rubens eine Schule um sich gebildet, die er mit seinem mächtigen Geiste zu beseelen wußte. Auch Edelinck, obgleich er in Paris lebte, war ein geborner Antwerpener, und hatte sich unter dem Einflusse der Traditionen der Rubens'schen Schule gebildet. Nach ihm aber ist kein hervorragendes Talent mehr zu nennen. Seit zwei Jahren hat nun die Regierung, zur Wiederbelebung dieses Zweiges der Kunst, unter Leitung des berühmten italienischen Kupferstechers Calamatta eine Kupferstecherschule errichtet. Wir hofften jedoch vergebens, schon einige erfreuliche Leistungen derselben zu sehen. Nur Calamatta selbst hatte Exemplare seiner besten Blätter ausgestellt, von denen das letzte, das Bildnis Guizots, ein höchst gelungenes Werk ist, worin sich Zartheit und Kraft des Grabstichels aufs glücklichste mit richtigem Verständniß der Zeichnung verschmelzen. Sein „Gelübde Ludwigs XIII, nach Ingres“, und sein Bildniß Napoleons, nach einem von dem Angesicht des Verstorbenen genommenen Gypsabguß, sind längst allen Freunden der Kupferstecherkunst bekannt. Die Francesca von Rimini, die er nach Ary Scheffer zu stechen unternommen, ist leider noch nicht fertig; wir sahen auf der Ausstellung nur die meisterliche Zeichnung, die ihm zum Muster dient. Mercury hatte von Paris seine bewundernswürdigen kleinen Blätter nach den „Schnittern“ von L. Robert, und der heil. Amalie von P. Delaroche eingesandt. Für Freunde der ältern Kunst wird eine Folge von Blättern interessant seyn, die ein hiesiger Künstler, Ch. Debrou, nach den merkwürdigsten Miniaturen der Manuscripte der burgundischen Bibliothek, im Auftrage der Regierung sticht. Die ausgestellten Blätter derselben zeugten von größter Treue der Auffassung und von zarter, gewissenhafter Ausführung. Sollen wir nun auch von den Aquarellen und Lithographien reden, so verdienen hier vorzüglich zwei Künstler genannt zu werden, die — jeder in seinem Fache — ein schönes Talent besitzen. Hr. Madou gab vor einigen Jahren eine Reihe von Originalblättern heraus unter dem Titel: „Physiognomie der europäischen Gesellschaft.“ Von den letzten Zeiten des Mittelalters an und bis auf die Gegenwart hatte er in diesen Blättern durch geistreiche Zusammenstellungen die verschiedenen Epochen der europäischen Welt, besonders der höheren Stände, nach Costume und Haltung, nach ihrer Art und Weise zu seyn, wie sie jedesmal Mode gewesen, vergegenwärtigt. In diesem Augenblick beschäftigen ihn „Scenen aus dem Leben der berühmtesten holländischen und belgischen Maler.“ Auf der Ausstellung sahen wir einige Aquarelle dieser Sammlung, höchst geistreich und mit treuester Auffassung der Manier jedes Malers, welcher Stoff zu einer solchen Scene liefert, ausgeführt. Lithographirt erscheinen diese Blätter in großem Format mit begleitendem Texte im Verlage der hiesigen „Gesellschaft der schönen Künste“, die sich die Herausgabe bedeutender Werke in Kupfer- und Holzstichen und in Steindruck zur Aufgabe gesetzt hat. Sie dienen zum Beweis, daß die Lithographie hier mit Erfolg betrieben wird.

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 1. Augsburg, 1. Januar 1840, S. 0004. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_001_18400101/12>, abgerufen am 20.04.2024.