Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Neun und zwanzigstes Capitel.
vorträget. Es wird jedoch hierzu viele Geschicklichkeit und Ein-
sicht in den wahren Inhalt eines Stückes erfordert, und man
kann schon mit einem Accompagnemente zufrieden seyn, welches
blos die Anforderungen, auch ohne ausdrückliche Andeutung,
erfüllet, welche im 19ten Paragraph der Einleitung geschehen
sind. Wir werden zu dem Ende in diesem Capitel, und in der
Folge fortfahren, unsere Anmerkungen nebst der Reinigkeit zugleich
hauptsächlich mit auf das Feine der Begleitung zu richten.

§. 4.

Es ist zuweilen nöthig, und dem Begleiter nicht eben
unanständig, sich vor der Ausführung eines Stückes mit dem, der
die Hauptstimme vorzutragen hat, zu besprechen, und dem letztern
die Freyheit wegen der Einrichtung des Accompagnements zu über-
lassen. Einige wollen den Begleiter sehr eingeschränkt wissen, einige
aber nicht. Man gehet also durch eine vorher genommene Abrede
den sichersten Weg, weil die Meynungen verschieden sind, und die
Hauptstimme zu wählen hat.

§. 5.

Wir machen unter den Gegenständen des Vortrages
den Anfang bey der Stärke und Schwäche, und finden, daß der
Flügel mit einer Tastatur unter allen Instrumenten, worauf man
den Generalbaß spielet, den Begleiter wegen des Forte und Piano
am meisten in Verlegenheit setzet. Es bleibet ihm hier nichts
übrig, als daß er durch eine verstärkte und verminderte Harmonie
diese Unvollkommenheit des Instruments zu verbessern suchet. Man
muß sich alsdenn in acht nehmen, damit keine nöthige Ziffer aus-
gelassen, und keine unrechte verdoppelt werde. Einige nehmen
zur Herausbringung des Piano einen ganz kurzen Anschlag der Ta-
sten noch mit zur Hülfe: allein der Vortrag leidet hierbey er-
staunlich, und selbst unter den abgestossenen Noten vertragen
die wenigsten diesen so gar kurzen Druck. Durch einen seltenern
Anschlag mit der rechten Hand, bey durchgehenden Noten, kann

man

Neun und zwanzigſtes Capitel.
vorträget. Es wird jedoch hierzu viele Geſchicklichkeit und Ein-
ſicht in den wahren Inhalt eines Stückes erfordert, und man
kann ſchon mit einem Accompagnemente zufrieden ſeyn, welches
blos die Anforderungen, auch ohne ausdrückliche Andeutung,
erfüllet, welche im 19ten Paragraph der Einleitung geſchehen
ſind. Wir werden zu dem Ende in dieſem Capitel, und in der
Folge fortfahren, unſere Anmerkungen nebſt der Reinigkeit zugleich
hauptſächlich mit auf das Feine der Begleitung zu richten.

§. 4.

Es iſt zuweilen nöthig, und dem Begleiter nicht eben
unanſtändig, ſich vor der Ausführung eines Stückes mit dem, der
die Hauptſtimme vorzutragen hat, zu beſprechen, und dem letztern
die Freyheit wegen der Einrichtung des Accompagnements zu über-
laſſen. Einige wollen den Begleiter ſehr eingeſchränkt wiſſen, einige
aber nicht. Man gehet alſo durch eine vorher genommene Abrede
den ſicherſten Weg, weil die Meynungen verſchieden ſind, und die
Hauptſtimme zu wählen hat.

§. 5.

Wir machen unter den Gegenſtänden des Vortrages
den Anfang bey der Stärke und Schwäche, und finden, daß der
Flügel mit einer Taſtatur unter allen Inſtrumenten, worauf man
den Generalbaß ſpielet, den Begleiter wegen des Forte und Piano
am meiſten in Verlegenheit ſetzet. Es bleibet ihm hier nichts
übrig, als daß er durch eine verſtärkte und verminderte Harmonie
dieſe Unvollkommenheit des Inſtruments zu verbeſſern ſuchet. Man
muß ſich alsdenn in acht nehmen, damit keine nöthige Ziffer aus-
gelaſſen, und keine unrechte verdoppelt werde. Einige nehmen
zur Herausbringung des Piano einen ganz kurzen Anſchlag der Ta-
ſten noch mit zur Hülfe: allein der Vortrag leidet hierbey er-
ſtaunlich, und ſelbſt unter den abgeſtoſſenen Noten vertragen
die wenigſten dieſen ſo gar kurzen Druck. Durch einen ſeltenern
Anſchlag mit der rechten Hand, bey durchgehenden Noten, kann

