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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

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Kunstausdruck gemacht wurde, doch schon nach viel ältern sprach-
lichen Urkunden in dieser Bedeutung mit fast überall durchgreifen-
der Verdoppelung des t gebraucht wurde, z. B. in "Halbsuter's
Lied von dem Strit zu Sempach" (14. Jahrhundert):
Rutschman von Rinach nam ein rott
Reit ze Sempach an den graben:
Nun gend harusz ein morgen brott
1) u. s. w.

wo sogar des Reims wegen das ahd. brot in brott verwandelt
ist. Ferner in der "Mörin" Hermann's von Sachsenheim (15.
Jahrhundert):
Sunst muosz ich leyder schweigen hie
Inn dem eyn kleyne rott her gieng
2) u. s. w.

Doch darf auf die Schreibung selbst eben nicht viel Gewicht
gelegt werden, da sie nicht immer gleichmäßig unterschieden wor-
den ist. 3) Am Schluß des baseler Mandats, vor dem kurzen
Vocabular, hat sowol Brückner wie Ebener, welche doch wol aus
einem und demselben Manuscript geschöpft haben 4), Rottwelsch,
während Johannes Knebel ebendaselbst Rotwelsch schreibt. Das
Manuscriptvocabular des züricher Rathsherrn Gerold Edlibach von
1488 ist überschrieben: Hie stat fokabel des rotwelsch. Ebenso
hat der Liber Vagatorum wie die Dekk'sche und Humm'sche Aus-
gabe der Rotwelschen Grammatik die Schreibung Rotwelsch;
der Bedeler orden hat auf dem Titel und in der Ueberschrift des
Vocabulars die Schreibung rotwelsch, während das Vocabular

1) Wackernagel, "Althochdeutsches Lesebuch", S. 922, 22.
2) Wackernagel, a. a. O., S. 999, 28.
3) J. A. Schmeller, "Bayerisches Wörterbuch" (4 Thle., Stuttgart und
Tübingen 1827--37), III, 168, 24, führt die Rott, Reise, Tour, an, wobei
er die Schreibung Rod als die vielleicht richtigere empfiehlt, wozu er aus der
Tiroler Landordnung von 1603 die Stelle hervorhebt: "Das Salz wird von
Station zu Station durch Roden, Rodfarten, Rodfueren spedirt." Doch führt
er aus einer Urkunde von 1450 das Beispiel an: "So haben die von Mitter-
wald ein Rott gemacht, daß keiner nicht fahr, dann es sey an ihm; daß er
nicht fahr, dann es sey die Rott an ihm." Vgl. dazu: J. Chr. von Schmid,
"Schwäbisches Wörterbuch" (Stuttgart 1831), S. 436: Rodwesen, Pack- und
Fuhrwesen.
4) Vgl. Th. I, S. 123.

Kunſtausdruck gemacht wurde, doch ſchon nach viel ältern ſprach-
lichen Urkunden in dieſer Bedeutung mit faſt überall durchgreifen-
der Verdoppelung des t gebraucht wurde, z. B. in „Halbſuter’s
Lied von dem Strit zu Sempach“ (14. Jahrhundert):
Rutschman von Rinach nam ein rott
Reit ze Sempach an den graben:
Nun gend harusz ein morgen brott
1) u. ſ. w.

wo ſogar des Reims wegen das ahd. brôt in brott verwandelt
iſt. Ferner in der „Mörin“ Hermann’s von Sachſenheim (15.
Jahrhundert):
Sunst muosz ich leyder schweigen hie
Inn dem eyn kleyne rott her gieng
2) u. ſ. w.

Doch darf auf die Schreibung ſelbſt eben nicht viel Gewicht
gelegt werden, da ſie nicht immer gleichmäßig unterſchieden wor-
den iſt. 3) Am Schluß des baſeler Mandats, vor dem kurzen
Vocabular, hat ſowol Brückner wie Ebener, welche doch wol aus
einem und demſelben Manuſcript geſchöpft haben 4), Rottwelſch,
während Johannes Knebel ebendaſelbſt Rotwelſch ſchreibt. Das
Manuſcriptvocabular des züricher Rathsherrn Gerold Edlibach von
1488 iſt überſchrieben: Hie stat fokabel des rotwelsch. Ebenſo
hat der Liber Vagatorum wie die Dekk’ſche und Humm’ſche Aus-
gabe der Rotwelſchen Grammatik die Schreibung Rotwelſch;
der Bedeler orden hat auf dem Titel und in der Ueberſchrift des
Vocabulars die Schreibung rotwelſch, während das Vocabular

