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Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753.

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Einleitung.
sen Punckten, und die abgekürtzten Wörter: f. p. u. s. w. an
den meisten Oertern ohne hintenstehende Punckte angedeutet.

§. 24.

Damit ich allerley Exempel der Finger-Setzung in
allerley Ton-Arten, des Gebrauchs der Manieren und des guten
Vortrags bey allerley Leidenschaften habe anbringen können, und
dieses Werck vollständig erscheine, so habe ich nicht verhindern
können, daß nicht zuletzt die Probe-Stücke in der Schwierigkeit
zugenommen hätten. Jch habe geglaubt es sey gut, jederman
zu dienen, nicht lauter Stücke von der ersten Leichtigkeit beyzu-
fügen, und nicht vieles unberührt zu lassen. Jch hoffe, daß die
mühsam hinzugefügte Applicatur und Spiel-Art die schwerern Stücke
nach vorher gegangenem deutlichen Unterrichte gantz leichte ma-
chen werde. Es ist schädlich, die Scholaren mit zu vielen leich-
ten Sachen aufzuhalten; sie bleiben hierdurch immer auf einer
Stelle, einige wenige von der ersten Art können zum Anfange
hinlänglich seyn. Es ist also besser, daß ein geschickter Lehrmei-
ster seine Schüler nach und nach an schwerere Sachen gewöhnet.
Es beruht alles auf der Art zu unterweisen und auf vorhero
gelegten guten Gründen, hierdurch empfindet der Schüler nicht
mehr, daß er an schwerere Stücke gebracht worden ist. Mein
seliger Vater hat in dieser Art glückliche Proben abgelegt. Bey
ihm musten seine Scholaren gleich an seine nicht gar leichte Stü-
cke gehen. Solchergestalt darf sich auch niemand vor meinen
Probe-Stücken fürchten.

§. 25.

Solte es einigen wegen ihrer Fertigkeit gelüsten,
solche nur obenhin den blossen Noten nach vom Blatte wegzu-
spielen; so bitte ich gar sehr, diese Stücke vorhero mit gehöriger
Achtsamkeit bis auf alle die geringsten Kleinigkeiten durchzusehen,
bevor sie solche ausüben wollen.

Das

Einleitung.
ſen Punckten, und die abgekuͤrtzten Woͤrter: f. p. u. ſ. w. an
den meiſten Oertern ohne hintenſtehende Punckte angedeutet.

§. 24.

Damit ich allerley Exempel der Finger-Setzung in
allerley Ton-Arten, des Gebrauchs der Manieren und des guten
Vortrags bey allerley Leidenſchaften habe anbringen koͤnnen, und
dieſes Werck vollſtaͤndig erſcheine, ſo habe ich nicht verhindern
koͤnnen, daß nicht zuletzt die Probe-Stuͤcke in der Schwierigkeit
zugenommen haͤtten. Jch habe geglaubt es ſey gut, jederman
zu dienen, nicht lauter Stuͤcke von der erſten Leichtigkeit beyzu-
fuͤgen, und nicht vieles unberuͤhrt zu laſſen. Jch hoffe, daß die
muͤhſam hinzugefuͤgte Applicatur und Spiel-Art die ſchwerern Stuͤcke
nach vorher gegangenem deutlichen Unterrichte gantz leichte ma-
chen werde. Es iſt ſchaͤdlich, die Scholaren mit zu vielen leich-
ten Sachen aufzuhalten; ſie bleiben hierdurch immer auf einer
Stelle, einige wenige von der erſten Art koͤnnen zum Anfange
hinlaͤnglich ſeyn. Es iſt alſo beſſer, daß ein geſchickter Lehrmei-
ſter ſeine Schuͤler nach und nach an ſchwerere Sachen gewoͤhnet.
Es beruht alles auf der Art zu unterweiſen und auf vorhero
gelegten guten Gruͤnden, hierdurch empfindet der Schuͤler nicht
mehr, daß er an ſchwerere Stuͤcke gebracht worden iſt. Mein
ſeliger Vater hat in dieſer Art gluͤckliche Proben abgelegt. Bey
ihm muſten ſeine Scholaren gleich an ſeine nicht gar leichte Stuͤ-
cke gehen. Solchergeſtalt darf ſich auch niemand vor meinen
Probe-Stuͤcken fuͤrchten.

§. 25.

Solte es einigen wegen ihrer Fertigkeit geluͤſten,
ſolche nur obenhin den bloſſen Noten nach vom Blatte wegzu-
ſpielen; ſo bitte ich gar ſehr, dieſe Stuͤcke vorhero mit gehoͤriger
Achtſamkeit bis auf alle die geringſten Kleinigkeiten durchzuſehen,
bevor ſie ſolche ausuͤben wollen.

Das
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[12/0020] Einleitung. ſen Punckten, und die abgekuͤrtzten Woͤrter: f. p. u. ſ. w. an den meiſten Oertern ohne hintenſtehende Punckte angedeutet. §. 24. Damit ich allerley Exempel der Finger-Setzung in allerley Ton-Arten, des Gebrauchs der Manieren und des guten Vortrags bey allerley Leidenſchaften habe anbringen koͤnnen, und dieſes Werck vollſtaͤndig erſcheine, ſo habe ich nicht verhindern koͤnnen, daß nicht zuletzt die Probe-Stuͤcke in der Schwierigkeit zugenommen haͤtten. Jch habe geglaubt es ſey gut, jederman zu dienen, nicht lauter Stuͤcke von der erſten Leichtigkeit beyzu- fuͤgen, und nicht vieles unberuͤhrt zu laſſen. Jch hoffe, daß die muͤhſam hinzugefuͤgte Applicatur und Spiel-Art die ſchwerern Stuͤcke nach vorher gegangenem deutlichen Unterrichte gantz leichte ma- chen werde. Es iſt ſchaͤdlich, die Scholaren mit zu vielen leich- ten Sachen aufzuhalten; ſie bleiben hierdurch immer auf einer Stelle, einige wenige von der erſten Art koͤnnen zum Anfange hinlaͤnglich ſeyn. Es iſt alſo beſſer, daß ein geſchickter Lehrmei- ſter ſeine Schuͤler nach und nach an ſchwerere Sachen gewoͤhnet. Es beruht alles auf der Art zu unterweiſen und auf vorhero gelegten guten Gruͤnden, hierdurch empfindet der Schuͤler nicht mehr, daß er an ſchwerere Stuͤcke gebracht worden iſt. Mein ſeliger Vater hat in dieſer Art gluͤckliche Proben abgelegt. Bey ihm muſten ſeine Scholaren gleich an ſeine nicht gar leichte Stuͤ- cke gehen. Solchergeſtalt darf ſich auch niemand vor meinen Probe-Stuͤcken fuͤrchten. §. 25. Solte es einigen wegen ihrer Fertigkeit geluͤſten, ſolche nur obenhin den bloſſen Noten nach vom Blatte wegzu- ſpielen; ſo bitte ich gar ſehr, dieſe Stuͤcke vorhero mit gehoͤriger Achtſamkeit bis auf alle die geringſten Kleinigkeiten durchzuſehen, bevor ſie ſolche ausuͤben wollen. Das

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Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch01_1759/20>, abgerufen am 29.03.2024.