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Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753.

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Von der Finger-Setzung.
bey Fig. LV. angezeigten Exempel heraus gezogenen GedanckenTab. II.
werden meinen Lesern meine Meinung noch deutlicher machen.

§. 83.

Der gute Vortrag, sowol als das vorhergegangene,
erfordern bisweilen eine kleine Aenderung der Finger bey diesen
Brechungen. Besonders findet man zuweilen bey gewissen von
oben herunter gebrochenen Accorden den dritten Finger beque-
mer als den vierten, ohngeachtet dieser letztere natürlicher bey
denselben Accorden, wann sie auf einmahl angeschlagen werden,
eingesetzt wird (1). Wegen des guten Vortrags kan man oft
von einem schwächern Finger den Grad der Deutlichkeit nicht
erwarten, welchen man von einem stärckern gar leicht erhält, weil
die Deutlichkeit überhaupt durch einen gleichen Druck vornehmlich
mit hervorgebracht wird. Aus dieser Ursache haben linckhändige
keinen geringen Vortheil auf unserm Jnstrumente. Bey dem (2)
Exempel hat man die Tertie wegen des vorhergegangenen f, mit
dem dritten Finger genommen.

§. 84.

Da wir aus allem bisher angeführten ersehen haben,
daß vor allen andern Fingern besonders der rechte Gebrauch des
Daumens so wohl in den gehenden als springenden, so wohl in
den einstimmigen als mehrstimmigen Gedancken von besonderer Er-
heblichkeit sey; so ist der Schade um so viel grösser, den einige,
und zwar in unsern jetzigen Tagen, auswärts heraus gekomme-
nen Anweisungen zum Clavier-Spielen ausser andern falschen Sä-
tzen besonders wegen dieses Puncts anrichten. Einer läßt den
Gebrauch des Daumens gar weg; ein anderer geht desto un-
freundlicher mit seinen Schülern um, er fordert nicht allein von
ihnen, daß sie alle Finger ohne Unterschied und ohne die gehö-
rige Ordnung auf allen Tasten herum klettern lassen, sie sollen
so gar dieses auf einer Taste allein thun können. Der erste
zieht Schüler, welche nicht anders als durch Stolpern, Absätze

und
E 3

Von der Finger-Setzung.
bey Fig. LV. angezeigten Exempel heraus gezogenen GedanckenTab. II.
werden meinen Leſern meine Meinung noch deutlicher machen.

§. 83.

Der gute Vortrag, ſowol als das vorhergegangene,
erfordern bisweilen eine kleine Aenderung der Finger bey dieſen
Brechungen. Beſonders findet man zuweilen bey gewiſſen von
oben herunter gebrochenen Accorden den dritten Finger beque-
mer als den vierten, ohngeachtet dieſer letztere natuͤrlicher bey
denſelben Accorden, wann ſie auf einmahl angeſchlagen werden,
eingeſetzt wird (1). Wegen des guten Vortrags kan man oft
von einem ſchwaͤchern Finger den Grad der Deutlichkeit nicht
erwarten, welchen man von einem ſtaͤrckern gar leicht erhaͤlt, weil
die Deutlichkeit uͤberhaupt durch einen gleichen Druck vornehmlich
mit hervorgebracht wird. Aus dieſer Urſache haben linckhaͤndige
keinen geringen Vortheil auf unſerm Jnſtrumente. Bey dem (2)
Exempel hat man die Tertie wegen des vorhergegangenen f, mit
dem dritten Finger genommen.

§. 84.

Da wir aus allem bisher angefuͤhrten erſehen haben,
daß vor allen andern Fingern beſonders der rechte Gebrauch des
Daumens ſo wohl in den gehenden als ſpringenden, ſo wohl in
den einſtimmigen als mehrſtimmigen Gedancken von beſonderer Er-
heblichkeit ſey; ſo iſt der Schade um ſo viel groͤſſer, den einige,
und zwar in unſern jetzigen Tagen, auswaͤrts heraus gekomme-
nen Anweiſungen zum Clavier-Spielen auſſer andern falſchen Saͤ-
tzen beſonders wegen dieſes Puncts anrichten. Einer laͤßt den
Gebrauch des Daumens gar weg; ein anderer geht deſto un-
freundlicher mit ſeinen Schuͤlern um, er fordert nicht allein von
ihnen, daß ſie alle Finger ohne Unterſchied und ohne die gehoͤ-
rige Ordnung auf allen Taſten herum klettern laſſen, ſie ſollen
ſo gar dieſes auf einer Taſte allein thun koͤnnen. Der erſte
zieht Schuͤler, welche nicht anders als durch Stolpern, Abſaͤtze

und
E 3
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[37/0045] Von der Finger-Setzung. bey Fig. LV. angezeigten Exempel heraus gezogenen Gedancken werden meinen Leſern meine Meinung noch deutlicher machen. Tab. II. §. 83. Der gute Vortrag, ſowol als das vorhergegangene, erfordern bisweilen eine kleine Aenderung der Finger bey dieſen Brechungen. Beſonders findet man zuweilen bey gewiſſen von oben herunter gebrochenen Accorden den dritten Finger beque- mer als den vierten, ohngeachtet dieſer letztere natuͤrlicher bey denſelben Accorden, wann ſie auf einmahl angeſchlagen werden, eingeſetzt wird (1). Wegen des guten Vortrags kan man oft von einem ſchwaͤchern Finger den Grad der Deutlichkeit nicht erwarten, welchen man von einem ſtaͤrckern gar leicht erhaͤlt, weil die Deutlichkeit uͤberhaupt durch einen gleichen Druck vornehmlich mit hervorgebracht wird. Aus dieſer Urſache haben linckhaͤndige keinen geringen Vortheil auf unſerm Jnſtrumente. Bey dem (2) Exempel hat man die Tertie wegen des vorhergegangenen f, mit dem dritten Finger genommen. §. 84. Da wir aus allem bisher angefuͤhrten erſehen haben, daß vor allen andern Fingern beſonders der rechte Gebrauch des Daumens ſo wohl in den gehenden als ſpringenden, ſo wohl in den einſtimmigen als mehrſtimmigen Gedancken von beſonderer Er- heblichkeit ſey; ſo iſt der Schade um ſo viel groͤſſer, den einige, und zwar in unſern jetzigen Tagen, auswaͤrts heraus gekomme- nen Anweiſungen zum Clavier-Spielen auſſer andern falſchen Saͤ- tzen beſonders wegen dieſes Puncts anrichten. Einer laͤßt den Gebrauch des Daumens gar weg; ein anderer geht deſto un- freundlicher mit ſeinen Schuͤlern um, er fordert nicht allein von ihnen, daß ſie alle Finger ohne Unterſchied und ohne die gehoͤ- rige Ordnung auf allen Taſten herum klettern laſſen, ſie ſollen ſo gar dieſes auf einer Taſte allein thun koͤnnen. Der erſte zieht Schuͤler, welche nicht anders als durch Stolpern, Abſaͤtze und E 3

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Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch01_1759/45>, abgerufen am 28.03.2024.