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Allgemeine Zeitung. Nr. 142. Augsburg, 21. Mai 1840.

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Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Donnerstag
Nr. 142.
21 Mai 1840.
Portugal.

Vor einigen Tagen ist die officielle Bekanntmachung an alle Bischöfe des Landes ergangen, um die dreitägigen Gebete pro felici partu Ihrer Maj., welche den dritten Monat ihrer Schwangerschaft zurückgelegt, in allen Kirchspielen zu verordnen. - Die größte politische Neuigkeit, die sich seit einigen Tagen ereignet hat, ist die Ankunft eines englischen Kriegsdampfboots mit der officiellen Ankündigung der englischen Regierung an die hiesige, daß wenn nicht innerhalb 14 Tagen die Bezahlung der portugiesischen Schuld an England erfolge, man sich genöthigt sehen würde, die portugiesischen Besitzungen in Indien militärisch zu besetzen bis zur Abzahlung. Diese Nachricht hat natürlich die größte Bestürzung verursacht, da man sich außer Stand sieht zu bezahlen. Die Minister wollen die Verantwortlichkeit einer entscheidenden Antwort nicht allein auf sich nehmen; es wurden deßhalb alle in Lissabon sich aufhaltenden Senatoren und Deputirten zu einer geheimen Conferenz zusammenberufen. Noch ist nicht bekannt, was man beschlossen hat, allein es ist wohl vorauszusehen, daß, die Antwort möge ausfallen wie sie wolle, ja selbst wenn man im Stande wäre die Schuld zu bezahlen, dennoch die Besitzungen in Indien verloren gehen werden. Besonders convenirt den Engländern gegenwärtig der Besitz von Macao wegen des begonnenen Kriegs gegen die Chinesen. Hätte Portugal schon längst diese Besitzungen, die ihm jetzt mehr Schaden als Nutzen bringen, England angeboten, so würde es dafür ein schön Stück Geld empfangen haben, besonders da England vor zwei Jahren schon den Vorschlag machte, die indischen Besitzungen zu kaufen. Kein Minister wollte aber darauf eingehen, man fürchtete vom Volke in Stücken gerissen zu werden, da es auf diese Besitzungen so stolz ist, an denen der alte portugiesische Ruhm haftet. - Jetzt kann man wohl sicher seyn, daß man sie gleichsam umsonst hergeben muß.

Spanien.

Zu Barcelona war am 2 d. großer Jubel; es hieß, daß Morella mit seinen 8 Bataillonen Besatzung sich unterworfen habe. Daß die Junta mit Espartero unterhandelt, scheint gewiß. Morgen werden wir Gewißheit haben. Cantavieja soll gleichfalls capitulirt haben - eine Neuigkeit, die mir voreilig scheint. Noch heißt es, daß der General Ayerbe mit seiner Division und der Brigade Duranda eine Bewegung gegen Castelsert und Villafranca del Cid ausgeführt, 3 dort befindliche Bataillone geworfen und ihnen Gefangene, einen 16-Pfünder und einen Mörser nebst Munition abgenommen habe. Beteta soll nur noch eine schwache Besatzung zählen, und der größte Theil der Insurgenten den Platz geräumt haben. Der officielle Bericht Van Halens in den Zeitungen von Barcelona gibt alle näheren Umstände der gelungenen Expedition von Solsona, gesteht aber auch ohne Rückhalt den dabei erlittenen schweren Verlust. Der General erhielt eine Kugel in die rechte Hand, die bei seiner Rückkunft nach Barcelona am 4 noch in der Wunde steckte. - Cabrera war am 30 zu Uldecona (auf der Straße von Peniscola). Er reist in einem Cabriolet, und sein Zustand flößt fortwährend gleiche Besorgniß ein. Sein Generalstab war zahlreich und 2000 Mann Truppen folgten. - Die Carlisten sind, wie gemeldet, in der Cerdagna. Schrecken und Flucht gehen ihnen voraus. Die Garnison von Puycerda hatte eine Recognoscirung in der Richtung von Bolvic vorgeschoben, und man vermuthete, daß dieselbe auf ihrer Rückkehr die Brücke bei Soler über den Segre zerstören werde, um Solera vor den Insurgenten zu bewahren. - Es war der Capitänlieutenant Zapata, den das Kriegsgericht am 7 d. zu zehn Jahren Galeeren (Präsidios) verurtheilte. Der Pfarrer Legarra, der Oberstlieutenant Jose Iturrioz und der Hauptmann Ant. Macazaga erleiden dieselbe Strafe, die sie auf den philippinischen Inseln zu überstehen haben. Ein gewisser Manuel Yvazu ist auf vier Jahre verurtheilt. Die am 7 hingerichteten Carlisten starben mit seltenem Muthe. Bis zu welchem Grade 30jähriges Blutvergießen, Bürgerkrieg und Scheußlichkeiten aller Art den spanischen Nationalcharakter verwildert haben, davon lieferte eben diese Hinrichtung ein abermaliges Beispiel. Der die Execution commandirende Officier hatte aus empörender Nachlässigkeit seine Soldaten sämmtlich in ein Glied gestellt, ohne jedem von ihnen im voraus den Mann zu bezeichnen, den sein Feuer zu treffen habe. So geschah es, daß nur drei auf der Stelle todt blieben, die übrigen vier aber mit zerschmetterten Gliedern hinstürzten und um Gotteswillen um den Tod bitten mußten. Dieser Vorfall, der in jedem andern Lande laute Entrüstung unter der Menge hervorgerufen hätte, ging in Tolosa unbemerkt vorüber. - Der General Zavala, der Kriegscommissär Mongelos (den man durch Verwechslung mit dem Kriegscommissär Unanoa fälschlich für todt gehalten), ein


Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Donnerstag
Nr. 142.
21 Mai 1840.
Portugal.

Vor einigen Tagen ist die officielle Bekanntmachung an alle Bischöfe des Landes ergangen, um die dreitägigen Gebete pro felici partu Ihrer Maj., welche den dritten Monat ihrer Schwangerschaft zurückgelegt, in allen Kirchspielen zu verordnen. – Die größte politische Neuigkeit, die sich seit einigen Tagen ereignet hat, ist die Ankunft eines englischen Kriegsdampfboots mit der officiellen Ankündigung der englischen Regierung an die hiesige, daß wenn nicht innerhalb 14 Tagen die Bezahlung der portugiesischen Schuld an England erfolge, man sich genöthigt sehen würde, die portugiesischen Besitzungen in Indien militärisch zu besetzen bis zur Abzahlung. Diese Nachricht hat natürlich die größte Bestürzung verursacht, da man sich außer Stand sieht zu bezahlen. Die Minister wollen die Verantwortlichkeit einer entscheidenden Antwort nicht allein auf sich nehmen; es wurden deßhalb alle in Lissabon sich aufhaltenden Senatoren und Deputirten zu einer geheimen Conferenz zusammenberufen. Noch ist nicht bekannt, was man beschlossen hat, allein es ist wohl vorauszusehen, daß, die Antwort möge ausfallen wie sie wolle, ja selbst wenn man im Stande wäre die Schuld zu bezahlen, dennoch die Besitzungen in Indien verloren gehen werden. Besonders convenirt den Engländern gegenwärtig der Besitz von Macao wegen des begonnenen Kriegs gegen die Chinesen. Hätte Portugal schon längst diese Besitzungen, die ihm jetzt mehr Schaden als Nutzen bringen, England angeboten, so würde es dafür ein schön Stück Geld empfangen haben, besonders da England vor zwei Jahren schon den Vorschlag machte, die indischen Besitzungen zu kaufen. Kein Minister wollte aber darauf eingehen, man fürchtete vom Volke in Stücken gerissen zu werden, da es auf diese Besitzungen so stolz ist, an denen der alte portugiesische Ruhm haftet. – Jetzt kann man wohl sicher seyn, daß man sie gleichsam umsonst hergeben muß.

Spanien.