man
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0254" n="244"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Neun und zwanzig&#x017F;tes Capitel.</hi></fw><lb/>
vorträget. Es wird jedoch hierzu viele Ge&#x017F;chicklichkeit und Ein-<lb/>
&#x017F;icht in den wahren Inhalt eines Stückes erfordert, und man<lb/>
kann &#x017F;chon mit einem Accompagnemente zufrieden &#x017F;eyn, welches<lb/>
blos die Anforderungen, auch ohne ausdrückliche Andeutung,<lb/>
erfüllet, welche im 19ten Paragraph der Einleitung ge&#x017F;chehen<lb/>
&#x017F;ind. Wir werden zu dem Ende in die&#x017F;em Capitel, und in der<lb/>
Folge fortfahren, un&#x017F;ere Anmerkungen neb&#x017F;t der Reinigkeit zugleich<lb/>
haupt&#x017F;ächlich mit auf das Feine der Begleitung zu richten.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 4.</head>
          <p>Es i&#x017F;t zuweilen nöthig, und dem Begleiter nicht eben<lb/>
unan&#x017F;tändig, &#x017F;ich vor der Ausführung eines Stückes mit dem, der<lb/>
die Haupt&#x017F;timme vorzutragen hat, zu be&#x017F;prechen, und dem letztern<lb/>
die Freyheit wegen der Einrichtung des Accompagnements zu über-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Einige wollen den Begleiter &#x017F;ehr einge&#x017F;chränkt wi&#x017F;&#x017F;en, einige<lb/>
aber nicht. Man gehet al&#x017F;o durch eine vorher genommene Abrede<lb/>
den &#x017F;icher&#x017F;ten Weg, weil die Meynungen ver&#x017F;chieden &#x017F;ind, und die<lb/>
Haupt&#x017F;timme zu wählen hat.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 5.</head>
          <p>Wir machen unter den Gegen&#x017F;tänden des Vortrages<lb/>
den Anfang bey der Stärke und Schwäche, und finden, daß der<lb/>
Flügel mit einer Ta&#x017F;tatur unter allen In&#x017F;trumenten, worauf man<lb/>
den Generalbaß &#x017F;pielet, den Begleiter wegen des Forte und Piano<lb/>
am mei&#x017F;ten in Verlegenheit &#x017F;etzet. Es bleibet ihm hier nichts<lb/>
übrig, als daß er durch eine ver&#x017F;tärkte und verminderte Harmonie<lb/>
die&#x017F;e Unvollkommenheit des In&#x017F;truments zu verbe&#x017F;&#x017F;ern &#x017F;uchet. Man<lb/>
muß &#x017F;ich alsdenn in acht nehmen, damit keine nöthige Ziffer aus-<lb/>
gela&#x017F;&#x017F;en, und keine unrechte verdoppelt werde. Einige nehmen<lb/>
zur Herausbringung des Piano einen ganz kurzen An&#x017F;chlag der Ta-<lb/>
&#x017F;ten noch mit zur Hülfe: allein der Vortrag leidet hierbey er-<lb/>
&#x017F;taunlich, und &#x017F;elb&#x017F;t unter den abge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;enen Noten vertragen<lb/>
die wenig&#x017F;ten die&#x017F;en &#x017F;o gar kurzen Druck. Durch einen &#x017F;eltenern<lb/>
An&#x017F;chlag mit der rechten Hand, bey durchgehenden Noten, kann<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">man</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[244/0254] Neun und zwanzigſtes Capitel. vorträget. Es wird jedoch hierzu viele Geſchicklichkeit und Ein- ſicht in den wahren Inhalt eines Stückes erfordert, und man kann ſchon mit einem Accompagnemente zufrieden ſeyn, welches blos die Anforderungen, auch ohne ausdrückliche Andeutung, erfüllet, welche im 19ten Paragraph der Einleitung geſchehen ſind. Wir werden zu dem Ende in dieſem Capitel, und in der Folge fortfahren, unſere Anmerkungen nebſt der Reinigkeit zugleich hauptſächlich mit auf das Feine der Begleitung zu richten. §. 4. Es iſt zuweilen nöthig, und dem Begleiter nicht eben unanſtändig, ſich vor der Ausführung eines Stückes mit dem, der die Hauptſtimme vorzutragen hat, zu beſprechen, und dem letztern die Freyheit wegen der Einrichtung des Accompagnements zu über- laſſen. Einige wollen den Begleiter ſehr eingeſchränkt wiſſen, einige aber nicht. Man gehet alſo durch eine vorher genommene Abrede den ſicherſten Weg, weil die Meynungen verſchieden ſind, und die Hauptſtimme zu wählen hat. §. 5. Wir machen unter den Gegenſtänden des Vortrages den Anfang bey der Stärke und Schwäche, und finden, daß der Flügel mit einer Taſtatur unter allen Inſtrumenten, worauf man den Generalbaß ſpielet, den Begleiter wegen des Forte und Piano am meiſten in Verlegenheit ſetzet. Es bleibet ihm hier nichts übrig, als daß er durch eine verſtärkte und verminderte Harmonie dieſe Unvollkommenheit des Inſtruments zu verbeſſern ſuchet. Man muß ſich alsdenn in acht nehmen, damit keine nöthige Ziffer aus- gelaſſen, und keine unrechte verdoppelt werde. Einige nehmen zur Herausbringung des Piano einen ganz kurzen Anſchlag der Ta- ſten noch mit zur Hülfe: allein der Vortrag leidet hierbey er- ſtaunlich, und ſelbſt unter den abgeſtoſſenen Noten vertragen die wenigſten dieſen ſo gar kurzen Druck. Durch einen ſeltenern Anſchlag mit der rechten Hand, bey durchgehenden Noten, kann man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/254
Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/254>, abgerufen am 28.03.2024.