1) Wackernagel, „Althochdeutſches Leſebuch“, S. 922, 22.
2) Wackernagel, a. a. O., S. 999, 28.
3) J. A. Schmeller, „Bayeriſches Wörterbuch“ (4 Thle., Stuttgart und
Tübingen 1827—37), III, 168, 24, führt die Rott, Reiſe, Tour, an, wobei
er die Schreibung Rod als die vielleicht richtigere empfiehlt, wozu er aus der
Tiroler Landordnung von 1603 die Stelle hervorhebt: „Das Salz wird von
Station zu Station durch Roden, Rodfarten, Rodfueren ſpedirt.“ Doch führt
er aus einer Urkunde von 1450 das Beiſpiel an: „So haben die von Mitter-
wald ein Rott gemacht, daß keiner nicht fahr, dann es ſey an ihm; daß er
nicht fahr, dann es ſey die Rott an ihm.“ Vgl. dazu: J. Chr. von Schmid,
„Schwäbiſches Wörterbuch“ (Stuttgart 1831), S. 436: Rodweſen, Pack- und
Fuhrweſen.
4) Vgl. Th. I, S. 123.
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[14/0048] Kunſtausdruck gemacht wurde, doch ſchon nach viel ältern ſprach- lichen Urkunden in dieſer Bedeutung mit faſt überall durchgreifen- der Verdoppelung des t gebraucht wurde, z. B. in „Halbſuter’s Lied von dem Strit zu Sempach“ (14. Jahrhundert): Rutschman von Rinach nam ein rott Reit ze Sempach an den graben: Nun gend harusz ein morgen brott 1) u. ſ. w. wo ſogar des Reims wegen das ahd. brôt in brott verwandelt iſt. Ferner in der „Mörin“ Hermann’s von Sachſenheim (15. Jahrhundert): Sunst muosz ich leyder schweigen hie Inn dem eyn kleyne rott her gieng 2) u. ſ. w. Doch darf auf die Schreibung ſelbſt eben nicht viel Gewicht gelegt werden, da ſie nicht immer gleichmäßig unterſchieden wor- den iſt. 3) Am Schluß des baſeler Mandats, vor dem kurzen Vocabular, hat ſowol Brückner wie Ebener, welche doch wol aus einem und demſelben Manuſcript geſchöpft haben 4), Rottwelſch, während Johannes Knebel ebendaſelbſt Rotwelſch ſchreibt. Das Manuſcriptvocabular des züricher Rathsherrn Gerold Edlibach von 1488 iſt überſchrieben: Hie stat fokabel des rotwelsch. Ebenſo hat der Liber Vagatorum wie die Dekk’ſche und Humm’ſche Aus- gabe der Rotwelſchen Grammatik die Schreibung Rotwelſch; der Bedeler orden hat auf dem Titel und in der Ueberſchrift des Vocabulars die Schreibung rotwelſch, während das Vocabular 1) Wackernagel, „Althochdeutſches Leſebuch“, S. 922, 22. 2) Wackernagel, a. a. O., S. 999, 28. 3) J. A. Schmeller, „Bayeriſches Wörterbuch“ (4 Thle., Stuttgart und Tübingen 1827—37), III, 168, 24, führt die Rott, Reiſe, Tour, an, wobei er die Schreibung Rod als die vielleicht richtigere empfiehlt, wozu er aus der Tiroler Landordnung von 1603 die Stelle hervorhebt: „Das Salz wird von Station zu Station durch Roden, Rodfarten, Rodfueren ſpedirt.“ Doch führt er aus einer Urkunde von 1450 das Beiſpiel an: „So haben die von Mitter- wald ein Rott gemacht, daß keiner nicht fahr, dann es ſey an ihm; daß er nicht fahr, dann es ſey die Rott an ihm.“ Vgl. dazu: J. Chr. von Schmid, „Schwäbiſches Wörterbuch“ (Stuttgart 1831), S. 436: Rodweſen, Pack- und Fuhrweſen. 4) Vgl. Th. I, S. 123.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/48>, abgerufen am 28.03.2024.