Zu Barcelona war am 2 d. großer Jubel; es hieß, daß Morella mit seinen 8 Bataillonen Besatzung sich unterworfen habe. Daß die Junta mit Espartero unterhandelt, scheint gewiß. Morgen werden wir Gewißheit haben. Cantavieja soll gleichfalls capitulirt haben – eine Neuigkeit, die mir voreilig scheint. Noch heißt es, daß der General Ayerbe mit seiner Division und der Brigade Duranda eine Bewegung gegen Castelsert und Villafranca del Cid ausgeführt, 3 dort befindliche Bataillone geworfen und ihnen Gefangene, einen 16-Pfünder und einen Mörser nebst Munition abgenommen habe. Beteta soll nur noch eine schwache Besatzung zählen, und der größte Theil der Insurgenten den Platz geräumt haben. Der officielle Bericht Van Halens in den Zeitungen von Barcelona gibt alle näheren Umstände der gelungenen Expedition von Solsona, gesteht aber auch ohne Rückhalt den dabei erlittenen schweren Verlust. Der General erhielt eine Kugel in die rechte Hand, die bei seiner Rückkunft nach Barcelona am 4 noch in der Wunde steckte. – Cabrera war am 30 zu Uldecona (auf der Straße von Peniscola). Er reist in einem Cabriolet, und sein Zustand flößt fortwährend gleiche Besorgniß ein. Sein Generalstab war zahlreich und 2000 Mann Truppen folgten. – Die Carlisten sind, wie gemeldet, in der Cerdagna. Schrecken und Flucht gehen ihnen voraus. Die Garnison von Puycerda hatte eine Recognoscirung in der Richtung von Bolvic vorgeschoben, und man vermuthete, daß dieselbe auf ihrer Rückkehr die Brücke bei Soler über den Segre zerstören werde, um Solera vor den Insurgenten zu bewahren. – Es war der Capitänlieutenant Zapata, den das Kriegsgericht am 7 d. zu zehn Jahren Galeeren (Präsidios) verurtheilte. Der Pfarrer Legarra, der Oberstlieutenant José Iturrioz und der Hauptmann Ant. Macazaga erleiden dieselbe Strafe, die sie auf den philippinischen Inseln zu überstehen haben. Ein gewisser Manuel Yvazu ist auf vier Jahre verurtheilt. Die am 7 hingerichteten Carlisten starben mit seltenem Muthe. Bis zu welchem Grade 30jähriges Blutvergießen, Bürgerkrieg und Scheußlichkeiten aller Art den spanischen Nationalcharakter verwildert haben, davon lieferte eben diese Hinrichtung ein abermaliges Beispiel. Der die Execution commandirende Officier hatte aus empörender Nachlässigkeit seine Soldaten sämmtlich in ein Glied gestellt, ohne jedem von ihnen im voraus den Mann zu bezeichnen, den sein Feuer zu treffen habe. So geschah es, daß nur drei auf der Stelle todt blieben, die übrigen vier aber mit zerschmetterten Gliedern hinstürzten und um Gotteswillen um den Tod bitten mußten. Dieser Vorfall, der in jedem andern Lande laute Entrüstung unter der Menge hervorgerufen hätte, ging in Tolosa unbemerkt vorüber. – Der General Zavala, der Kriegscommissär Mongelos (den man durch Verwechslung mit dem Kriegscommissär Unanoa fälschlich für todt gehalten), ein

