Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite
Neun und zwanzigstes Capitel.
§. 20.

In langsamer oder gemäßigter Zeitmaasse wird über-
haupt
bey den Einschnitten länger angehalten als es seyn soll,
besonders wenn der Baß mit den übrigen Stimmen, oder, bey
einem Solo, mit der Hauptstimme allein gleiche Pausen und Noten
hat. Man muß alsdenn genau Acht haben, damit der Vortrag
gleich sey, und keiner eher oder später, als der andere, nach den
Pausen fortgehe. Dieser Fall ereignet sich auch oft ausser den Ein-
schnitten bey Fermaten, Cadenzen u. s. w. Man pfleget alsdenn
mit Fleiß in dem Tempo etwas zu schleppen, und man muß also
von der Strenge des Tactes etwas fahren lassen, weil sowohl bey
der letzten Note vor der Pause, als auch bey der Pause selbst, ge-
meiniglich länger angehalten wird, als es seyn solte. Ausser der
Gleichheit, die man durch diese Art von Ausführung erhält, be-
kommt der Gedanke einen Nachdruck, welcher ihn erhebet.

[Abbildung]
§. 21.

Bey dem Schlußtriller eines Stückes wird mehren-
theils angehalten, das Tempo sey wie es wolle. Hat das Stück
Reprisen, so wird dieser Triller, und folglich auch die Grundnote
dazu, erst bey der letzten Wiederholung am Ende, verlängert.
Hierdurch giebet man dem Schlusse des Stückes noch zuletzt ein
Gewichte, und lässet den Zuhörer empfinden daß es aus sey.

Diese
Neun und zwanzigſtes Capitel.
§. 20.

In langſamer oder gemäßigter Zeitmaaſſe wird über-
haupt
bey den Einſchnitten länger angehalten als es ſeyn ſoll,
beſonders wenn der Baß mit den übrigen Stimmen, oder, bey
einem Solo, mit der Hauptſtimme allein gleiche Pauſen und Noten
hat. Man muß alsdenn genau Acht haben, damit der Vortrag
gleich ſey, und keiner eher oder ſpäter, als der andere, nach den
Pauſen fortgehe. Dieſer Fall ereignet ſich auch oft auſſer den Ein-
ſchnitten bey Fermaten, Cadenzen u. ſ. w. Man pfleget alsdenn
mit Fleiß in dem Tempo etwas zu ſchleppen, und man muß alſo
von der Strenge des Tactes etwas fahren laſſen, weil ſowohl bey
der letzten Note vor der Pauſe, als auch bey der Pauſe ſelbſt, ge-
meiniglich länger angehalten wird, als es ſeyn ſolte. Auſſer der
Gleichheit, die man durch dieſe Art von Ausführung erhält, be-
kommt der Gedanke einen Nachdruck, welcher ihn erhebet.

[Abbildung]
§. 21.

Bey dem Schlußtriller eines Stückes wird mehren-
theils angehalten, das Tempo ſey wie es wolle. Hat das Stück
Repriſen, ſo wird dieſer Triller, und folglich auch die Grundnote
dazu, erſt bey der letzten Wiederholung am Ende, verlängert.
Hierdurch giebet man dem Schluſſe des Stückes noch zuletzt ein
Gewichte, und läſſet den Zuhörer empfinden daß es aus ſey.

Dieſe
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0264" n="254"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Neun und zwanzig&#x017F;tes Capitel.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 20.</head>
          <p>In lang&#x017F;amer oder gemäßigter Zeitmaa&#x017F;&#x017F;e wird <hi rendition="#fr">über-<lb/>
haupt</hi> bey den <hi rendition="#fr">Ein&#x017F;chnitten</hi> länger angehalten als es &#x017F;eyn &#x017F;oll,<lb/>
be&#x017F;onders wenn der Baß mit den übrigen Stimmen, oder, bey<lb/>
einem Solo, mit der Haupt&#x017F;timme allein gleiche Pau&#x017F;en und Noten<lb/>
hat. Man muß alsdenn genau Acht haben, damit der Vortrag<lb/>
gleich &#x017F;ey, und keiner eher oder &#x017F;päter, als der andere, nach den<lb/>
Pau&#x017F;en fortgehe. Die&#x017F;er Fall ereignet &#x017F;ich auch oft au&#x017F;&#x017F;er den Ein-<lb/>
&#x017F;chnitten bey Fermaten, Cadenzen u. &#x017F;. w. Man pfleget alsdenn<lb/>
mit Fleiß in dem Tempo etwas zu &#x017F;chleppen, und man muß al&#x017F;o<lb/>
von der Strenge des Tactes etwas fahren la&#x017F;&#x017F;en, weil &#x017F;owohl bey<lb/>
der letzten Note vor der Pau&#x017F;e, als auch bey der Pau&#x017F;e &#x017F;elb&#x017F;t, ge-<lb/>
meiniglich länger angehalten wird, als es &#x017F;eyn &#x017F;olte. Au&#x017F;&#x017F;er der<lb/>
Gleichheit, die man durch die&#x017F;e Art von Ausführung erhält, be-<lb/>
kommt der Gedanke einen Nachdruck, welcher ihn erhebet.</p><lb/>
          <figure/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>§. 21.</head>
          <p>Bey dem Schlußtriller eines Stückes wird mehren-<lb/>
theils angehalten, das Tempo &#x017F;ey wie es wolle. Hat das Stück<lb/>
Repri&#x017F;en, &#x017F;o wird die&#x017F;er Triller, und folglich auch die Grundnote<lb/>
dazu, er&#x017F;t bey der letzten Wiederholung am Ende, verlängert.<lb/>
Hierdurch giebet man dem Schlu&#x017F;&#x017F;e des Stückes noch zuletzt ein<lb/>
Gewichte, und lä&#x017F;&#x017F;et den Zuhörer empfinden daß es aus &#x017F;ey.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Die&#x017F;e</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[254/0264] Neun und zwanzigſtes Capitel. §. 20. In langſamer oder gemäßigter Zeitmaaſſe wird über- haupt bey den Einſchnitten länger angehalten als es ſeyn ſoll, beſonders wenn der Baß mit den übrigen Stimmen, oder, bey einem Solo, mit der Hauptſtimme allein gleiche Pauſen und Noten hat. Man muß alsdenn genau Acht haben, damit der Vortrag gleich ſey, und keiner eher oder ſpäter, als der andere, nach den Pauſen fortgehe. Dieſer Fall ereignet ſich auch oft auſſer den Ein- ſchnitten bey Fermaten, Cadenzen u. ſ. w. Man pfleget alsdenn mit Fleiß in dem Tempo etwas zu ſchleppen, und man muß alſo von der Strenge des Tactes etwas fahren laſſen, weil ſowohl bey der letzten Note vor der Pauſe, als auch bey der Pauſe ſelbſt, ge- meiniglich länger angehalten wird, als es ſeyn ſolte. Auſſer der Gleichheit, die man durch dieſe Art von Ausführung erhält, be- kommt der Gedanke einen Nachdruck, welcher ihn erhebet. [Abbildung] §. 21. Bey dem Schlußtriller eines Stückes wird mehren- theils angehalten, das Tempo ſey wie es wolle. Hat das Stück Repriſen, ſo wird dieſer Triller, und folglich auch die Grundnote dazu, erſt bey der letzten Wiederholung am Ende, verlängert. Hierdurch giebet man dem Schluſſe des Stückes noch zuletzt ein Gewichte, und läſſet den Zuhörer empfinden daß es aus ſey. Dieſe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/264
Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/264>, abgerufen am 28.03.2024.