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[1129/0001] Augsburger Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchsten Privilegien. Donnerstag Nr. 142. 21 Mai 1840. Portugal. _ Lissabon, 4 Mai. Vor einigen Tagen ist die officielle Bekanntmachung an alle Bischöfe des Landes ergangen, um die dreitägigen Gebete pro felici partu Ihrer Maj., welche den dritten Monat ihrer Schwangerschaft zurückgelegt, in allen Kirchspielen zu verordnen. – Die größte politische Neuigkeit, die sich seit einigen Tagen ereignet hat, ist die Ankunft eines englischen Kriegsdampfboots mit der officiellen Ankündigung der englischen Regierung an die hiesige, daß wenn nicht innerhalb 14 Tagen die Bezahlung der portugiesischen Schuld an England erfolge, man sich genöthigt sehen würde, die portugiesischen Besitzungen in Indien militärisch zu besetzen bis zur Abzahlung. Diese Nachricht hat natürlich die größte Bestürzung verursacht, da man sich außer Stand sieht zu bezahlen. Die Minister wollen die Verantwortlichkeit einer entscheidenden Antwort nicht allein auf sich nehmen; es wurden deßhalb alle in Lissabon sich aufhaltenden Senatoren und Deputirten zu einer geheimen Conferenz zusammenberufen. Noch ist nicht bekannt, was man beschlossen hat, allein es ist wohl vorauszusehen, daß, die Antwort möge ausfallen wie sie wolle, ja selbst wenn man im Stande wäre die Schuld zu bezahlen, dennoch die Besitzungen in Indien verloren gehen werden. Besonders convenirt den Engländern gegenwärtig der Besitz von Macao wegen des begonnenen Kriegs gegen die Chinesen. Hätte Portugal schon längst diese Besitzungen, die ihm jetzt mehr Schaden als Nutzen bringen, England angeboten, so würde es dafür ein schön Stück Geld empfangen haben, besonders da England vor zwei Jahren schon den Vorschlag machte, die indischen Besitzungen zu kaufen. Kein Minister wollte aber darauf eingehen, man fürchtete vom Volke in Stücken gerissen zu werden, da es auf diese Besitzungen so stolz ist, an denen der alte portugiesische Ruhm haftet. – Jetzt kann man wohl sicher seyn, daß man sie gleichsam umsonst hergeben muß. Spanien. _ Bordeaux, 14 Mai. Zu Barcelona war am 2 d. großer Jubel; es hieß, daß Morella mit seinen 8 Bataillonen Besatzung sich unterworfen habe. Daß die Junta mit Espartero unterhandelt, scheint gewiß. Morgen werden wir Gewißheit haben. Cantavieja soll gleichfalls capitulirt haben – eine Neuigkeit, die mir voreilig scheint. Noch heißt es, daß der General Ayerbe mit seiner Division und der Brigade Duranda eine Bewegung gegen Castelsert und Villafranca del Cid ausgeführt, 3 dort befindliche Bataillone geworfen und ihnen Gefangene, einen 16-Pfünder und einen Mörser nebst Munition abgenommen habe. Beteta soll nur noch eine schwache Besatzung zählen, und der größte Theil der Insurgenten den Platz geräumt haben. Der officielle Bericht Van Halens in den Zeitungen von Barcelona gibt alle näheren Umstände der gelungenen Expedition von Solsona, gesteht aber auch ohne Rückhalt den dabei erlittenen schweren Verlust. Der General erhielt eine Kugel in die rechte Hand, die bei seiner Rückkunft nach Barcelona am 4 noch in der Wunde steckte. – Cabrera war am 30 zu Uldecona (auf der Straße von Peniscola). Er reist in einem Cabriolet, und sein Zustand flößt fortwährend gleiche Besorgniß ein. Sein Generalstab war zahlreich und 2000 Mann Truppen folgten. – Die Carlisten sind, wie gemeldet, in der Cerdagna. Schrecken und Flucht gehen ihnen voraus. Die Garnison von Puycerda hatte eine Recognoscirung in der Richtung von Bolvic vorgeschoben, und man vermuthete, daß dieselbe auf ihrer Rückkehr die Brücke bei Soler über den Segre zerstören werde, um Solera vor den Insurgenten zu bewahren. – Es war der Capitänlieutenant Zapata, den das Kriegsgericht am 7 d. zu zehn Jahren Galeeren (Präsidios) verurtheilte. Der Pfarrer Legarra, der Oberstlieutenant José Iturrioz und der Hauptmann Ant. Macazaga erleiden dieselbe Strafe, die sie auf den philippinischen Inseln zu überstehen haben. Ein gewisser Manuel Yvazu ist auf vier Jahre verurtheilt. Die am 7 hingerichteten Carlisten starben mit seltenem Muthe. Bis zu welchem Grade 30jähriges Blutvergießen, Bürgerkrieg und Scheußlichkeiten aller Art den spanischen Nationalcharakter verwildert haben, davon lieferte eben diese Hinrichtung ein abermaliges Beispiel. Der die Execution commandirende Officier hatte aus empörender Nachlässigkeit seine Soldaten sämmtlich in ein Glied gestellt, ohne jedem von ihnen im voraus den Mann zu bezeichnen, den sein Feuer zu treffen habe. So geschah es, daß nur drei auf der Stelle todt blieben, die übrigen vier aber mit zerschmetterten Gliedern hinstürzten und um Gotteswillen um den Tod bitten mußten. Dieser Vorfall, der in jedem andern Lande laute Entrüstung unter der Menge hervorgerufen hätte, ging in Tolosa unbemerkt vorüber. – Der General Zavala, der Kriegscommissär Mongelos (den man durch Verwechslung mit dem Kriegscommissär Unanoa fälschlich für todt gehalten), ein

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 142. Augsburg, 21. Mai 1840, S. 1129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_142_18400521/1>, abgerufen am 24.04.2024.